Der Jünger und Apostel Petrus ist zweifelsfrei ein großes Vorbild für jeden Gläubigen. Seine Liebe zum Herrn Jesus und sein entschiedenes Einstehen für seinen Herrn und Meister kennzeichnen ihn, der ein guter Führer der Jünger und der ersten Christen sein konnte.
Allerdings berichtet uns Gottes Wort auch Tiefpunkte in seinem Glaubensleben. Gerade solche schwierigen Zeiten im Leben großer Glaubensmänner (wie z. B. auch bei Jakob) machen uns diese so zugänglich. Wir können uns darin wiederfinden, wenn wir an eigene Tiefpunkte oder Verfehlungen in unserem Glaubensleben denken. Es ist dabei tröstlich, dass der Herr Jesus seinen Jünger aus diesen Situationen immer gestärkt herausgeführt hat. Das darf auch uns im Glaubensleben Mut machen, wenn wir gerade einen Tiefpunkt bzw. eine Niederlage erleben oder erlebt haben.
Petrus hatte durch die Offenbarung Gottes, des Vaters, gerade bestätigt, dass der Herr Jesus „der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“, ist (Mt 16,16). Kurz darauf erklärt der Herr Jesus den Jüngern, dass Er nach Jerusalem gehe, um dort schließlich von den Führern des Volkes Israel getötet zu werden. Dem widerspricht Petrus entschieden, indem er den Herrn Jesus unangemessen tadelt. Dadurch hat Petrus sich von Satan benutzen lassen und Worte ausgesprochen, die den Gedanken Gottes ganz entgegenstanden.[1]
Kurz nach einem Glaubenssieg (Petrus’ wunderbarem Zeugnis über den Herrn Jesus) unter der Wirksamkeit Gottes benutzt Petrus nun seinen menschlichen Verstand und redet entsprechend seiner menschlichen Empfindungen. So wird er zum „Sprachrohr Satans“, indem er meint, den Herrn Jesus vor einem Weg in den Tod zurückhalten zu müssen. Das Aussprechen einer hohen Wahrheit schützt nicht vor einem tiefen Fall.
Das ist vielleicht auch manchem von uns schon ähnlich ergangen – auch wenn es sich nicht um eine neue Offenbarung des Vaters über seinen Sohn wie bei Petrus handelt. Wir haben zum Beispiel ein Zeugnis über den Herrn Jesus vor Ungläubigen abgelegt und sind froh und dankbar, dass der Herr uns dazu die Kraft und die rechten Worte gegeben hat. Anschließend kommen wir nach Hause und finden dort eine uns nicht passende Situation vor. Wir reagieren ungehalten, vielleicht laut und benutzen unangemessene Worte gegenüber unserer Ehefrau, unseren Kindern oder Eltern. Das macht uns im Nachgang (hoffentlich) traurig und bedarf der Klärung.
Aber der Herr Jesus lässt uns in der Trauer über unsere Fehler nicht allein. Das hat Er auch bei Petrus nicht getan. Denn trotz allem nimmt Er ihn kurze Zeit später mit auf den Berg. Petrus darf dort den Herrn Jesus in einer vorher nie gesehenen Herrlichkeit sehen und erleben, wie der Herr sich mit Mose und Elia unterhält (s. Mt 17,1-8). Der Herr Jesus hat nicht gesagt: „Ach Petrus, dich kann ich leider nicht mit auf den Berg nehmen, weil du dich von Satan hast benutzen lassen.“ Dieser gnädige Herr entzieht auch heute seinen Kindern keinen Segen, selbst nicht nach Verfehlungen, wenn sie Buße tun und von ihren falschen Wegen umkehren.[2]
Als Petrus im Hof des Hohenpriesters am Kohlenfeuer sitzt, leugnet er dreimal, dass er den Herrn Jesus kenne (s. Lk 22,61). Die Situation war sehr gefährlich, der Herr Jesus wurde angeklagt und die jüdische Führerschaft wollte offensichtlich seinen Tod. Es war riskant, sich als ein Anhänger des Herrn Jesus auszugeben, der sich kurz vorher noch vor seine Jünger gestellt hatte (s. Joh 18,8). Nun aber schien Er ein hilfloser Angeklagter zu sein. Petrus wollte mit dieser angeklagten Person und den erwartbaren Folgen (Verurteilung zum Tod) nicht in Zusammenhang gebracht werden.
Trotz dieses tiefen Falls hinderte das den gnädigen Herrn nicht, Petrus eine der höchsten Aufgaben zu übertragen[3], die es zu verteilen gab: das Weiden und Hüten der Herde Gottes (s. Joh 21,15-19).
Wir würden vermutlich denken, dass ein solcher Dienst doch eher einem Jünger gegeben werden sollte, der nicht so versagt hatte. Doch der Herr handelt in Weisheit und Petrus hat diese Aufgabe treu ausgeführt. Jahrzehnte später darf er den Ältesten in Kleinasien schreiben: „Hütet die Herde Gottes … als solche, … die Vorbilder der Herde sind“ (1. Pet 5,2.3).
Petrus hatte selbst das Evangelium den Heiden verkündigt und in diesem Zusammenhang auch gelernt, dass die jüdischen Speisegesetze für Christen keine Bedeutung mehr haben. Auch gemeinsame Mahlzeiten von Juden mit Menschen aus den Nationen (Nicht-Juden) waren in der christlichen Epoche möglich (s. Apg 10-11,18).
Allerdings hat Petrus später aus Furcht vor seinen jüdischen Glaubensbrüdern bei einer besonderen Gelegenheit nicht mehr gemeinsam mit den Gläubigen aus den Nationen gegessen (s. Gal 2,11-15). Paulus weist ihn deshalb streng zurecht und nennt sein Verhalten Heuchelei (s. Gal 2,13).
Das zeigt uns auch, dass selbst erfahrene und gestandene Gottesmänner, wie Petrus einer war, vom geraden Weg nach der Wahrheit abweichen können (s. Gal 2,14). Man fürchtet sich vor Menschen oder, wie hier, sogar vor Mitchristen. Natürlich sollen wir rücksichtsvoll mit dem Gewissen von Mitgeschwistern umgehen, wie das Beispiel mit dem Essen von Gemüse zeigt (s. Röm 14,2.3). Aber wenn es um so grundlegende Dinge wie die Befreiung vom Gesetz und die Einheit aller Kinder Gottes geht (s. Eph 2,15.16), darf man diese nicht durch ein falsches Absondern beim Essen untergraben.
So wie Paulus Petrus deutlich daran erinnern musste, dass die Gläubigen aus den Juden und den Nationen eins sind, durfte Petrus später die Empfänger seines zweiten Briefes auch an manche Dinge erinnern (s. 2. Pet 1,12-15). Er tat dies in seiner Gabe als Hirte, indem er Sorge und Vorsorge für die Herde trug.
Petrus ist auch nicht ärgerlich auf Paulus, weil er von ihm ermahnt wurde. Im Gegenteil: Er weist die Briefempfänger sogar auf die Schriften des „geliebten Bruder Paulus“ hin und bittet sie um Beachtung derselben (s. 2. Pet 3,15.16).
Wir wollen gerne vom Herrn Jesus selbst lernen.
Manchmal können es aber auch Glaubensgeschwister sein, die uns wichtige Hinweise geben und uns auf ein Fehlverhalten aufmerksam machen. Das soll nicht zu einer dauerhaften Frustration führen, sondern uns motivieren, dem Herrn Jesus besser nachzufolgen und Ihm treuer zu dienen. Wie schön, dass der Herr uns völlig annimmt, wenn wir zu Ihm umkehren. Er will uns dann auch weiterhin gebrauchen. Er ist ein guter Herr!
Marco Steih
Fußnoten:
Petrus war in diesem Moment so sehr das „Werkzeug“ Satans, dass der Herr Jesus ihm sagen musste: „Geh hinter mich, Satan“ (Mt 16,23). Petrus ließ sich von Satan benutzen, um diese Worte auszusprechen, statt seine Worte in Abhängigkeit von Gott zu wählen.
Dass der Herr Jesus in seinen Erziehungswegen auch mit seinen Kindern manchmal schwere Wege gehen muss und wir deshalb auch Folgen unseres Versagens zu tragen haben, bleibt davon unberührt und ist natürlich ebenso wahr.
Das geschah nach einem persönlichen Gespräch zwischen dem Herrn Jesus und Petrus (s. Lk 24,34 und 1. Kor 15,5) und der öffentlichen Wiederherstellung vor einigen Jüngern (s. Joh 21).
