„Dem König sei mitgeteilt, dass wir in die Landschaft Juda zum Haus des großen Gottes gegangen sind; und es wird mit Quadersteinen erbaut, und Balken werden in die Wände gelegt; und diese Arbeit wird eifrig betrieben, und sie gedeiht unter ihrer Hand.“
Im Jahr 586 v. Chr. nahm Nebukadnezar, der Herrscher des babylonischen Weltreiches, Jerusalem ein. Er zerstörte die Stadt, verbrannte den von Salomo erbauten Tempel − das Haus Gottes − und verschleppte den größten Teil der Juden in die babylonische Gefangenschaft. Aber als das Medo-Persische Weltreich das Babylonische Weltreich abgelöst hatte, gab Gott in seiner Gnade 538 v. Chr. dem Perserkönig Kores den Befehl, den Tempel wieder aufbauen zu lassen (s. Esra 1,1-4). Ein Jahr später zog der Statthalter Serubbabel mit einem Überrest von ca. 42.000 Juden nach Jerusalem, um das in die Tat umzusetzen (s. Esra 2,1.2).
Der Tempel, das Haus Gottes im Volk Israel, erinnert uns an die Versammlung Gottes, das Haus Gottes in der Zeit des Neuen Testaments (s. 1. Tim 3,15). Die Versammlung war seit ewigen Zeiten Teil des Ratschlusses Gottes und sie ist jetzt hier auf der Erde die „Behausung Gottes im Geist“ (Eph 2,22).
Das Haus Gottes besteht aus allen Erlösten, die zu einer bestimmten Zeit auf der Erde leben. So wie Serubbabel und der Überrest den Tempel in Trümmern vorfanden, so sehen wir auch heute viele „Trümmer“ und viel Versagen in der praktischen Verwirklichung der Wahrheit von der einen Versammlung. Gerade deshalb möchte Gott, dass wir an seinem Haus bauen. Er wünscht, dass wir das praktisch ausleben und umsetzen, was Er uns in seinem Wort über seine Versammlung sagt. Das ist bis heute möglich, auch wenn es viele „Trümmer“ gibt. Das Buch Esra ermuntert uns dazu und wir lernen dort vieles über diese Aufgabe.
Bevor die Juden mit dem eigentlichen Wiederaufbau begannen, taten sie zwei Dinge:
Diese beiden Punkte sind der Anfang, um nach Gottes Gedanken an seinem Haus zu bauen.
Nun gingen die Zurückgekehrten mit Eifer ans Werk. Aber umgehend kam es zu Komplikationen. Die Samariter − Feinde Judas − hörten, dass sich da etwas tat (s. Esra 4,1). Um zu stören, versuchten sie sich zunächst mit List unbefugt in die Arbeit einzuschleichen. Aber Serubbabel erkannte das und wehrte ihnen (s. Esra 4,3). Nun gingen sie offen gegen die Bauenden vor und schrieben zwei verleumderische Briefe an die persischen Könige. Mit dem zweiten Brief an Artasasta erwirkten sie einen Baustopp (s. Esra 4,21).
Wenn wir heute am Haus Gottes bauen, müssen wir mit dem Widerstand des Teufels rechnen. Damals lebten die Samariter im Land, die jedoch nicht zum Volk Israel gehörten. Sie opferten ihren Göttern, wollten aber auch den Gott Israels fürchten (s. 2. Kön 17,32-34). Sie sind ein Bild von Menschen, die zwar eine christliche Prägung haben, aber kein Leben aus Gott besitzen. Sie sind nicht direkt als Feinde erkennbar, aber der listige Teufel benutzt sie gerne, um uns negativ zu beeinflussen. Wir müssen wachsam sein und ihren Einfluss konsequent ablehnen.
Manchmal greift der Feind offen an, um unsere „Hände schlaff zu machen“ und uns vom „Bauen abzuschrecken“ (s. Esra 4,4). Dann brauchen wir Durchhaltevermögen und Mut, um nicht aufzugeben. Damals hatte der Feind leider Erfolg: Die Arbeit am Haus Gottes hörte auf (s. Esra 4,24).
Wir wollen uns nicht über das Volk stellen, sondern aus der Geschichte lernen. Die Bitte um Wachsamkeit, Mut und Kraft sollte in unserem täglichen Gebet nicht fehlen.
Die Bitte um Wachsamkeit, Mut und Kraft sollte in unserem täglichen Gebet nicht fehlen.
Vordergründig wurde der „Baustopp“ durch den Erlass des Königs Artasasta ausgelöst. Doch die Botschaften des Propheten Haggai zeigen, dass die Ursachen leider viel tiefer und beim Volk selbst lagen. Sie hatten − persönlich und gemeinsam − die Prioritäten falsch gesetzt und an ihren eigenen Häusern gearbeitet (s. Hag 1,4). Nicht nur das, sie hatten auch Gottes Heiligkeit und Reinheit nicht entsprochen (s. Hag 2,12-14). Ihre Umkehr war nur äußerlich gewesen und Gott musste ihnen sagen: „… und ihr kehrtet nicht zu mir um“ (Hag 2,17). Sie brauchten eine Neuausrichtung ihrer Herzen (s. Hag 1,5.7; 2,15.18).
Unsere Arbeit am Haus Gottes kommt zum Stillstand, wenn uns die Dinge der Erde wichtiger sind als die Dinge des Herrn und wenn wir vergessen, wer der Eigentümer dieses Hauses ist und wie man sich in diesem verhalten soll (s. 1. Tim 3,15).
