Wir dürfen in der Apostelgeschichte und den Briefen von Paulus immer wieder etwas am Gebetsleben des Apostels teilhaben. Es beginnt mit seiner Bekehrung (Apg 9,11b) und geht bis zu den letzten Tagen seines Lebens, in denen er seinem Gott dankt und Ihm sein geliebtes Kind im Glauben (Timotheus) Nacht und Tag anbefiehlt (2.Tim 1,3.4). Im Folgenden wollen wir in zwei Teilen die Gebete von Paulus in der Apostelgeschichte ein wenig näher betrachten.
Nachdem der Herr Jesus Saulus auf dem Weg nach Damaskus erschienen war, sandte Er einen „gewissen Jünger Ananias“ aus dieser Stadt zu ihm. Da Ananias die früheren Absichten von Saulus kannte (nämlich die Christen in Damaskus gefangen nach Jerusalem zu führen, damit sie dort verurteilt und möglichst umgebracht würden), fürchtete er sich verständlicherweise, diesen Auftrag auszuführen.
Es ist ein bemerkenswertes Detail in diesem Auftrag des Herrn Jesus, dass Er Ananias mitteilt, Saulus würde beten. Diese inhaltsreiche Tatsache kennzeichnete also die ersten Tage des bekehrten Saulus. Was wird er wohl während dieser Tage dem Herrn Jesus gesagt haben?
Jedenfalls ist Beten ein klares Kennzeichen eines Christen und sollte auch Ananias darauf hinweisen, dass von diesem Mann keine Gefahr mehr für die Gläubigen ausging.
Außerdem gehört zu einer Bekehrung immer das Gebet. Wir müssen unsere Sünden Gott im Gebet bekennen und um Vergebung bitten.
Das galt damals und ist auch heute nicht anders.
Niemand hatte Saulus gesagt, dass er beten müsse – es ist eine schlichte, aber äußerst wichtige Feststellung der Bibel, dass es so war. So also begann der Glaubensweg des späteren Apostels Paulus: man fand ihn betend!
Zum Ende der ersten Missionsreise erwählten Paulus und Barnabas Älteste in den Versammlungen. Das war keine mechanistisch durchgeführte Handlung: Sie wurde durch Gebet und Fasten begleitet[1]. Das deutet wohl die Abhängigkeit der beiden Diener von ihrem Meister, dem Herrn Jesus, an. Das Gebet mit Fasten steht in engem Zusammenhang mit der Auswahl der Ältesten. Es war Abhängigkeit vom Herrn erforderlich, um die „richtige Wahl“ zu treffen.
Im Gefängnis in Philippi werden die beiden Missionare Paulus und Silas, die gerade die gute Botschaft nach Europa gebracht haben, misshandelt und gefangen gesetzt. Welche Entmutigung, welche Glaubensherausforderung, welche körperlichen Qualen!
Es war doch für sie erkennbar der Auftrag des Herrn, nach Philippi zu gehen (Apg 16,10), und kein eigenwilliger Weg. Trotzdem kamen sie ins Gefängnis. War damit nicht der Auftrag Gottes untergraben worden?
Wie kann man im „innersten Gefängnis“ unter großen körperlichen Schmerzen dem Auftrag, das Evangelium nach Mazedonien zu bringen, noch nachkommen? Die Gedanken und Gespräche der beiden Diener Gottes werden uns nicht berichtet.
Auch geschah das Beten und Lobsingen kaum unmittelbar nach ihrer Festsetzung im Gefängnis. Es sind wohl einige Stunden bis Mitternacht vergangen. Sicher war es Paulus und Silas aufgrund ihrer geschundenen Körper und vielleicht auch wegen ihrer inneren Verfassung (noch) nicht zum Beten und Singen zumute. War das Schwachheit?
Auch im Leben eines Gläubigen kann es solche Momente (vielleicht deutlich länger als nur wenige Stunden) geben, die Beten und Singen nicht möglich erscheinen lassen. Das muss nicht nur wegen eines schlechten Glaubenszustands sein, sondern kann auch durch schwere Lebensbedingungen hervorgerufen werden (körperliche oder seelische Leiden[2], Sorgen und Nöte, Trauer, etc.).