„Es war eine kleine Stadt, und wenige Männer waren darin; und gegen sie kam ein großer König, und er umzingelte sie und baute große Belagerungswerke gegen sie. Und es fand sich darin ein armer weiser Mann, der die Stadt durch seine Weisheit rettete; aber kein Mensch erinnerte sich an diesen armen Mann. Da sprach ich: Weisheit ist besser als Kraft; aber die Weisheit des Armen wird verachtet, und seine Worte werden nicht gehört“ (Pred 9,14-16).
Im Buch des Predigers finden wir hier und da „versteckte“ Hinweise auf unseren Herrn Jesus.
Die Schriften, auch die des Alten Testaments, zeugen von Ihm – der „das Brot des Lebens“ ist (s. Joh 5,39; 6,35). Das macht sie so wertvoll. Im Nachsinnen über Jesus, unseren Herrn, empfangen wir für den „inneren Menschen“ Nahrung, Wegweisung und Trost.
Ein solcher Hinweis auf unseren Herrn Jesus Christus, den Heiland der Welt, ist der arme weise Mann in Prediger 9,15.
Wie hilflos waren die „wenigen Männer“ in jener „kleinen Stadt“ gegenüber dem „großen König“ (s. Pred 9,14). Ebenso hilflos sind alle ungläubigen Menschen gegenüber dem Teufel, dem „Gott dieser Welt“ (2. Kor 4,4). Bis heute „umzingelt“ der Widersacher Gottes die Menschen und baut „große Belagerungstürme“ gegen sie auf, um sie unter seine Gewalt zu bringen und darunter zu halten.
Der Teufel hat die Macht des Todes; er ist der Fürst der Gewalt der Luft und der Weltbeherrscher dieser Finsternis (s. Heb 2,14; Eph 2,2; 6,12).
Wer kann den Menschen in solch einer ausweglosen Lage Rettung schaffen?
Wie gut, dass sich in jener Stadt dieser „arme weise Mann“ fand, der die Stadt durch seine Weisheit rettete! Er erinnert uns an unseren Retter, den Herrn Jesus Christus.
Ja – Er, der reich war, wurde um unsertwillen arm (s. 2. Kor 8,9): Für Ihn war nach seiner Geburt kein Raum in der Herberge (s. Lk 2,7). Die Tempelsteuer konnte Er nicht einfach mit einem Griff in die Geldbörse bezahlen (s. Mt 17,24-27). Den Leibrock, den Er besaß, hatten Ihm Frauen aus dankbarer Anerkennung gefertigt – Frauen, die Ihm mit ihrer Habe dienten (s. Lk 8,3). Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hatte nicht, wo Er sein Haupt hinlegen konnte (s. Lk 9,58).
Doch welche Weisheit besaß der Herr Jesus: Er war der Knecht, von dem der Prophet Jesaja geweissagt hatte, dass Er „einsichtig handeln“ würde (Jes 52,13). Wie viele Menschen seiner Zeit waren immer wieder beeindruckt von seiner Weisheit, die Ihm gegeben war (s. Mk 6,2).
Durch diesen armen, aber weisen Mann wird die Stadt, die dem Verderben ausgeliefert war, errettet!
So hat der Herr Jesus auch uns errettet „aus der Gewalt der Finsternis“ und vor der Strafe, dem „ewigen Verderben, weg vom Angesicht des Herrn“ (Kol 1,13; s. 2. Thes 1,9).
Aber − die Begebenheit endet traurig: Später erinnert sich niemand mehr an jenen großen Retter!
Wir wollen es besser machen und nicht vergessen, Ihm immer wieder zu danken für die „große Errettung“ von „so großem Tod“ (Heb 2,3; 2. Kor 1,10).
Preis Dir, o großer Erretter,
Du hast es vollendet!
Wer nun in Reue und Glauben
zu Dir, Herr, sich wendet,
der wird versöhnt,
der wird mit Gnaden gekrönt.
Frieden Dein Wort ihm nun spendet.
Der Herr Jesus ist nach vollbrachtem Erlösungswerk nicht mehr der „arme Mann“. Gott hat Ihn, der sich so tief erniedrigt hat, indem Er gehorsam war bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz, hoch erhoben und Ihm den Namen gegeben, der über jeden Namen ist (s. Phil 2,8.9).
Wie furchtbar sind die Folgen für solche Menschen, die heute die „Weisheit des Armen“ (Pred 9,16) verachten und den Herrn Jesus als Heiland ablehnen.
Ob weise oder töricht, gebildet oder ungebildet – all jenen widerfährt am Ende das gleiche Geschick: Sie müssen sterben und es wird ihnen „keine ewige Erinnerung zuteil, weil in den kommenden Tagen alles längst vergessen sein wird“ (Pred 2,16).
Manche Namen von berühmten Menschen sind in den Geschichtsbüchern zu finden – aber ist die Erinnerung an sie ewig? Nur einer Person wird man in Ewigkeit gedenken: unseres Herrn Jesus Christus, der „Gott, gepriesen in Ewigkeit“, ist (Röm 9,5).
Welche Gnade ist es, dass die Namen solcher, die den Herrn im Glauben annehmen, im Buch des Lebens stehen – ewig und unauslöschlich (s. Lk 10,20).
Durch Glauben wissen wir, dass alle, die dem Herrn angehören, nicht sterben „gleich dem Weisen und dem Toren“ (s. Pred 2,16). Sie sind nicht einem blinden Schicksal ausgeliefert, sondern wissen, dass Gottes gute Hand ihren Weg lenkt. Und am Ende ihres Lebens gilt: „Gott aber wird meine Seele erlösen von der Gewalt des Scheols; denn er wird mich aufnehmen“ (Ps 49,16).
Bald wird Er uns zu sich holen, und wir werden Ihn preisen – Ihn, der uns durch seine Armut unendlich reich gemacht hat!
Friedhelm Müller
Im praktischen Glaubensleben ist es nötig, inmitten der alltäglichen Umstände immer wieder den Blick nach oben zu richten. Alles Sichtbare, was uns auf der Erde noch umgibt und beschäftigt, ist zeitlich und vergänglich (s. 2. Kor 4,18). Oft besteht die Gefahr, durch solche Dinge von unserer eigentlichen Blickrichtung nach oben abgelenkt zu werden.
Ablenkungen durch Schwierigkeiten, Ängste oder Sorgen, aber auch durch Geschäftigkeit, Erfolge oder Versuchungen stehen direkt mit den sichtbaren (bzw. wahrnehmbaren) Dingen auf der Erde in Verbindung. Paulus erklärt, dass durch diese Dinge der äußere (das heißt der natürliche) Mensch verzehrt oder aufgerieben wird (s. 2. Kor 4,16, beachte die Anmerkung).
Dagegen sind die Dinge, die wir mit den natürlichen Augen nicht sehen können, ewig (s. 2. Kor 4,18). Durch den Glauben sind wir in der Lage, auch diese unsichtbaren und unvergänglichen Dinge wahrzunehmen (s. Heb 1,1). Beim Betrachten von Christus im Himmel und der himmlischen Dinge wird im Gegenzug der innere, d. h. der geistliche Mensch erneuert – und zwar Tag für Tag (s. 2. Kor 4,16). Diese erneuernde Kräftigung ist also fortwährend notwendig, jeden Tag aufs Neue.
Der Apostel Paulus kommt deshalb wiederholt in seinen Briefen auf dieses Thema zurück und ermuntert uns, zu „suchen, was droben ist“ (Kol 3,1). Zwei wesentliche Aspekte sollen dabei in diesem Artikel vorgestellt werden, die uns immer wieder veranlassen sollen, den Blick nach oben zu richten: Es sind unser Erbteil und unser Leben.
Als Kinder Gottes sind wir Erben geworden. „Wenn aber Kinder, so auch Erben – Erben Gottes und Miterben Christi, wenn wir nämlich mitleiden, damit wir auch mitverherrlicht werden“ (Röm 8,17).
Petrus teilt uns mit, dass unser Erbteil in den Himmeln für uns aufbewahrt ist (s. 1. Pet 1,4). Dabei verwendet er drei verschiedene Eigenschaftswörter, um dieses Erbteil näher zu beschreiben: Es ist unverweslich (der Tod hat keinen Einfluss darauf), unbefleckt (die Sünde hat keinen Einfluss darauf) und unverwelklich (die Zeit hat keinen Einfluss darauf). Damit ist es völlig unabhängig von allen irdischen und materiellen Einflüssen.