Unsere Arbeit am Haus Gottes kommt zum Stillstand, wenn uns die Dinge der Erde wichtiger sind als die Dinge des Herrn.
Nur wenige Propheten des Alten Testaments erlebten die Frucht ihrer Arbeit selbst, unter ihnen auch Haggai. Das Volk hörte seine Botschaft, fürchtete sich und nahm den Bau wieder in Angriff (s. Hag 1,12-15), obwohl die „Baugenehmigung“ des Königs Darius, des Nachfolgers Artasastas, noch nicht vorlag (s. Esra 5,2). Sicherlich können wir hier von einer Erweckung reden.
Vielleicht denken wir manchmal, für eine Erweckung müssten besondere Dinge passieren. Aber die Schritte einer Erweckung sind recht einfach:
Der Überrest damals hat genau das getan, wir wollen uns ein Beispiel daran nehmen.
Es wurde also wieder am Haus Gottes gebaut. Quadersteine wurden aufeinandergelegt und Holzbalken eingefügt (s. Esra 5,8). Es gab viele verschiedene Aufgaben, die getan werden mussten.
Die Steine lassen uns an die „lebendigen Steine“ aus 1. Petrus 2,5 denken, ein Bild der einzelnen Erlösten, die das geistliche Haus bilden. Zwar kann nur der Herr Jesus, der seine Versammlung baut (s. Mt 16,18), lebendige Steine hinzufügen, aber wir dürfen daran mitwirken, indem wir das Evangelium verbreiten.
Auch möchte der Herr Jesus uns im Hirtendienst gebrauchen, um Gläubigen zu helfen, dem Herrn Jesus näherzukommen, z. B. solchen, die vielleicht in geistlicher Hinsicht Schaden erlitten haben. Jeder kann sich an seinem Platz nützlich erweisen.
Die Balken dienten zur Bedachung des Tempels (s. 1. Kön 6,9) und als Verbindungselemente (s. 2. Chr 34,11). Heute ist es unsere Aufgabe, an der gesunden Lehre festzuhalten und sie zu verkündigen (s. Tit 1,9; 2,1). Dadurch wirken wir daran mit, dass nichts Schädliches von außen in die Versammlung eindringt (Balken als Bedachung). Die Förderung der Gemeinschaft untereinander sorgt für einen festen Zusammenhalt der Gläubigen (Balken als Verbindungselemente).
Diese Arbeiten waren mit viel Anstrengung verbunden. Der Begriff „Quadersteine“ meint Steine, die man wälzte. Offensichtlich waren sie so schwer, dass man sie zum Transport über Rundhölzer rollen musste. Die Balken gingen teilweise über die ganze Breite des Hauses (s. 1. Kön 6,9).
Wir können heute die Arbeit am Haus Gottes nicht einfach „mit links“ erledigen. Sie erfordert viel Kraft und Weisheit, die uns oft fehlt. Lasst uns dafür beten, dass unser Gott uns die für das Werk des Glaubens notwendige Kraft (s. 2. Thes 1,11b) und Weisheit (s. Jak 1,5) gibt.
Damals wie heute gibt es bei einem großen Werk viele Aufgaben, für die es unterschiedliche Fähigkeiten braucht. Diese sollen wir − jeder an dem von Gott gezeigten Platz − einsetzen. Am Haus Gottes gibt es auch heute viele Aufgabenbereiche: die Familie, der Freundeskreis, das örtliche Zusammenkommen, Kinder und Jugendliche, alte Geschwister, Büchertische, Traktat- und Kalenderverteilung und vieles mehr. Wir wollen uns von Gott unsere Fähigkeiten und unseren Platz zeigen lassen. Lasst uns dabei nicht neidisch auf die Aufgabe oder die Fähigkeit anderer schauen: „Sieh auf den Dienst, den du im Herrn empfangen hast, dass du ihn erfüllst“ (Kol 4,17).
Was stellten Tatnai und seine Genossen, die den Brief an Darius schrieben (s. Esra 5,6 ff.), fest, als sie das bauende Volk sahen? „Diese Arbeit wird eifrig betrieben und sie gedeiht unter ihrer Hand.“ Alle konnten es sehen: Es wurde wieder unaufhaltsam und kraftvoll am Haus Gottes gearbeitet! Die Feinde, die das eigentlich verhindern wollten, waren beeindruckt.
Die Welt um uns herum, gerade vielleicht die bekennende Christenheit, nimmt wahr, wenn durch uns die Arbeit am Haus Gottes fortschreitet. Es gibt kaum ein besseres Zeugnis vor der Welt.
Wir haben verstanden, dass wir alle (Jung oder Alt, Männer oder Frauen) zur Arbeit am Haus Gottes aufgerufen sind. Es mag sein, dass manchmal das Ergebnis dieser Arbeit „wie nichts in unseren Augen“ (Hag 2,3) ist, aber Gott wird sie segnen und einmal „das Haus mit Herrlichkeit füllen“ (Hag 2,7). Spätestens im Himmel werden wir die Frucht dieser Arbeit sehen und Lohn dafür bekommen.
Diese Aussicht sollte uns motivieren, die Voraussetzung für das Bauen zu schaffen, Gegenwind auszuhalten, Prioritäten recht zu setzen, uns persönlich erwecken zu lassen und schließlich unsere „Bautätigkeit“ in Treue auszuüben.
Henning Panthel