Aber „um Mitternacht“ beteten und lobsangen Paulus und Silas. Das taten die beiden Diener Gottes gemeinsam. Sie waren gemeinsam im Dienst auf Reisen gegangen, von den Brüdern in Antiochien der Gnade Gottes anbefohlen (s. Apg 15,40). Sie hatten gemeinsam geschlussfolgert, nach Mazedonien zu gehen. Gemeinsam wurden sie in Philippi verhaftet und geschlagen und saßen nun gemeinsam im innersten Gefängnis.
Die enge Freundschaft dieser Knechte des Herrn wurde sicherlich durch diese gemeinsamen Erlebnisse verstärkt. Deshalb können sie jetzt auch zusammen beten und singen.
Es ist auch heute eine große Ermunterung, wenn in schwierigen Umständen Glaubensbrüder und -schwestern da sind, die die gleichen (oder ähnliche) Umstände erlebt haben. Verständnis für die Situation des anderen und echtes Mitempfinden setzen oft ähnliche Erfahrungen voraus.
Wenn man dann gemeinsam mit gläubigen Freunden, dem Ehepartner oder in der Familie im Gebet zu dem Herrn gehen kann, ändert das zwar nicht unbedingt die Umstände, aber das Glaubensvertrauen wird gestärkt. Vielleicht mündet es dann auch in Lobgesang.
Paulus und Silas lobsangen, bevor sich die Situation änderte. Durch dieses persönliche Vorbild (beten und singen in schwierigen Umständen) gewinnt Paulus' Brief an die Philipper zusätzliches moralisches Gewicht: Er schreibt ihnen (wieder im Gefängnis, diesmal in Rom) von der Freude im Herrn (s. Phil 4,4).
Zuerst verabschiedeten sich Paulus und die Ältesten von Ephesus in Milet voneinander, nachdem Paulus eine beeindruckende Abschiedsrede an sie gerichtet hatte. Am Ende betet Paulus mit ihnen. Das ist ein schönes Beispiel dafür, wie ein solches Treffen beendet wird: mit Gebet.
Das dürfen auch wir heute so tun. Wir haben das Wort Gottes gehört, hatten einen brüderlichen Austausch oder ein geschwisterliches Beisammensein (auch im privaten Bereich) und zum Schluss beten wir. Wenn es die jeweilige Situation erlaubt, kann das auch auf den Knien geschehen, wie hier im Beispiel.
Kurz danach verabschiedet sich Paulus auf seiner Reise nach Jerusalem von den Gläubigen in Tyrus, nachdem er 7 Tage bei ihnen verbracht hatte.
Wie schon in Milet werden Paulus und seine Begleiter bis zum Schiff begleitet. In Tyrus sind nicht nur die Ältesten, sondern alle Geschwister dabei. Es wird sogar ausdrücklich gesagt, dass die Frauen und Kinder mitkamen (s. Apg 21,5b).
Das Gebet kennzeichnet den Apostel Paulus in allen Lebenslagen. Auch für uns ist es ganz sicher zum Segen, wenn uns das Gebet in allen Lebenslagen zu einer so selbstverständlichen Gewohnheit wird wie das Atmen.
Marco Steih
Fußnoten:
Das war auch bei der Aussendung von Barnabas und Saulus durch die Versammlung in Antiochien so (s. Apg 13,3).
Natürlich wollen wir unsere Sorgen alle auf den Herrn werfen (1.Pet 5,7), aber es ist doch oft leider nicht so im Alltagsleben – und der Herr hat dafür Verständnis (Röm 8,26 und Heb 4,15): das ist tröstlich!
Damit soll natürlich nicht gesagt werden, dass wir unseren irdischen Verpflichtungen nicht oder nur nachlässig nachkommen sollen. Aber es gibt eben Augenblicke, wo das Tagtägliche zweitrangig wird und deutlich im Hintergrund steht.
Als Kontrastprogramm zu den vielen visuellen Eindrücken, die ‒ gewollt oder ungewollt ‒ auf uns einströmen, ist die Aufforderung aus dem Hebräerbrief, den Herrn Jesus zu betrachten, hochaktuell!
Mit den Augen, mit denen wir Bilder auf Monitoren anschauen können, sehen wir den Herrn Jesus noch nicht.
Aber mit den Augen unserer Herzen (s. Eph 1,18), mit den „Glaubensaugen“, können wir ihn heute schon anschauen!