Das Erbteil hat für uns einen gegenwärtigen und einen zukünftigen Aspekt. Schon heute dürfen wir mit dem beschäftigt sein, was in den Himmeln für uns aufbewahrt ist. Zukünftig wird dann auch auf der Erde, beziehungsweise in der ganzen Schöpfung, das Erbe zur Darstellung kommen, das Christus als Erbe aller Dinge dann in Empfang nehmen und mit uns teilen wird. Er wird dann sein Reich als Sohn des Menschen auf der Erde aufrichten und wir werden vom Himmel aus mit Ihm herrschen. Da wir nach Römer 8,17 nicht nur „Erben Gottes“, sondern auch „Miterben Christi“ sind, werden wir dann auch mit Ihm dieses allumfassende Erbteil antreten. Ein wunderbarer Ausblick, dessen Erfüllung vielleicht gar nicht mehr allzu weit entfernt ist!
Darüber hinaus spornt uns, in Verbindung mit dem Erbteil, noch ein weiterer Gedanke an: Nur das himmlische Erbteil ist im Gegensatz zu allen irdischen Dingen unser tatsächlicher Besitz. Alles Irdische ist uns von Gott nur für eine gewisse Zeit anvertraut, damit wir es als treue Verwalter für Ihn einsetzen und nutzen. So fragt der Herr: „Wenn ihr nun in dem ungerechten Mammon nicht treu gewesen seid, wer wird euch das Wahrhaftige anvertrauen? Und wenn ihr in dem Fremden nicht treu gewesen seid, wer wird euch das Eure geben?“ (Lk 16,11.12). Unser eigentliches und wahrhaftiges Besitztum befindet sich droben im Himmel, nicht im ungerechten Mammon auf der Erde. Welchen Ansporn sollten wir darüber hinaus noch benötigen, vermehrt das zu suchen, was droben ist und mehr mit den Dingen beschäftigt zu sein, die uns wirklich in Christus gehören?
Aber es gibt noch einen weiteren, größeren und erhabeneren Blickwinkel. Nicht nur unser Erbteil ist im Himmel aufbewahrt, sondern auch unser ganzes Leben – Christus selbst ist dort. Deshalb schreibt der Apostel Paulus an die Kolosser: „Wenn ihr nun mit dem Christus auferweckt worden seid, so sucht, was droben ist, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes“ (Kol 3,1).
Es ist vor allem die Person unseres Herrn Jesus, die unseren Blick nach oben zieht! Er lebt nun im Himmel und wir sind durch das neue Leben mit Ihm verbunden. Wir sind mit Ihm auferweckt worden. Dieses geistliche, unsichtbare Leben hat mit der Erde nichts mehr zu tun. Es ist himmlischer Natur. Es ist Christus selbst.
Wenn wir suchend auf Ihn schauen, werden wir seine vielfältigen Herrlichkeiten immer besser kennenlernen und wertschätzen. So ist es auch, wenn wir mit Christus, sitzend zur Rechten Gottes, beschäftigt sind.
Im Hebräerbrief finden wir vier Stellen, die uns Christus zur Rechten Gottes zeigen. Er selbst hat sich auf diesen Ehrenplatz gesetzt. Nebeneinandergestellt kommen unterschiedliche Herrlichkeiten Christi zum Ausdruck:
Wie groß und herrlich ist Er und wie glücklich macht uns die Beschäftigung mit seiner Person.
Es lohnt sich also zu suchen, was droben ist. Dadurch wird uns Christus und unser Erbteil schon heute immer größer und kostbarer. Und wenn wir mit Suchen beschäftigt sind, folgt sogleich der nächste Hinweis: „Sinnt auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist“ (Kol 3,2). Es ist ein Suchen und Sinnen, ein fleißiges Streben und ein sorgfältiges Nachdenken im Hinblick auf das, was droben ist.
Abschließend sei noch erwähnt, dass es in den alttestamentlichen Vorschriften ein schönes Vorbild auf diese neutestamentlichen Wahrheiten gibt: Die Kinder Israel sollten sich damals nach der Anweisung Gottes eine Schnur aus blauem Purpur an die Kleidung setzen, damit sie sich an alle seine Gebote erinnerten, um sie zu tun (s. 4. Mo 15,37-41). Ebenso sollen wir heute in den alltäglichen Umständen (Kleidung) mit den himmlischen Dingen beschäftigt sein (blauer Purpur) und uns neu ermuntern lassen, zu suchen, was droben ist.
Matthias Wölfinger
Als alle Dinge in der Schöpfung ins Dasein gerufen wurden, sprach Gott am sechsten Tag: „Lasst uns Menschen machen in unserem Bild, nach unserem Gleichnis; und sie sollen herrschen über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das sich auf der Erde regt!“ (1. Mo 1,26). Damit der Mensch seinen von Gott zugedachten Aufgaben nachkommen kann, gab Gott ihm auch die Intelligenz und den Verstand. Nachdem der Mensch erschaffen und die ganze Schöpfung vollendet war, sah Gott „alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut“ (1. Mo 1,31).
Mit dem Garten, den Gott in Eden pflanzte, bekam der Mensch einen perfekten Lebensraum. Dort war alles vorhanden, was für die tägliche Versorgung erforderlich war. Es konnte mit ungetrübter Freude genossen werden. Alles, was der Mensch tun musste, war, Gottes Auftrag zu erfüllen und den Garten „zu bebauen und ihn zu bewahren“ (1. Mo 2,15). 1. Mose 3,8 lässt vermuten, dass Gott hier in dieser wunderbaren Umgebung auch die Gemeinschaft mit Adam und Eva pflegte, indem Er im Garten wandelte – ohne dass wir erfahren, wie das genau geschah.
Doch leider hielt dieser Zustand nicht lange an. Denn der Teufel säte Zweifel an Gottes Güte in Evas Herz. Er behauptete, Gott habe ihnen nicht die Wahrheit gesagt und würde ihnen etwas vorenthalten: „Und die Schlange sprach zu der Frau: Ihr werdet durchaus nicht sterben, sondern Gott weiß, dass an dem Tag, da ihr davon esst, eure Augen aufgetan werden und ihr sein werdet wie Gott, erkennend Gutes und Böses“ (1. Mo 3,4.5). Die Begierde, Gott gleich zu sein, hatte den Teufel zu Fall gebracht (s. Jes 14,12-15) und jetzt verführte er auf die gleiche Weise den Menschen zum Ungehorsam gegenüber Gott.
Statt die von Gott geschenkte Intelligenz und den Verstand zu nutzen, um Gottes Auftrag zu erfüllen, den Erdboden zu bebauen und zu bewahren und Ihn durch Gehorsam seinem Gebot gegenüber zu ehren, wollte der Mensch losgelöst von Gott „sein wie Gott“.
Diesen Gedanken hatte Satan Eva vorgestellt, als er sie verführte. Er hatte damit eine Saat in ihr Herz gesät, die bei den Bewohnern der Ebene im Land Sinear aufgegangen war. Das führte dahin, dass sie sich einen Namen machen wollten, um nicht über die ganze Erde zerstreut zu werden. Dazu wollten sie einen Turm bauen, „dessen Spitze an den Himmel reicht“ (1. Mo 11,4).
„Und der Herr fuhr herab, um die Stadt und den Turm zu sehen, die die Menschenkinder bauten. Und der Herr sprach: Siehe, sie sind ein Volk und haben alle eine Sprache, und dies haben sie angefangen zu tun; und nun wird ihnen nichts verwehrt werden, was sie zu tun ersinnen.“
Um der menschlichen Anmaßung Grenzen zu setzen, verwirrte Gott die gemeinsame Sprache, die bis dahin alle Menschen sprachen. Den Bewohnern der Ebene von Sinear schwebte mit ihren Plänen vor, zusammenzubleiben und nicht über die ganze Erde zerstreut zu werden. Das Gegenteil war nun der Fall.
Seitdem haben sich die Lebensumstände deutlich verändert. Wer sich nicht verändert hat, ist Gott. Er ist heute immer noch derselbe wie damals, als Er die Schöpfung ins Dasein rief und wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Bei Gott ist nicht einmal ein Schatten, der auf Veränderung deuten könnte (s. Jak 1,17).
Wer sich bis heute ebenfalls nicht verändert hat, ist der große Widersacher Gottes, der Teufel. Noch immer stachelt er Menschen zum Ungehorsam gegenüber Gott an und dazu, sein zu wollen wie Gott. Das zeigt sich unter anderem darin, dass Menschen Macht über andere missbrauchen und über Leben und Tod entscheiden wollen.
Das gilt es zu beachten, wenn wir die Dinge dieser Welt gebrauchen. Nicht alles, was Wissenschaftler und Ingenieure heute ersinnen und entwickeln, ist eindeutig gut oder böse. Es ist zum Beispiel auffällig, dass viele technische und medizinische Entwicklungen ihren Ursprung in militärischen Überlegungen haben. So sind wir dankbar für gut wirkende und verträgliche Schmerzmittel oder ein zuverlässiges Navigationsgerät, um nur zwei Beispiele zu nennen. Erforscht und entwickelt wurden sie aber zunächst, um sich militärische Vorteile gegenüber einem Gegner zu verschaffen.
