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...denn außer mir könnt ihr nichts tun

Zeitschrift für die christliche Familie

Dies ist ein Test

Zeit für Kinder?

© bluedesign, fotolia.com

Folgende kleine Geschichte – die hier mit kleinen Änderungen wiedergegeben ist – war vor einiger Zeit in diversen Internetforen zu lesen. Es handelt sich um eine Unterredung eines noch jüngeren Kindes mit seinem beruflich engagierten Vater:

„Papa, kann ich dich mal was fragen?“
„Klar, mein Junge. Was ist los?“
„Papa, wie viel Geld verdienst du in der Stunde?”
„Nun, ich denke, solche Dinge haben dich noch nicht zu interessieren. Warum fragst du so was?“, antwortet der Vater etwas ungehalten.
„Ich möchte es einfach nur wissen. Bitte, bitte, sag mir, wie viel du in der Stunde verdienst.“
„Na gut, wenn du es unbedingt wissen möchtest, ich verdiene 50 Euro in der Stunde.“
„Oh.“ Enttäuscht senkt der Kleine den Kopf. Doch dann bittet er: „Papa, kannst du mir vielleicht 50 Euro leihen?“


„So so! Deshalb fragst du also“, entrüstet sich der Vater. „Du willst dir Geld von mir leihen, um dir irgendein unnötiges Spielzeug oder einen anderen Blödsinn zu kaufen. So nicht mein Freund. Marschier in dein Zimmer und ab ins Bett! Du solltest mal darüber nachdenken, wie egoistisch du eigentlich bist. Ich arbeite jeden Tag extrem hart und muss mir dann abends so dreis­te Fragen anhören!“
Der kleine Junge geht still und leise in sein Zimmer und schließt die Tür. Der Vater setzt sich erst mal hin, wird jedoch umso wütender, je mehr er über die Frage des Jungen nach­denkt. „Wie durchtrieben mein Sohn nur ist! Stellt mir solche Fragen, nur um an Geld zu kommen!“
Über eine Stunde vergeht, bis der Vater sich beruhigt hat und an­fängt nachzudenken. „Vielleicht gibt es da wirklich etwas, das mein Sohn drin­gend braucht. Er fragt sehr sel­ten nach Geld. Eigentlich hat er noch nie gefragt. Vielleicht braucht er die 50 Euro tatsächlich. Vielleicht habe ich ihm Unrecht getan.“
Der Vater geht zum Zimmer des kleinen Jungen, öffnet die Tür und betritt das Zimmer
„Schläfst du schon, Sohnemann?“, fragt er und tritt ans Bett des Klei­nen.
„Nein, Papa, ich bin noch wach.“
„Schau mal, ich habe noch mal über alles nachgedacht. Vielleicht war ich tatsächlich ein bisschen zu streng zu dir. Es war ein langer Tag, eine Menge hat sich angestaut und du hast alles abbekommen. Hier sind die 50 Euro, um die du mich gebe­ten hast. Es tut mir leid.“
Der kleine Junge lächelt.
„Danke, Papi!”
Dann greift er unter sein Kopfkis­sen und holt ein paar weitere zer­knitterte Euro-Scheine hervor. Lang­sam und ruhig beginnt der kleine Junge das Geld zu zählen. Als der Vater das sieht, wird er erneut wü­tend.
„Warum fragst du nach Geld, wenn du schon welches hast?“, herrscht er sein Kind an.
„Weil ich noch nicht genug hatte“, antwortet der Kleine treuherzig.
Aber jetzt reicht es! Papi, jetzt habe ich 100 Euro zusammen. Darf ich hierfür zwei Stunden deiner Zeit kaufen? Bitte komm morgen frü­her von der Arbeit nach Hause. Ich möchte gerne mit dir zusammen essen.
Mit einer solchen Antwort hat der Vater nicht gerechnet. Er ist er­schüttert, gerührt, überwältigt. Be­wegt schließt er seinen Sohn in die Arme und bittet ihn um Entschul­digung.


Nachdenklich?

Bis hierhin der Text aus dem Inter­net. Diese kleine Geschichte macht in der Tat nachdenklich. Sie geht nicht nur die wenigen Väter etwas an, die vielleicht 50 Euro pro Stun­de verdienen.
Sie geht uns alle an, denen Gott Kinder anvertraut hat. Väter wie Müt­ter. Dabei spielt es keine Rolle, wie viel oder wenig jemand pro Stunde verdient. Entscheidend ist, dass unsere Kinder unsere Zeit brauchen.
Der Beruf fordert viele von uns sehr[1]. Doch wenn die – durchaus notwendigen – Beschäftigungen des Lebens (und das gilt über den Be­ruf hinaus) uns so sehr in Be­schlag nehmen, dass wir keine Zeit mehr für unsere Kinder haben, läuft et­was falsch. Wir dürfen es nicht zu­lassen, dass der Alltag uns den Blick für das nimmt, was unsere Kinder wirklich brauchen. Nämlich Liebe, Zuwendung und das Interes­se und die Zeit ihrer Eltern.

Kinder sind eine Leihgabe Gottes

Kinder sind eine Leihgabe Gottes für einige Jahre. Schneller als wir denken, sind sie erwachsen und nehmen ihr Leben in ihre eigenen Hände. Was haben sie aus dem Elternhaus mitgenommen? Welche Erinnerungen bleiben?
Ein Vater und eine Mutter, die nie Zeit für sie hatten? Vater und Mut­ter, die immer viel beschäftigt wa­ren? Vater und Mutter, die andere Interessen hatten?
Oder Eltern, die sich liebevoll um ihre Kinder gekümmert und Zeit in sie investiert haben? Die Zeit, die wir unseren Kindern nicht gegeben haben, wenn sie klein sind, können wir nicht mehr nachholen. Sie gleicht dem Sand, der durch die Sanduhr läuft und nie wieder zurückkehrt. Zeit, die wir in unsere Kinder inves­tieren, ist in der Regel gut angeleg­te Zeit. Das sollten wir bei der Ein­teilung unserer Zeit nicht verges­sen[2].