Viermal lesen wir im Hebräerbrief, dass wir den Herrn Jesus sehen bzw. ansehen sollen: das erste Mal in Hebräer 2,9. Dort wird uns der Herr Jesus als wahrer Sohn des Menschen in seiner Herrlichkeit und Größe vorgestellt. Alles ist seinen Füßen unterworfen.
Wer ist diese Person, der alles unterworfen ist? Es ist der Herr Jesus, der als Mensch in Niedrigkeit hier auf der Erde war. Der geboren wurde, um am Kreuz zu sterben. Auf dessen ganzem Weg der Schatten des Kreuzes und Todes lag. Der von Anfang an gehasst und verachtet war und dem man nach dem Leben trachtete.
Um sich des gefallenen und schwachen Menschen anzunehmen, wurde Er wahrer Mensch. Er nahm Fleisch und Blut an, aber Er war völlig rein und heilig. Sünde ist nicht in Ihm. Er wurde in allem versucht wie wir, ausgenommen die Sünde. Als wahrer Menschensohn lebte Er hier auf der Erde und hat kennengelernt, was wir heute erleben.
Und dieser vollkommene Mensch ging in den Tod. Wegen des Leidens des Todes war er „ein wenig unter die Engel“ erniedrigt. In seinem Leben auf der Erde dienten Ihm die Engel. Auch als Mensch war er Sohn Gottes und dieser Name „Sohn“ unterstreicht seine Vorzüglichkeit vor den Engeln. Doch als Er in den Tod ging, da erniedrigte Er sich selbst für eine Zeit unter die Engel, die nicht sterben. Das ist also die Person, der jetzt alles unterworfen ist ‒ der Herr Jesus, der sich als Mensch unter die Engel erniedrigte, indem er gehorsam wurde bis zum Tod!
Doch jetzt ist Er auferstanden. Er lebt. Und Er sitzt auf dem höchsten Platz, den es gibt ‒ auf dem Platz zur Rechten Gottes. Dort ist Er mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt. Alles ist seinen Füßen unterworfen. Auch wenn man davon auf dieser Erde noch nichts sieht, so wird doch die Zeit kommen, in der man das auch sichtbar wahrnehmen wird. Dann, wenn Er seine Herrschaft antreten wird.
Das ganze Universum, die ganze Schöpfung Gottes, ist Ihm, dem erhöhten und verherrlichten Menschen, unterworfen. Gott selbst ist natürlich ausgenommen (s. 1.Kor 15,27). Er hat Ihm ja alles unterworfen. Und noch eine „Ausnahme“ gibt es ‒ die Versammlung. Sie ist Ihm nicht unterworfen, sie ist sein Leib, seine Fülle (s. Eph 1,22.23). Doch in Hebräer 2 geht es nicht um die Ausnahmen, sondern darum, die ganze Größe und Herrlichkeit der Person unseres Herrn Jesus vorzustellen.
Dabei deutet Gottes Wort in diesem Vers noch eine großartige Sache an: Der Ausdruck „mit Herrlichkeit und Ehre“ erinnert an 2.Mose 28,2. Dort lesen wir von den Kleidern des Hohenpriesters, die zur Herrlichkeit und zum Schmuck gegeben sind. Diese Wortwahl leitet zum nächsten Abschnitt (2,10-18) über, in dem der Herr Jesus als Hoherpriester eingeführt wird.
Was erkennen wir daraus? Wir verstehen, dass diese große und herrliche Person, unser Herr Jesus, zugleich unser Hoherpriester ist, der sich jetzt im Himmel für uns verwendet. Wie gut haben wir es! Die Person, die am höchsten Platz sitzt und der alles unterworfen ist, beschäftigt sich mit uns. Er ist tätig für uns und er hat Mitempfinden mit uns. Vollkommene Macht und vollkommene Liebe vereinen sich in Ihm und sind tätig für uns. Was für ein Segen! Was für ein Glück! Wie wichtig ist es, Ihn so zu sehen und nicht zu vergessen, Ihn in seiner Herrlichkeit anzuschauen.
Anschließend an die Linie der Gedanken von Hebräer 1 und 2 fasst der Schreiber in einer Aufforderung zusammen, den Apostel und Hohenpriester unseres Bekenntnisses zu betrachten (s. Heb 3,1).