Diese Beispiele zeigen, dass die Grenzen oft fließend sind. Es käme wohl niemand auf die Idee, keine Schmerzmittel zu nehmen, obwohl Gott ihm dadurch Linderung seiner Schmerzen schenken möchte. Und wenn ich unterwegs bin, dann bin ich für ein zuverlässiges Navigationssystem dankbar, das mich auf dem richtigen Weg ans Ziel bringt.
Wenn jedoch Wissenschaftler etwa nach Methoden zur künstlichen Befruchtung suchen und wenn durch diese Methoden gar gleichgeschlechtliche Paare Kinder bekommen, dann lässt Gottes Wort keinen Zweifel daran, wie Gott darüber urteilt. Solche Vorhaben zeigen, dass es auch heute Menschen gibt, die danach streben, Gott beiseitezusetzen und selbst wie Gott sein zu wollen, um über Leben (und Tod) bestimmen zu können.
Doch wie können wir das eine vom anderen unterscheiden, wie zu einer Beurteilung kommen, die mit Gottes Wort übereinstimmt? Je nach technischem Interesse (ein aktuelles Stichwort: Künstliche Intelligenz) oder persönlicher Betroffenheit (zum Beispiel bei medizinischen Fragestellungen) wird die Einschätzung sehr unterschiedlich ausfallen. Auch jugendliche Unbekümmertheit und jahrzehntelange Lebenserfahrung bleiben nicht ohne Einfluss auf unser Urteil, mal zum Guten, mal zum Schlechten – unabhängig vom Alter. Wagemut, Veränderungsbereitschaft, das eigene Gewissen und vieles mehr wird unsere Einschätzung beeinflussen. Nur – die so gefundenen Maßstäbe sind nicht verlässlich und leicht veränderbar.
Als Christen, die an Gott und sein Wort glauben, haben wir einen verlässlichen und unveränderlichen Beurteilungsmaßstab: Gottes Wort. In der Bibel finden wir Anhaltspunkte, die uns helfen können, Entwicklungen einzuschätzen, denen wir verunsichert gegenüberstehen.
Natürlich ist zu Recht schon oft darauf hingewiesen worden, dass wir das Wort Gottes nicht im Sinne eines Nachschlagewerkes nutzen können, in dem wir nur unter dem betreffenden Stichwort nachschlagen müssen, um zu erfahren, wie wir als Christ eine Sache zu beurteilen haben. Nicht nur nach „Künstliche Intelligenz – KI“ oder „künstliche Befruchtung“ würden wir in jeder Konkordanz zur Bibel vergeblich suchen.
Vielmehr fordert Gott uns auf: „Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind“ (1. Joh 4,1)[1]. Und Er liefert uns den Maßstab dafür gleich mit: „Alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt“ (1. Joh 2,16).
Wie beurteilt Gott, unser himmlischer Vater, eine Sache? Zu welchem Ziel und in welcher Art und Weise wird sie eingesetzt? Das sind die entscheidenden Fragen, und die Bibel ist dabei der unmissverständliche und manchmal auch herausfordernde Maßstab. Denn seine Anwendung verlangt von uns, eindeutig Stellung zu beziehen. Dabei gibt es nur zwei Möglichkeiten: Wir können uns nur auf die Seite Gottes stellen oder auf die Seite der Welt. Deshalb tun wir gut daran, uns immer wieder bewusst zu machen, dass die Freundschaft der Welt automatisch Feindschaft gegen Gott bedeutet (s. Jak 4,4)!
Und noch etwas gilt es zu bedenken: Nicht der Maßstab ist das Problem, sondern wie wir ihn anwenden. Sind wir bereit, uns diesem Maßstab zu unterwerfen, dann wird unser Gott und Vater in seiner Gnade uns auch die Weisheit schenken, die Dinge seinen Gedanken entsprechend zu beurteilen und nüchtern und besonnen damit umzugehen. Sollte uns das Ergebnis in einer Sache zu hart erscheinen, sollten wir die Frage stellen, warum das so ist. „Menschenfurcht legt einen Fallstrick; wer aber auf den Herrn vertraut, wird in Sicherheit gesetzt“ (Spr 29,25). Das sollten wir nie vergessen.
Bei alledem müssen wir uns aber auch vor Schwarz-Weiß-Malerei hüten. Es geht nicht darum, alles und jeden in Bausch und Bogen pauschal zu verurteilen. Die Herausforderung für uns als Christen ist vielmehr, nicht leichtfertig zu sein und jeden Trend mehr oder weniger gedankenlos mitzumachen (s. Fußnote zu 1. Kor 7,31). Stattdessen gilt es, die Dinge nüchtern und besonnen zu besehen und sie sorgsam zu benutzen – oder uns davon fernzuhalten, wenn wir feststellen, dass etwas nicht in Übereinstimmung mit unserem himmlischen Vater ist. Das wird uns nur in Abhängigkeit vom Herrn und mit seiner Hilfe (die Er gerne gibt!) gelingen.
Stefan Busch
Ich habe den HERRN stets vor mich gestellt; weil er zu meiner Rechten ist, werde ich nicht wanken.
Fußnoten:
Im Zusammenhang des 1. Johannesbriefes gilt diese Aufforderung zunächst der Prüfung, ob das, was die falschen Propheten den Briefempfängern sagten, mit der Wahrheit des Wortes Gottes übereinstimmte oder nicht. Der in diesem Vers enthaltene Grundsatz ist aber allgemeingültig und auch auf andere Bereiche anwendbar, in denen wir etwas zu beurteilen haben.
Das digitale Zeitalter, in dem wir längst angekommen sind, bietet Chancen, birgt aber auch viele Risiken. Es ist wie mit der Einnahme von Medikamenten. Sie kann nützlich sein, aber es gibt Risiken und Nebenwirkungen, die wir nicht einfach beiseiteschieben können. Falscher oder übermäßiger Gebrauch kann sehr schädlich, ja, sogar tödlich sein.
In diesem Artikel geht es nicht um eine generelle Bewertung von KI (Künstliche Intelligenz) im Licht der Bibel. Diese Diskussion wird an anderer Stelle geführt.[1]
Mir geht es um die Frage, welche Chancen und Risiken bestehen, wenn Christen den Chatbot (ChatGPT) nutzen. Der Hype ist groß und ChatGPT ist in aller Munde. Was ist davon zu halten?
Wie so oft gibt es zwei extreme Positionen. Die einen sind sofort begeistert und nutzen die Möglichkeiten, ohne groß über mögliche Nebenwirkungen nachzudenken. Sie sind beeindruckt. Die anderen lehnen die Nutzung aus moralischen, religiösen oder anderen Gründen komplett ab. Sie sind verunsichert.
Beide Positionen sind meines Erachtens falsch. Wir sind zwar nicht von der Welt, aber sehr wohl in der Welt (s. Joh 17,11.16). Das reale Leben ist längst digital geprägt – ob wir das wollen oder nicht. Für ChatGPT gilt zunächst, was für den Umgang mit digitalen Medien allgemein gilt. Wir können die Möglichkeiten nutzen – aber mit der nötigen Vorsicht.
Was ist ChatGPT?
ChatGPT (ein sogenannter Chatbot) ist eine Anwendung künstlicher Intelligenz. GPT steht für „Generative Pretrained Transformer“. Dabei handelt es sich um ein mit großen Datenmengen trainiertes Sprachmodell, das mit Menschen interagiert und sich in natürlicher Sprache „unterhält“. Benutzer können Fragen zu einer Vielzahl von Themen stellen und Antworten erhalten. Im Endeffekt ist ChatGPT nichts anderes als eine Internet-Recherche – mit einem begrenzten Informationsstand (der Wissensstichtag von ChatGPT liegt nach eigenen Angaben im September 2021). ChatGPT hilft, Mathematikaufgaben zu lösen, Briefe zu schreiben, Texte zu analysieren und Sachverhalte zu beschreiben.
Auch wenn es „Künstliche Intelligenz“ heißt, findet kein intelligenter Denkprozess statt. Diese Fähigkeit bleibt nach wie vor dem Menschen vorbehalten, dem Gott sie in der Schöpfung geschenkt hat.
ChatGPT verwendet keine vorgefertigten Module. Es ist ein „lernendes System“. Die Antworten basieren auf dem, was das System aus den im Internet verfügbaren Daten gelernt hat – und noch lernt. Auf den ersten Blick scheinen die Antworten überwiegend gut zu sein. Sprache, Rechtschreibung und Grammatik sind weitestgehend fehlerfrei.