Das Beispiel unseres Gottes

Es ist gut, wenn wir uns immer mal wieder an dem vollkommenen Bei­spiel eines Vaters orientieren, der keinen Fehler macht. Es geht mir darum, wie Gott mit uns – seinen Kindern – umgeht.
Natürlich ist niemand von uns feh­lerfrei wie Gott. Niemand von uns ist allgegenwärtig wie Gott. Wir sind irrende Menschen und an Raum und Zeit gebunden. Dennoch ler­nen wir davon, wie Gott mit uns um­geht und wie Er sich für uns Zeit nimmt.
In Hesekiel 34,11 sagt Gott: „Denn so spricht der Herr, Herr: Siehe, ich bin da, und ich will nach meinen Schafen fragen und mich ihrer an­nehmen.“
Gott stellt sich hier als Hirte vor. Genau das sollen wir als Eltern für unsere Kinder sein. Es ist treffend gesagt worden, dass Eltern Hirten der Herzen ihrer Kinder sind.
Nun sagt Gott in diesem Vers drei Dinge von sich selbst:

  • Ich bin da: Das spricht von Got­tes Gegenwart in unserem Leben. Wo immer wir sind, was immer wir gerade tun, welches Problem auch immer uns gerade beschäf­tigt: Gott ist immer da. Er lässt uns keinen Augenblick alleine.
    Als Eltern unserer Kinder kön­nen wir das nicht leisten, weil wir häufig andere Aufgaben zu erle­digen haben. Dennoch ist es wich­tig, dass wir uns genügend Freiraum schaffen, um für unsere Kinder da zu sein – ganz beson­ders dann, wenn sie unsere Gegenwart brauchen. Es ist keine Frage, dass das unsere Zeit in Anspruch nimmt, aber es ist je­denfalls eine gute Investition.
  • Ich will nach meinen Schafen fra­gen: Das spricht von Gottes In­teresse an uns. Wer einen ande­ren etwas fragt, interessiert sich für ihn. Gott möchte hören, wie es uns geht. Wir sind Ihm nicht gleichgültig. Jede Einzelheit un­seres Lebens interessiert Ihn.
    Genau so sollen wir mit unseren Kindern umgehen. Es kann uns als Eltern nicht gleichgültig sein, was unsere Kinder tun und was sie gerade beschäftigt. Die Fra­gen unserer Kinder müssen unser Interesse finden. Vielleicht haben sie Sorgen und Nöte und reden nicht darüber, weil sie glauben, es sei uns egal. Gut gestellte Fra­gen können die Herzen von Kin­dern und jungen Leuten öffnen. Aber dafür brauchen wir wieder­um Zeit.
  • Ich will mich ihrer annehmen: Das macht klar, dass Gott konkrete Hilfestellung leistet, wenn sie er­forderlich ist. Es gibt Situationen im Leben, in denen wir Gottes Gegenwart brauchen. Es gibt Si­tuationen, in denen wir sein interessiertes Fragen brauchen. Aber es gibt eben auch jene Mo­mente, wo konkrete Hilfestellung erforderlich ist.Genauso ist es mit unseren Kin­dern. Manchmal möchten sie einfach nur, dass die Eltern bei ihnen sind. Es muss nicht einmal viel geredet werden. Manchmal brauchen sie das interessierte Fragen und den Austausch von Gedanken. Doch manchmal er­warten unsere Kinder, dass wir ihnen tatsächlich helfen. Die Pro­blemstellungen sind vielfältig. Es ist bestimmt gut, wenn Kinder früh lernen, Probleme selbst zu lösen. Doch mit vielen Dingen sind sie schlicht und einfach überfor­dert und brauchen dann konkre­te Hilfe der Eltern. Fast unnötig zu sagen, dass das wiederum Zeit kostet.

Ich möchte uns allen Mut machen, unsere Zeit als Eltern richtig zu investieren und die richtigen Prio­ritäten zu setzen. Es wird eine täg­liche Herausforderung bleiben. Doch es lohnt sich, diese Herausforde­rung anzunehmen.

Ernst-August Bremicker


Fußnoten:

  1. Es soll hier nicht darüber geurteilt werden, wes­halb das so ist. Manche können aufgrund gegebe­ner, nicht so ohne weiteres änderbarer Umstände nicht anders, andere arbeiten einfach gerne und viel. Unabhängig davon ehrt es den Herrn, wenn wir fleißig arbeiten und uns in unserem Beruf be­währen (s. 1. Kor 10,31; Kol 3,17). Das darf aber nicht mit dem Karrierestreben vieler Menschen dieser Welt verwechselt werden.

  2. Dabei ist völlig klar, dass die erste Priorität im Le­ben des Christen immer der Herr Jesus sein muss. Er muss in allem den Vorrang haben. Dennoch müssen wir auch hier ausgeglichen bleiben. So wichtig der Dienst für unseren Herrn ist, so wahr ist es auch, dass wir Zeit für unsere Kinder brau­chen. Wenn der Dienst für den Herrn uns so be­schäftigt, dass keine Zeit für die Familie mehr bleibt, gerät unser Leben ebenfalls in eine Schiefla­ge. Hier gilt: „Alles hat seine Zeit“.

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