Als Apostel (=„Bote“, „Gesandter“) kam Er vom Himmel auf die Erde, um zu uns zu reden. Gott hat geredet in der Person des Sohnes (s. Heb 1,2)! Was für eine großartige Botschaft ist uns durch Ihn mitgeteilt worden. Und in dem Herrn Jesus hat Gott sich offenbart. Wie gewaltig ist es, Gott in seinem Sohn, der als Mensch auf der Erde gelebt hat, erkennen zu können!
Als Hoherpriester ist Er jetzt für uns tätig bei Gott. Einmal hat Er ‒ erhöht von der Erde, auf dem Kreuz ‒ als Hoherpriester die Sünden des Volkes gesühnt (s. Heb 2,17). Jetzt ist Er im Himmel und als Er dorthin zurückkehrte, wurde Er von Gott begrüßt als Hoherpriester (s. Heb 5,10). Wir können mit Recht sagen, dass Er auf dieser Erde nicht Hoherpriester war (s. Heb 7,14; 8,4). Aber erhöht von der Erde hat Er in den drei Stunden der Finsternis am Kreuz als Hoherpriester Sühnung bewirkt. Und jetzt ist Er als Hoherpriester tätig für die Seinen, die auf der Erde leben. Er hilft uns in unseren Schwierigkeiten und Schwachheiten, damit wir nicht sündigen. Und Er ist der Priester über das Haus Gottes, der uns Freimütigkeit zum Eintritt in das Heiligtum gibt, damit wir als Anbeter Gott nahen. Einmal wird Er als Hoherpriester erscheinen und den Segen Gottes für alle sichtbar auf diese Erde bringen. Dies wird durch Melchisedek vorgeschattet (s. 1.Mo 14,18-20).
Wenn wir Ihn als Apostel, der Gott geoffenbart hat, betrachten, dann erkennen wir etwas von Gott und lernen am Vorbild des Herrn Jesus, wie wir auf dieser Erde zur Ehre Gottes leben können. Wenn wir Ihn als Hohenpriester betrachten, dann verstehen wir, wie viel Hilfe, Erbarmen und Gnade uns auf unserem Weg zur Verfügung stehen. Wir werden glücklich und völlig ruhig im Vertrauen auf unseren großen Hohenpriester, der es übernommen hat, uns bis ans Ende unseres Weges zu bewahren und uns sicher ans Ziel zu bringen. Wie nötig haben wir diese Betrachtung, damit wir das Bekenntnis standhaft festhalten und nicht aufgeben (s. Heb 4,14; 10,23).
Auf die Galerie der Glaubenshelden aus Kapitel 11 folgen zwei weitere Aufforderungen, auf den Herrn Jesus zu schauen. Es geht jetzt für uns darum, in der Rennbahn unseren Glaubenslauf mit Ausharren bis zum Ende zu laufen, umgeben von einer Wolke von Männern und Frauen des Alten Testaments, die in ihrer Zeit Ausharren des Glaubens gezeigt haben. Doch unser Blick richtet sich nicht auf die Glaubenshelden alter Zeit, sondern auf den Herrn Jesus, der als Anfänger und Vollender des Glaubens vorgestellt wird.
Der Anfänger einer Sache (oder „Urheber“, wie das Wort in Apg 3,15 übersetzt wird) ist derjenige, der den ersten Schritt in dieser Sache tut. Das hat der Herr Jesus getan, als Er seinen Weg auf dieser Erde ging und das Werk am Kreuz vollbrachte. Doch Er wäre nicht der Anfänger, wenn Er alleine bleiben würde. Viele folgen Ihm, dem Anfänger, auf dem Weg des Glaubens. Als solche, die Ihm folgen, blicken wir auf den, der uns vorausgegangen ist und folgen seinen Fußspuren (s. 1.Pet 2,21).
Dabei haben wir eine großartige Perspektive, denn Er ist nicht nur der Anfänger, sondern auch der Vollender des Glaubens. Er hat das Ziel erreicht. Er ist auferstanden und jetzt verherrlicht zur Rechten Gottes. Jeder, der Ihn als seinen persönlichen Heiland im Glauben angenommen hat, der wird auch einmal dieses Ziel erreichen. Der Herr Jesus hat für sich selbst als Vollender des Glaubens schon das Ziel erreicht. Aber zugleich ist Er der Garant dafür, dass alle wiedergeborenen Christen ebenfalls das Ziel erreichen.