Das Besondere an ChatGPT ist, dass es nicht nur für IT- oder Digitalexperten geeignet ist, sondern aufgrund seiner sehr einfachen Bedienbarkeit von „jedermann“ genutzt werden kann. Entsprechend vielfältig sind die Anwendungsmöglichkeiten – von Kindern und Jugendlichen bis hin zu Erwachsenen und Senioren.
Paulus schreibt den Korinthern zwei wichtige Sätze, die wir in diesem Zusammenhang anwenden können:
„Alles ist erlaubt, aber nicht alles ist nützlich; alles ist erlaubt, aber nicht alles erbaut.“
„… und die die Welt Gebrauchenden als sie nicht als Eigentum Gebrauchende.“
So sollten wir mit ChatGPT umgehen. Wir können den Chatbot nutzen, sollten uns aber im Klaren darüber sein, wo seine Grenzen sind. Auf keinen Fall sollten wir die gefundenen Ergebnisse ungeprüft übernehmen. Wir sollten uns inhaltlich oder zeitlich nicht von ihm beherrschen lassen und einen klaren Blick auf die Risiken haben!
Das gilt in doppelter Hinsicht: erstens für uns als Erwachsene und zweitens mit Blick auf unsere Kinder und Jugendlichen, die durch ChatGPT vor allem im Schulalltag vor besondere Herausforderungen gestellt werden. Wenn wir als Eltern (oder Großeltern) vielleicht noch einen Bogen um ChatGPT machen – unsere Kinder (und Enkelkinder) werden es mit ziemlicher Sicherheit nicht tun. Deshalb ist es notwendig, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.
Achtung!
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn man ChatGPT zu biblischen Themen befragt. Ein Chatbot nutzt zwar Wissen, hat aber kein Gewissen und keine Weisheit. Er spricht den menschlichen Intellekt (oder das Gehirn) an, aber sicher nicht Herz und Seele. ChatGPT gibt Antworten auf der Basis von Daten – und die sind im biblischen Bereich sicher nicht hilfreich. Es kann sich um leicht erkennbare Fehler handeln, es gibt aber auch schwer erkennbare Fehler (z. B. dass der Herr Jesus am Kreuz die Sünden aller Menschen getragen haben soll).
Ich rate dringend davon ab, biblische Fragen mit ChatGPT zu „diskutieren“ oder sich informieren zu lassen. Die Gefahr, mit falscher Lehre und Irrlehre konfrontiert zu werden, ist sehr groß!
Es ist sehr bequem. Man könnte fast fragen: Googelst du noch oder hilft dir der Chatbot schon? Du willst deinen Schlaf verbessern? Du brauchst eine Entschuldigung für dein Kind, weil es nicht zur Schule gehen konnte? Du möchtest wissen, wie und warum der Erste Weltkrieg begann? Du brauchst Hilfe bei einem technischen Problem?
Der Chatbot ist eine Anwendung, die so intelligent zu sein scheint, dass sie fast alle Fragen des täglichen Lebens (einschließlich Beruf und Schule) in kürzester Zeit beantworten kann. Darüber hinaus kann die Nutzung eines Chatbots helfen, sich neue Fähigkeiten und neues Wissen anzueignen.
Es ist zu beachten, dass ChatGPT zwar Antworten auf viele Fragen gibt, aber selbst nicht die Bedeutung oder die Absicht hinter dem generierten Text verstehen kann. Die Antworten basieren auf den Informationen, die das System hat und mit denen es trainiert wurde.
Was ChatGPT mit Sicherheit nicht tut: Es vermittelt keine objektiven Werte oder Überzeugungen. Es ist eine Maschine, die wiederum von Menschen programmiert wurde.
Im Folgenden möchte ich beispielhaft einige Risiken nennen:
Stimmen die Informationen? Das ist wahrscheinlich die erste Frage, die man sich stellen sollte. Niemand kann garantieren, dass die Antwort sachlich richtig ist. Der Chatbot unterscheidet nicht zwischen richtig und falsch, Wahrheit und Lüge, Tatsachen und Fake News.
Es ist denkbar, dass falsche – oder nicht mehr aktuelle – Inhalte generiert werden (das ist bei der Suche über Google nicht anders). Die Glaubwürdigkeit von Informationen muss – soweit möglich – überprüft werden. Auf jeden Fall müssen wir – und unsere Kinder – lernen, nicht alles für „bare Münze“ zu nehmen, was der Chatbot produziert. Erinnern wir uns an die Mahnung des Herrn: „Gebt acht, was ihr hört“ (Mk 4,24). Und auch die Mahnung des Apostels Johannes sollten wir nicht vergessen: „Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind; denn viele falsche Propheten sind in die Welt ausgegangen“ (1. Joh 4,1).
Sind die Informationen hilfreich? Das können nur wir selbst beurteilen. ChatGPT nimmt uns diese Aufgabe nicht ab. Obwohl die Anbieter gewisse Einschränkungen eingebaut haben (z. B. Schutz vor Hassreden oder Beleidigungen), müssen wir davon ausgehen, dass viele Informationen für uns – und unsere Kinder – schädlich sein können. Moralisch fragwürdige und anstößige Antworten dürfen uns nicht überraschen (was genauso für herkömmliche Suchmaschinen gilt). Rassistische und antisemitische Inhalte können nicht ausgeschlossen werden! Paulus fordert uns auf: „Von jeder Art des Bösen haltet euch fern“ (1. Thes 5,22).
Achten wir auf bestehende Urheberrechte? Die Rechtslage ist derzeit noch unklar. Klar ist aber, dass es ein Urheberrecht an eigenen Texten gibt. Die aktuelle politische Diskussion um mögliche Plagiate sollte uns auf jeden Fall vorsichtig machen, einen von ChatGPT erstellten Text als unseren eigenen zu kennzeichnen. Das sollten auch unsere Kinder wissen. In 3. Mose 19,11 sagt Gott: „Ihr sollt nicht stehlen; und ihr sollt nicht lügen und nicht betrügerisch handeln einer gegen den anderen.“
Gerade die nicht nachvollziehbaren Quellen, die ChatGPT für seine Antworten heranzieht, erschweren nicht zuletzt natürlich auch wieder die Überprüfbarkeit.
Eine weitere wichtige Frage, die auch im Zusammenhang mit einem Chatbot, darüber hinaus aber vor allem in anderen digitalen Medien von Bedeutung ist, betrifft den Datenschutz. Achten wir da auf die nötige Sorgfalt? Wir müssen uns dessen bewusst sein, dass alle Daten, die wir eingeben, gesammelt und unter Umständen weiterverwendet werden. Daher sollten wir sehr sensibel mit der Weitergabe von persönlichen Daten umgehen, die nicht in unbefugte Hände gelangen dürfen. Dies sollte auch Kindern und Jugendlichen vermittelt werden. Salomo schreibt: „Wer seinen Mund und seine Zunge bewahrt, bewahrt seine Seele vor Bedrängnissen“ (Spr 21,23).
Eltern sind gut beraten, ihre Kinder zu begleiten und nicht allein zu lassen (dies gilt generell für den Umgang mit digitalen Medien). Wenn ChatGPT genutzt werden soll, dann unbedingt zunächst gemeinsam und unter Aufsicht. So können Nutzen und Risiken besprochen und abgewogen werden. Wenn ältere Kinder den Chatbot selbst nutzen, sollten sie wissen, an wen sie sich bei Fragen wenden können. Auch hier sollten wir als Eltern und Bezugspersonen unbedingt im Gespräch bleiben.
Ein besonderes Thema sind die Hausaufgaben. Natürlich merken unsere Kinder schnell, dass ChatGPT ihnen helfen kann, schulische Aufgaben schnell zu erledigen. In vielen Fällen sind die Antworten auch richtig.
Trotzdem ist Vorsicht geboten. Hausaufgaben dienen in erster Linie einem pädagogischen Zweck. Sie helfen, das Gelernte zu vertiefen und anzuwenden. Daher ist es nicht lernförderlich, wenn die Lösung nicht von den Kindern selbst erarbeitet, sondern von einem Chatbot erstellt wird.
Auch hier gilt, dass es nicht erlaubt ist, fremde Arbeiten als die eigenen auszugeben (das ist im Prinzip nichts anderes, als bei einer Klassenarbeit vom Sitznachbarn abzuschreiben). Das ist schlichtweg Betrug. Wir sollen unsere Kinder auch dafür sensibilisieren!
Ganz abgesehen davon können Lehrer in der Regel gut beurteilen, ob das Kind diese Lösung auch allein hätte erarbeiten können. Außerdem gibt es bereits Programme, die die Nutzung von Chatbots aufdecken können. An Universitäten (und auch an manchen Schulen) sind solche Programme bereits im Einsatz.