Was für ein Trost, was für eine Ausrichtung und was für eine Ermutigung geht von dieser Betrachtung des Herrn Jesus als Anfänger und Vollender des Glaubens aus!
Dabei übergeht Gott in seinem Wort nicht, dass wir als Christen auch durch eine ganze Reihe von Schwierigkeiten zu gehen haben. Auch bei den Hebräern war das so. Sie hatten Verfolgungen erleben müssen, einige waren ins Gefängnis gekommen und man hatte ihnen ihre Besitztümer weggenommen. Das übergeht Gott nicht ‒ Er spricht auch über diese Situationen.
Doch auch darin ist uns der Blick auf den Herrn Jesus eine große Hilfe. Er hat so großen Widerspruch von den Sündern gegen sich erduldet. So schlimm, wie es Ihn getroffen hat, trifft es uns nicht. Aber Er hat ausgehalten. Er ist seinen Weg bis zum Ende gegangen, Er hat sein Werk vollbracht und das Ziel erreicht. Er hat alles getan, was Ihm aufgetragen war und sitzt jetzt in der himmlischen Herrlichkeit zur Rechten Gottes. Für diese vor ihm liegende Freude hat Er das Kreuz erduldet.
Ja, Er hat den Widerspruch erduldet. Aber Er hat nicht aufgegeben. Er hat alles dem übergeben, der recht richtet. Er ließ sich nicht von dem Gehorsam gegenüber seinem Gott und Vater abbringen. Nichts und niemand konnte Ihn davon abhalten, den Willen Gottes zu tun. Darin ist Er uns Vorbild und Ansporn, damit auch wir nicht müde werden in unseren Seelen.
Müdigkeit in den Händen (im Dienst für den Herrn), in den Füßen (im Leben für Ihn) und in den Lippen (im Zeugnis für Ihn und im Lob Gottes) hat seine Ursache in der Ermattung der Seele. Wenn wir unser Herz nicht durch Gnade befestigen, wenn wir nicht mehr recht auf den Herrn Jesus blicken, dann werden wir müde in der Seele und alles andere wird folgen.
Jesus sehen ‒ das ist es, was wir brauchen. Das war der Wunsch der Griechen in Johannes 12 und das ist auch das Verlangen unser Herzen.
Ihn sehen, mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt. Das macht unsere Herzen glücklich, lässt uns seine Größe verstehen und richtet uns aus auf dem Weg, den wir hier gehen. Unser Blick wird von allen Schwierigkeiten weg auf seine Herrlichkeit und unser Ziel bei Ihm gelenkt.
Ihn betrachten als Apostel und Hohenpriester. Das lässt uns den Segen verstehen, den Gott durch Ihn zu uns gebracht hat, und die Hilfsquellen, die uns auf dem Weg zur Verfügung stehen.
Hinschauen auf Ihn, den Anfänger und Vollender des Glaubens. Das lässt uns sicher sein, dass wir das Ziel erreichen werden.
Und Ihn betrachten, der so großen Widerspruch erduldet hat. Das stärkt uns, in unseren Schwierigkeiten auszuhalten.
Deshalb ‒ „betrachtet den, der so großen Widerspruch von den Sündern gegen sich erduldet hat, damit ihr nicht ermüdet, indem ihr in euren Seelen ermattet“ (Heb 12,3).
Christian Rosenthal
Hinschauend auf Jesus –
auf nichts anderes, so wie der Grundtext so schön mit einem Wort (aphorõntes) sagt, das in unserer Sprache nicht mit einem entsprechenden Wort zu übersetzen ist. Die Bedeutung ist, dass wir unseren Blick von allem anderen abwenden und allein auf Ihn richten.
Das griechische Wort aphorõntes hat zwei Bestandteile:
Lies dazu noch: 4.Mose 21,8; 2.Chronika 20,12; Psalm 34,5; Johannes 1,36; 3,15.