Ein weiterer relevanter Faktor ist das Thema „Zeit“ (auch das gilt grundsätzlich im Umgang mit Medien). Vielen Menschen macht es einfach „Spaß“, sich mit ChatGPT zu „unterhalten“ und alles Mögliche auszutauschen und zu erfragen. Die Frage ist, ob das alles notwendig ist oder nicht.
Wenn wir ChatGPT als Mittel zum Zweck benutzen, als Werkzeug, um eine bestimmte Information zu erhalten, dann kann das in Ordnung sein. Wenn ChatGPT aber zu einem (weiteren?) digitalen Zeitfresser wird, müssen wir sensibel sein. Zeit ist ein Geschenk Gottes, mit dem wir verantwortungsvoll umgehen müssen. Wir sollen die Zeit, die uns gegeben ist, für den Herrn nutzen (s. Eph 5,15.16).
ChatGPT ist ein Werkzeug, das durchaus das Potential hat, viele Bereiche unseres Lebens zu beeinflussen und zu verändern. Es kann vereinfachen, es kann Zeit sparen und helfen, Antworten zu bekommen, die sonst nur mühsam zu finden sind. Insofern kann man den Chatbot durchaus nutzen.
Aber Vorsicht ist geboten. ChatGPT nimmt uns weder das Denken noch das Prüfen und Bewerten ab. Der menschliche Verstand und unser intellektuelles und geistliches Urteilsvermögen sollen nicht einfach ausgeschaltet werden. Es besteht die Gefahr, dass menschliche (und auch geistliche) Entscheidungen und Verhaltensweisen durch bestimmte Algorithmen bewusst beeinflusst werden.
Vergessen wir nicht: Künstliche Intelligenz ist so gut oder so schlecht wie das System, das dahintersteht. Als Christen können wir sicher sein, dass der Teufel das auch weiß und ChatGPT gerne für seine Zwecke missbrauchen wird.
Vergessen wir auch nicht, dass Gott uns durch sein Wort und durch seinen Geist führen und leiten will. Weichen wir der „geistlichen Übung“ nicht aus, Klarheit aus Gottes Wort zu bekommen! Verlassen wir uns nicht auf den „Rat“ aus der digitalen Welt.
Ernst-August Bremicker
Fußnoten:
Ein Aspekt, der dabei zu beachten ist, wird im Artikel „Auf die Beurteilung Gottes kommt es an“ in diesem Heft beleuchtet.
Vierzehnmal finden wir das „ungeteilte Herz“ in den Büchern der Könige und Chronika erwähnt. Sonst lesen wir davon nur noch in Jesaja 38,3, wo der todkranke Hiskia Gott sagt, dass er in Wahrheit und mit ungeteiltem Herzen vor seinem Angesicht gewandelt ist. Diese Aussage finden wir auch in 2. Könige 20,3. Bei drei Königen, Nachkommen Davids, spricht Gott von einem ungeteilten Herzen oder dem Gegenteil davon, bei Abijam (s. 1. Kön 15,3), Asa (s. 1. Kön 15,4; 2. Chr 15,17) und Amazja (s. 2. Chr 25,2). Und dreimal ist von einem ungeteilten Herzen oder dem Gegenteil davon in Zusammenhang mit Salomo die Rede (s. 1. Kön 11,4; 1. Chr 28,9; 29,19). Mit den letztgenannten Stellen wollen wir uns beschäftigen, zuvor aber noch einen bekannten Vers zitieren, der eine Ermutigung für uns alle sein soll:
„Denn die Augen des Herrn durchlaufen die ganze Erde, um sich mächtig zu erweisen an denen, deren Herz ungeteilt auf ihn gerichtet ist“ (2. Chr 16,9a).
In den beiden letzten Kapiteln des 1. Buches Chronika finden wir die öffentliche Vorstellung Salomos und Davids letztes Dankgebet. In Gegenwart aller geladenen Obersten und weiterer Würdenträger sagt David, der Mann nach dem Herzen Gottes (s. Ps 89,21; 1. Sam 13,14), zu seinem Sohn: „Und du, mein Sohn Salomo, erkenne den Gott deines Vaters und diene ihm mit ungeteiltem Herzen und mit williger Seele!“ (1. Chr 28,9). Gott war sein Gott gewesen. Etwa dreißigmal nennt er Ihn in den Psalmen so. Jetzt fordert David seinen Sohn Salomo auf, Gott mit ungeteiltem Herzen zu dienen.
Haben wir unsere Kinder, die sich bekehrt haben, auch schon dazu aufgefordert? Natürlich können wir das nur tun, wenn wir selbst, wie David, ein ungeteiltes Herz haben.
„Und meinem Sohn Salomo gib ein ungeteiltes Herz, deine Gebote, deine Zeugnisse und deine Satzungen zu halten und alles zu tun und den Palast zu bauen, den ich vorbereitet habe“ (1. Chr 29,19). Dies ist der Schluss des letzten berichteten Gebets Davids. Er bittet für seinen Sohn um ein ungeteiltes Herz, damit er die Gebote Gottes hält und das Haus des Herrn, das mit dem Palast gemeint ist, zu bauen.
Wir sollen sicher nicht nur unsere Kinder auffordern, dem Herrn mit ungeteiltem Herzen zu dienen, sondern Ihn auch inständig darum bitten, solches an unseren Kindern zu bewirken, damit sie Ihm gehorchen und im Sinn von 1. Korinther 3,10-15 am Haus Gottes bauen.
Sicher hatte Salomo eine lange Zeit ein ungeteiltes Herz. Er gehorchte Gott und baute das Haus Gottes. In Sprüche 23 (geschrieben von Salomo) redet Gott den Leser dreimal mit den Worten „mein Sohn“ bezüglich seines Herzens an (s. V. 15.19.26). Aber als Salomo alt war, „da neigten seine Frauen sein Herz anderen Göttern nach; und sein Herz war nicht ungeteilt mit dem Herrn, seinem Gott, wie das Herz seines Vaters David“ (1. Kön 11,4).
Bei Salomo waren es seine Frauen. Auch wir sind nicht gefeit vor solchen Entwicklungen. Was neigt unser Herz? Das Geld, die modernen Medien, …?
Darum gilt es, die Ermahnung in den Sprüchen Salomos sehr ernst zu nehmen: „Behüte dein Herz mehr als alles, was zu bewahren ist; denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens“ (Spr 4,23).
Horst Zielfeld
In zwei Artikeln sind wir schon „zu Besuch“ in Häusern im Alten Testament gewesen. Jetzt schauen wir uns einige Häuser an, von denen uns in den Evangelien berichtet wird.
„Er machte sich aber auf von der Synagoge und kam in das Haus Simons. Die Schwiegermutter des Simon aber war von einem starken Fieber befallen; und sie baten ihn für sie. Und über ihr stehend, gebot er dem Fieber, und es verließ sie; sie aber stand sogleich auf und diente ihnen.“
Über Petrus erfahren wir sehr viel, allerdings nur wenig über sein Haus. Aus dieser Stelle geht hervor, dass er verheiratet war; denn seine Schwiegermutter wird hier erwähnt. Sie war von einem schweren Fieber befallen, was zu damaliger Zeit lebensbedrohlich war (und manchmal auch heute noch ist). Fieber geht meistens mit körperlichem Unwohlsein einher.
Auch heute gibt es in den Häusern der Gläubigen mancherlei Krankheiten. Oft bringen die Kinder Infektionen aus der Schule mit nach Hause. Diese gehen meistens schnell wieder vorüber. Ernstere Krankheiten bereiten Sorge und Unruhe. Immer wird das Familienleben dadurch belastet. Wie schön, dass hier die Angehörigen und vielleicht auch Freunde oder Bekannte den Herrn für sie (die Schwiegermutter) baten. Das ist immer die beste und erste Adresse, an die wir uns wenden dürfen.
Natürlich sind wir dankbar für ärztliche und medizinische Hilfe, die wir in Anspruch nehmen dürfen. Aber wir tun es in dem Bewusstsein, dass der Herr darübersteht und alles Gelingen von Ihm abhängt. Er selbst nimmt sich unser an: „Siehe, ich bin da, und ich will nach meinen Schafen fragen und mich ihrer annehmen“ (Hes 34,11). Er tut es ganzheitlich, das heißt gemäß der Bedürfnisse nach Geist, Seele und Leib (s. 1. Thes 5,23).
Er gebietet dem Fieber und es verlässt sie. Die Temperatur geht nicht nur ein wenig zurück, was der Frau sicher auch schon geholfen hätte, sondern der Herr tut ein vollkommenes Werk. Er ist auch heute noch derselbe und vermag mehr, „als was wir erbitten oder erdenken“ (Eph 3,20).