Niklas würde so gerne mehr für seinen Herrn tun und den Gläubigen dienen. Aber leider ist er nicht so begabt wie sein Freund Clemens. „Dem fällt immer das richtige Wort zur richtigen Zeit ein“, denkt er manches Mal. Meike liegt es am Herzen, alte Schwestern zu besuchen und ihnen eine Freude zu bereiten, doch sie ist froh, wenn sie ihren Haushalt im Griff behält. Da bleibt keine Zeit mehr für anderes. „Wie Sonja das bloß alles schafft?“, hat sie sich schon mehr als einmal gefragt.
Wie viele Aufgaben, die der Herr durch uns getan haben wollte, sind wohl nicht getan worden, weil wir uns für nicht so begabt hielten wie Bruder X oder Schwester Y.
Auch der Apostel Petrus kannte den Blick auf den anderen. Als der Herr Jesus ihn nach seiner öffentlichen Wiederherstellung in Johannes 21 auffordert, Ihm nachzufolgen, gilt Petrus' erste Frage seinem Mitjünger Johannes. „Herr, was wird aber mit diesem?“, möchte er von dem Herrn wissen. Die Antwort des Herrn ist ebenso einfach wie wegeisend: „Folge du mir nach.“ Mit anderen Worten: „Petrus, was ich mit Johannes vorhabe, geht nur Johannes und mich etwas an. Für dich ist wichtig, was ich von dir möchte. Und darum folge du mir nach.“
Nicht mehr und nicht weniger. Der Mensch in Matthäus 25,14-30 vertraute seinen Knechten eine unterschiedliche Anzahl an Talenten an, mit denen sie handeln sollten. Und er berücksichtigte dabei die Fähigkeiten jedes Einzelnen. Ebenso hat der Herr uns ganz bewusst mit unterschiedlichen Aufgaben und Begabungen ausgestattet. Und Er wünscht von uns, dass wir Ihm mit unserer Begabung dienen, nicht mit der der anderen.
Wenn die Knechte auch ihrer Begabung entsprechend unterschiedlich viele Talente anvertraut bekamen, um mit ihnen zu handeln, erhielten sie am Ende doch den gleichen Lohn von ihrem Herrn, wenn sie mit den Talenten gehandelt hatten. Dabei fällt auf, dass nicht die Menge der hinzugewonnenen Talente belohnt wird, sondern die Treue, mit der jeder Knecht mit den ihm anvertrauten Talenten umgegangen ist. Der Lohn ist immer der gleiche: „Wohl du guter und treuer Knecht! Über weniges warst du treu, über vieles werde ich dich setzen; geh ein in die Freude deines Herrn“ (V.21.23).
Der Knecht, der seinem Auftrag nicht nachkam, wird nicht an dem gemessen, was die anderen aus ihren Begabungen gemacht haben, sondern einzig und allein daran, sein Talent nicht eingesetzt zu haben. Lasst uns deshalb nicht auf den anderen und seine Begabungen schauen, sondern auf den Herrn und Ihm mit den natürlichen Fähigkeiten und den geistlichen Gaben dienen, die er uns gegeben und anvertraut hat.
Ein besonders eindrückliches Beispiel gibt uns der Herr in Tabitha in Apostelgeschichte 9,36-43. Gottes Wort berichtet uns keine großen Reden von ihr, sie tat auch nichts, was in den Augen der Menschen dieser Welt herausragend war. Aber sie diente dem Herrn mit ihrer Begabung. Die Unterkleider und Gewänder, die die Witwen Petrus nach ihrem Tod zeigten, legen ein beredtes Zeugnis ihres Dienstes ab. Und die Trauer aller um Tabitha verdeutlicht die Wertschätzung und die Bedeutung ihres Dienstes.
Bei dem, was wir für den Herrn tun, kommt es also nicht darauf an, wie bedeutend oder unbedeutend die Aufgabe im Vergleich zu den Aufgaben anderer erscheint. Entscheidend ist vielmehr, genau das zu tun, was der Herr gerade von uns getan haben möchte und mit welcher Herzenseinstellung wir es tun. „Geh ein in die Freude deines Herrn“ (Mt 25,21.23). Das lohnt alle Mühen.
"Ihr aber, seid stark und lasst eure Hände nicht erschlaffen, denn es gibt Lohn für euer Tun!"