Das erinnert mich an ein persönliches Erlebnis. Unsere zwanzig Monate alte Enkelin war schwer an Corona erkrankt. Das Schlimmste war das andauernde, sehr hohe Fieber. Keine medizinischen Maßnahmen halfen. Da trafen sich die Angehörigen und Verwandten an verschiedenen Orten zum anhaltenden Gebet.[1]
Und siehe da, um Mitternacht war das Fieber plötzlich verschwunden, nicht nur zurückgegangen, sondern ganz weg und kam auch nicht mehr wieder.
Ja, der Herr tut auch heute noch Wunder. Noch wichtiger ist allerdings, dass wir uns unter seine mächtige Hand beugen (s. 1. Pet 5,6) und seine Wege mit uns annehmen.
Die Tatsache, dass die Frau aufsteht und dient, zeigt, dass sie ihre Kräfte völlig wiedererlangt hat. Sie nutzt die neu geschenkte Gesundheit und setzt sich zum Wohl der Anwesenden ein. Wir dürfen dem Herrn dankbar sein für Gesundheit, Genesung (und Fähigkeiten) und uns von Ihm gebrauchen lassen. Es gibt viele Aufgaben in der Familie des Glaubens (und am Evangelium).
„Es bat ihn aber einer der Pharisäer, mit ihm zu essen; und er ging in das Haus des Pharisäers und legte sich zu Tisch … Und siehe, eine Frau … brachte ein Alabasterfläschchen mit Salböl, und hinten zu seinen Füßen stehend und weinend, fing sie an, seine Füße mit Tränen zu benetzen; und sie trocknete sie mit den Haaren ihres Hauptes und küsste seine Füße und salbte sie mit dem Salböl. Als aber der Pharisäer es sah, der ihn geladen hatte, sprach er bei sich selbst und sagte: Wenn dieser ein Prophet wäre, so würde er erkennen, wer und was für eine Frau es ist, die ihn anrührt; denn sie ist eine Sünderin. Und Jesus … sprach zu ihm: Simon, ich habe dir etwas zu sagen. Er aber spricht: Lehrer, rede … Und sich zu der Frau wendend, sprach er zu Simon: … Ich bin in dein Haus gekommen; du hast mir kein Wasser auf meine Füße gegeben, … Du hast mir keinen Kuss gegeben … Du hast mein Haupt nicht mit Öl gesalbt … Deswegen sage ich dir: Ihre vielen Sünden sind vergeben, denn sie hat viel geliebt; wem aber wenig vergeben wird, der liebt wenig ….“
Hier haben wir ein negatives Beispiel vor uns. Simon lädt den Herrn Jesus zum Essen in sein Haus ein. Was mögen wohl seine Motive gewesen sein? Wollte er den Herrn prüfen? Denn als die sündige Frau die Füße des Herrn salbte, hegte er Zweifel an seiner Person: „Wenn dieser ein Prophet wäre …“ Der Herr muss ihm eine Lektion erteilen und ihm verdeutlichen, was er – im Gegensatz zu dieser Frau – alles versäumt hat.
Zuerst sagt Er: „Ich bin in dein Haus gekommen.“ Er möchte gerne auch in unsere Häuser kommen und darin „wohnen“. Welchen Platz räumen wir Ihm ein? Verschaffen wir Ihm Zugang zu allen Bereichen, auch zum Bücherschrank, dem Nachtschränkchen, den modernen Medien, dem Smartphone, der Festplatte, dem Internetverlauf …?
Was für uns persönlich gilt, dürfen wir auch auf unsere Häuser anwenden: „Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen“ (Joh 14,23).
Dann muss Er Simon sagen, dass er Ihm nicht die Füße gewaschen hat. Zu damaliger Zeit war es ein Zeichen der Höflichkeit und der Gastfreundschaft, Besuchern die Füße zu waschen, um diese vom Staub zu befreien und zu erfrischen. Meistens wurde dieser Dienst von Hausangestellten ausgeübt. Leider hatte Simon dieses Zeichen der Höflichkeit versäumt.
In Johannes 13 ist es dann der Herr selbst, der seinen Jüngern die Füße wäscht und sie auffordert, ebenso zu tun. Der Zusammenhang macht klar, dass der Herr eine „geistliche“ Fußwaschung meint, indem wir das Wort Gottes einander auf Herz und Gewissen anwenden. Üben wir diesen Dienst heute noch aus?
Anders als Simon hatte die Frau eine tiefe Zuneigung und Liebe zu dem Herrn. Diese bringt sie durch das kostbare Salböl und durch ihre aufrichtigen Tränen zum Ausdruck. Außerdem hatte sie nicht aufgehört, seine Füße zu küssen. Ja, sie war eine stadtbekannte Sünderin, aber ihr wurde alles vergeben. Deshalb liebte sie auch viel, wie der Herr in einem Gleichnis deutlich machte (s. V. 41.42).
Auch wir sind „von so großem Tod errettet“ worden (2. Kor 1,10) und dafür sollten wir den Herrn loben, Ihm danken und Ihn anbeten. Findet das in unseren Häusern statt? Unsere Kinder sollten verspüren, dass die Motivation für unser Handeln die Liebe zu dem Herrn Jesus und zu seinem Wort ist.
In manchen christlichen Häusern hängt das Gedicht von Philipp Spitta (1826), worin es unter anderem heißt:
O selig Haus, wo man Dich aufgenommen,
Du wahrer Seelenfreund, Herr Jesu Christ;
wo unter allen Gästen, die da kommen,
Du der gefeiertste und liebste bist;
wo aller Herzen Dir entgegenschlagen
und aller Augen freudig auf Dich sehn;
wo aller Lippen Dein Gebot erfragen
und alle Deines Winks gewärtig stehn!
Wenn es sich dabei nicht nur um nostalgische Deko handelt, sondern um ein echtes Motto für unsere Häuser, dann wird dies nicht verborgen bleiben, sondern zum Segen und zur Ehre des Herrn sein.
Andreas Kringe
Hinweis:
Zu dem Haus in Bethanien, dem Haus des Zachäus und dem Haus in Emmaus sind in „Bleibt in mir“ bereits lesenswerte Artikel erschienen (Hefte 2/3/4/2020).
Fußnoten:
Es ist gut, wenn wir uns zum gemeinsamen Gebet treffen. Damit machen wir uns mit der Not eins (wie z. B. Daniel und seine Freunde). Vielleicht ist eine Not aber auch verborgen und nur eine(r) ruft dafür zu Gott (wie z. B. Hanna). Auch dann vermag Gott genauso zu helfen.
Zacharias und Elisabeth gehörten zu den wenigen Treuen, die in der Zeit lebten, in der der Herr Jesus geboren wurde. Der Bibeltext (s. Lk 1,5-79) gibt uns wertvolle Anregungen für unser persönliches Leben und auch für unsere Ehen.
Diese beiden hatten eine gute Grundlage für ihre Ehe, denn sie kamen beide aus priesterlichen Familien. Zacharias war selbst ein Priester und auch Elisabeth kam aus einer Familie, die zu den Nachkommen Aarons gehörte. Die Priester waren es gewohnt, in der Gegenwart Gottes zu dienen, die Opfer zu bringen und die Verbindung zwischen dem Volk und Gott aufrechtzuerhalten. Darin waren Zacharias und Elisabeth verbunden, schon bevor sie heirateten.
Bis heute ist es die richtige und notwendige Grundlage für eine Ehe „im Herrn“ (1. Kor 7,39), eine gemeinsame Basis in der Verbindung mit Gott zu haben. Der erste Punkt dabei ist sicher, errettet zu sein und somit geistlicherweise Teil der „Priester-Familie“ zu sein, zu der heute alle wahren Gläubigen gehören (s. 1. Pet 2,5.9).
Aber dieser Punkt ist nicht allein entscheidend. Es braucht auch eine gemeinsame Basis in der Frage, wie wir heute gemeinsam Gottesdienst ausüben und gemeinsam Gott nahen.
Das geschieht heute nicht wie damals im Tempel in Jerusalem, sondern da, wo zwei oder drei versammelt sind im Namen des Herrn Jesus (s. Mt 18,20). Über den Platz des Zusammenkommens braucht es eine gemeinsame Überzeugung, um eine glückliche Ehe leben und – wenn der Herr es schenkt – auch Kinder in der richtigen Weise erziehen zu können. In dieser Frage sollte auf jeden Fall vor der Hochzeit Einigkeit erzielt werden.