"Daher, meine geliebten Brüder, seid fest, unbeweglich, allezeit überströmend in dem Werk des Herrn, da ihr wisst, dass eure Mühe nicht vergeblich ist im Herrn."
Stefan Busch
Die Zeit in der Fremde nähert sich für Jakob seinem Ende zu. Aus dem einsamen Mann war das Haupt einer großen Familie geworden und aus dem mittellosen Flüchtling der Besitzer großer Herden. Trotz mancher notwendiger Züchtigung hatte Gott Jakob in Paddan-Aram doch auch sehr gesegnet.
Gott hatte Jakob gesagt, dass er in das Land seiner Verwandtschaft zurückkehren sollte. Er hätte sich im Vertrauen auf das Wort des Herrn von Laban verabschieden können wie einst der Knecht Abrahams (s. 1.Mo 24,54-60). Aber dazu war das Verhältnis der beiden Männer zu sehr gestört und zudem mangelte es Jakob an Gottvertrauen. So macht er sich heimlich mit seiner Familie und seinen Herden aus dem Staub. Heimliches Handeln ist eines Gläubigen unwürdig. Es ist das Kennzeichen eines schlechten Gewissens oder der Menschenfurcht.
Nach drei Tagen erfährt Laban von der Flucht Jakobs und nach einer siebentägigen Verfolgung holt er ihn ein. Er handelt und spricht sehr zurückhaltend mit Jakob, weil Gott ihm dies zuvor geboten hatte. Aber er tadelt doch die heimliche Flucht und bezichtigt Jakob des Diebstahls seiner Hausgötter. Ob Laban Jakob tatsächlich mit Freude und Musik verabschiedet hätte, wie er es ihm sagt, ist sehr fraglich. Seine Worte erinnern an das, was die Philister Isaak sagten (s. 1.Mo 26, 28-29) und lassen Heuchelei und fehlende Wahrhaftigkeit vermuten.
Jakob begründet sein heimliches Weggehen und fordert dann den Tod des Diebes der Hausgötter, ohne zu wissen, dass Rahel diesen Diebstahl begangen hatte. Wie gefährlich ist es, ohne genaue Kenntnis der Sachlage, vorschnell zu reden! Rahel gelingt es mit großer List, den gestohlenen Hausgötzen vor Laban zu verstecken, so dass die Suche vergeblich bleibt. Menschen kann man täuschen, nicht aber Gott, vor dessen Augen alles bloß und aufgedeckt ist (s. Heb 4,13). Dies zeigt uns auch die Geschichte Achans (s. Jos 7). Der gestohlene Teraphim wird uns in der Geschichte Jakobs noch einmal begegnen.
Nachdem Laban seinen Hausgötzen nicht gefunden hat, lässt Jakob seiner Entrüstung über die vermeintlich falsche Beschuldigung freien Lauf. Dabei spricht er von den Strapazen seiner Arbeit als Hirte bei Laban.
Hier erkennen wir eine weitere Art der Erziehung Jakobs in der Schule Gottes. Einerseits hatten die vielen Schwierigkeiten, die Jakob vonseiten Labans erleben musste, ihn doch an Gott denken lassen (31,42). Andererseits war Jakob geformt worden. In seiner Jugend war er ein sanfter Mann gewesen, der in den Zelten blieb (s. 1.Mo 25,27). Dieses Wesen war für die damalige Berufswelt des Mannes nicht gerade nützlich. Aber durch die harte Arbeit bei Laban lernt Jakob alles, was für den Hirtenberuf nötig war. Auch bei uns benutzt der Herr manchmal schwierige Umstände oder schwierige Menschen, um uns Dinge lernen zu lassen und um unsere Persönlichkeit zu formen. Oft werden wir dadurch zubereitet und für künftige Aufgaben geschickt gemacht.