Auf dieser guten Basis führten Zacharias und Elisabeth eine Ehe zur Ehre Gottes. Es ist ein sehr schönes Zeugnis, das Gott diesen Eheleuten ausspricht: Sie waren beide „gerecht vor Gott“ (V. 6). Das ist bis heute eine wichtige Sache! Wenn beide so lebten, dann bedeutete es erstens, dass jeder Ehepartner persönlich in der Haltung war, in allem Gott gefallen und das auch in die Tat umsetzen zu wollen. Es bedeutete zweitens aber auch, dass genau das ihr gemeinsames Bemühen in der Ehe war und sie deshalb in guter Übereinstimmung waren.
Zacharias und Elisabeth fragten zuerst nach dem, was Gott wichtig war. Sie lebten bewusst vor Gottes Augen, fragten nach seinem Willen und taten das, was seinen Gedanken entsprach. So waren sie „gerecht vor Gott“. Das ist die richtige Reihenfolge.
Wenn wir uns fragen, wie wir Gott gefallen können, dann wird sich alles andere daraus ergeben. Dann werden wir auch in Rücksichtnahme auf andere und ohne Anstoß leben. Wenn wir uns dagegen immer fragen, was andere Menschen über uns denken, wird uns dies schließlich von Gott wegführen.
In der Zeit des Gesetzes hatte Gott denen, die seine Gebote erfüllen, die Verheißung von Nachkommen gegeben (s. 5. Mo 28,1.2.4.11). Aber obwohl Gott diesem Ehepaar ein so gutes Zeugnis ausstellen konnte, hatten sie doch keine Kinder. Auch wenn der Name Zacharias so viel bedeutet wie „der Herr gedenkt“, war ihr Gebet noch nicht erhört worden. Obwohl der Name Elisabeth mit „Eid oder Schwur Gottes“ übersetzt werden kann, war die Verheißung Gottes noch nicht erfüllt.
Dieser unerfüllte Kinderwunsch war eine echte Not. Das wird darin deutlich, dass das Gebet für diese Sache sogar zum „Flehen“ geworden war (s. Lk 1,13).
Auch heute gibt es unerfüllte Wünsche, auch heute laufen im Leben der Gläubigen Dinge anders, als wir es gerne hätten. Dann bleibt auch uns das Gebet, um diese Nöte vor Gott zu bringen und mit Ihm zu besprechen. Beten wir als Ehepartner füreinander? Beten wir als Ehepartner miteinander?
Das Gebet ist auf jeden Fall eine wichtige Sache, unabhängig davon, wie es weitergeht. Auf jeden Fall wird der Friede Gottes unsere Herzen und Gedanken bewahren, wenn wir den Zugang zu Ihm im Gebet suchen und dabei das Danken nicht vergessen (s. Phil 4,6.7).
Wenn wir die Begebenheit in Lukas 1 lesen, stellen wir fest, dass Zacharias fast nicht mehr mit der Erhörung seiner Gebete rechnete. Als der Engel ihm versprach, dass er einen Sohn bekommen würde, hatte er Einwände. Er sah seine eigenen Einschränkungen als alter Mann und er sah die Einschränkungen seiner Frau.
Er sprach ähnlich wie Abraham und Sara, aber er hatte scheinbar vergessen, wie Gott mit Abraham gehandelt hatte. Später erwähnte er Abraham in seinem Lobpreis (s. Lk 1,73), doch zunächst dachte er nicht daran, dass Gott in der Lage ist, auch einem 100-Jährigen einen Sohn zu schenken.
Deshalb war das Zeichen, das Zacharias empfing, ein Zeichen der Erziehung für ihn selbst. Er wurde stumm. Das Volk merkte daran, dass etwas Außergewöhnliches geschehen war, aber für Zacharias war es nicht so einfach. Doch Gottes Absicht war es, den Glauben zu stärken, und genau das war auch das Ergebnis.
Zacharias kam nach Hause, beide nahmen Gott beim Wort und Elisabeth wurde schwanger. Was für eine Freude in diesem Haus! Noch war Zacharias stumm, doch als er im Glaubensgehorsam den richtigen Namen für seinen Sohn bestimmte, wurde seine Zunge gelöst.
Das Erste, was wir von Zacharias hören, nachdem er wieder sprechen konnte, war ein Lob für Gott. In diesem Lobpreis erkennen wir, dass Zacharias viel von Gottes Gedanken verstanden hatte, auch wenn der Lobpreis typisch war für die jüdische Hoffnung und Erwartung.
Bis heute ist es so, dass eine gute Kenntnis der Gedanken Gottes im Lob für Gott erkennbar wird. Wenn wir Gott und seine Gedanken kennen, werden wir auch viel Grund und Inhalt für Lob und Anbetung haben![1]
Das ist das Ergebnis, das Gott im Auge hat. Er möchte, dass sein Lob größer wird und Er möchte das auch in unserem Leben und in unseren Ehen bewirken. Es kann sein, dass Er bisher unerfüllte Wünsche erfüllt und dass dadurch Lob für Ihn entsteht.
Aber es kann auch sein, dass Er einfach unsere Herzen ruhig macht über unsere eigenen Wünsche und uns glücklich macht in der Gemeinschaft mit sich selbst. Dann, wenn wir in seine Gedanken eingehen (wie Zacharias es in seinem Lobpreis erkennen lässt) und an seine Barmherzigkeit und an sein Licht denken (s. Lk 1,78.79), dann wird Lob für Gott das Ergebnis sein.
Vielleicht kann das auch in meiner und in deiner Ehe wieder neu belebt werden!
Christian Rosenthal
Fußnoten:
Wir sollten uns davor hüten, im öffentlichen Gebet die zuhörenden Menschen mit unserer Bibelkenntnis oder unseren „schönen Worten“ beeindrucken zu wollen. Das war bei Zacharias nicht der Fall. Wir können Gott nur für das danken, was wir von Ihm und seinem Handeln verstanden haben.
Liebe Leser,
jeder Jahreswechsel erinnert uns an die verstrichene Zeit, an Zeitpunkte, Neuanfänge oder Abschlüsse. Wir denken zurück an die letzten Wochen oder Monate und rufen uns in Erinnerung, was geschehen ist und was sich anders entwickelt hat, als wir es uns vielleicht gedacht hatten. Manche schauen voll Zuversicht nach vorne, andere hingegen zaghaft oder gar ängstlich.
Doch Gott ist der Unwandelbare, in dessen Hand unsere Zukunft liegt und an dessen Hand wir in das neue Jahr gehen dürfen, das jetzt vor uns liegt. Deshalb möchten wir uns fünf Eigenschaften Gottes ansehen, die uns Kraft und Freude auf unserem Weg geben:
Gott, der Unveränderliche: Er ist der „Ich bin“ (2. Mo 3,14), Er ist ewig. Wir können uns stets auf Gott verlassen. Er steht zu seinen Aussagen, Versprechen und Verheißungen. Diese gelten bis heute und müssen nicht verbessert werden. Auch seine Gedanken bezüglich der Erlösten und seine Aufforderungen an sie haben sich bis heute nicht verändert.
Ein Gott der Langmut: Seit circa 2.000 Jahren währt nun schon die Gnadenzeit. So viele Menschen ignorieren Gott, spotten über Ihn oder verachten Ihn wie auch seinen Sohn und das Werk von Golgatha. Trotzdem ist Er langmütig und sucht solche, die zu Ihm umkehren (s. 2. Pet 3,9). Lasst uns das zum Ansporn nehmen, unseren Mitmenschen mehr von Ihm zu erzählen.
Ein Gott der Treue: In 1. Korinther 10,13 lesen wir von Gottes Treue. Er lässt nicht zu, dass wir über unser Vermögen versucht werden, sondern sorgt auch in jeder Prüfung, durch die wir gehen müssen, für einen guten Ausgang. Er ist beständig bei uns, seinen Kindern – ja, in jedem Augenblick unseres Lebens.
Ein Gott des Trostes: Auch Kinder Gottes gehen durch Prüfungen und Schwierigkeiten. Wir wissen nicht, was das Jahr 2024 alles bringen wird. Doch wir dürfen Ihm vertrauen – Er hat Mitleid, seine Erbarmungen sind groß (s. Klgl 3,22.23) und Er versteht uns vollkommen. Alle Sorgen und Nöte dürfen wir auf Ihn werfen.
Ein Gott der Liebe: Im 1. Johannesbrief lesen wir zweimal: „Gott ist Liebe“. Ja, Er gab seinen Sohn Jesus, damit alle, die an Ihn glauben, nicht verloren gehen (s. Joh 3,16). Welch große Segensabsichten hat Er mit seinen Kindern und welch eine unbeschreiblich große Herrlichkeit liegt noch vor uns.
Ich wünsche uns allen für das neue Jahr, dass wir weiter an unserem Gott festhalten, Ihm ganz vertrauen und Ihm folgen. Er trägt uns jeden Tag – bis zum Ziel. Wie groß und herrlich ist Er!
Euer Johannes Grund