Bevor Jakob und Laban auseinander gehen, treffen sie eine Vereinbarung. Jakob lässt dazu neben einem Denkmal aus einem Stein, das er aufgerichtet hat, einen Steinhaufen errichten, der als Zeuge dieser Vereinbarung dienen soll. Die erste Sorge Labans gilt seinen Töchtern. Gott würde Zeuge sein, falls Jakob sie bedrücken oder weitere Frauen zu ihnen hinzunehmen würde. Obwohl die Motive Labans rein natürlicher Art waren, können wir aus seinen Worten doch einiges lernen:
Dann schließt Laban mit Jakob eine Art Nichtangriffspakt. Zeigt dieser Pakt nicht, wie gestört das Verhältnis zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn noch immer ist? Uns wird gesagt, dass wir, soviel an uns liegt, mit allen Menschen in Frieden leben sollen (s. Röm 12,18). Wollen wir uns einmal fragen, wie unser Verhältnis zu unseren Schwiegereltern ist? Und nicht nur zu ihnen, sondern zu allen Menschen, zu denen wir in Beziehung stehen. Was sind unsere Beweggründe, wenn wir jemanden besuchen, sein Wohl oder unser Vorteil? Was sind die Beweggründe für das, was wir zueinander oder übereinander sagen? Mancher Schaden wäre nicht entstanden, wenn man sich vorher immer diese Fragen gestellt hätte. Auch die letzten drei Verse in Römer 12 sind sehr beachtenswert.
Das Denkmal in Bethel hatte Jakob am Ende seines ersten Lebensabschnittes aufgestellt, das Denkmal auf dem Gebirge Gilead markiert das Ende des zweiten Abschnitts seines Lebens. Diese Zeit bei Laban wurde durch zwei Prinzipien Gottes gekennzeichnet, die einander ergänzen: Einerseits die Tatsache, dass die Berufung und die Verheißung Gottes unbereubar sind, und andererseits die Wahrheit, dass Gott jeden Sohn, den er aufnimmt, züchtigt.
Wozu haben die Erziehungswege Gottes bei Jakob bis jetzt geführt? Aus dem sanften und vielleicht etwas verweichlichten Mann, der sich dem Vorschlag der Mutter, den Vater zu betrügen, nicht widersetzt, ist durch die Arbeit als Hirte ein gereifter Mann geworden, der seinem Schwiegervater widersteht und dem Ruf Gottes folgt, um wieder nach Hause zurückzukehren. Noch ist Jakob nicht am Ziel angelangt. Er vertraut Gott immer noch nicht völlig und versucht noch immer durch eigene Anstrengung und Überlegung das zu erreichen, was Gott für ihn vorgesehen hat. Gott wird ihn erst dann aus seiner Schule entlassen, wenn Jakob das Ziel erreicht hat.
Auch wir sind in der Schule Gottes. Zwei Gefahren können den Lernerfolg verzögern (s. Heb 12,5):
Stattdessen möchte Gott, dass wir durch sein erzieherisches Handeln geübt werden. Dann können die schönen Ergebnisse der Zucht Gottes erreicht werden, die Gottes Wort uns zeigt, und von denen zum Schluss noch einige angeführt werden sollen:
Diese Ergebnisse können uns dazu führen, uns der Trübsale zu rühmen.
Horst Zielfeld
Als Mose geboren wurde, war das für seine Eltern Amram und Jokebed ein bewegendes Ereignis. In die Freude über die Geburt eines gesunden Jungen mischte sich jedoch sofort die Sorge. Denn der Pharao von Ägypten hatte ja angeordnet, dass alle neugeborenen Söhne der Hebräer in den Nil geworfen werden sollten, um sie zu töten.
Was war jetzt zu tun? Jokebed sah, dass Mose schön war (s. 2. Mo 2,2). Nun ist normalerweise für jede Mutter ihr Kind ein schönes Kind. Doch aus der Apostelgeschichte wissen wir, worin diese Schönheit bestand: Mose war schön für Gott! (s. Apg 7,20)
Deshalb suchten die Eltern in dieser furchterregenden Situation einen Ausweg. Einerseits gehorchten sie dem Befehl des Pharao und gaben ihren Sohn in den Nil. Doch sie taten es erst nach drei Monaten. Und sie legten Mose in ein schützendes Kästchen aus Schilfrohr, das mit Erdharz und Pech verpicht war.
Gott lässt diese Glaubenstat nicht unbelohnt und schenkt den Eltern ihren Sohn wieder. Sie bekommen einige wenige Jahre Zeit, Mose weiter zu erziehen und zu prägen, ehe sie ihn endgültig der Tochter des Pharao übergeben müssen.
Wie genau Amram und Jokebed ihren Sohn in dieser Zeit erzogen haben, wissen wir nicht. Doch das Resultat ihrer Bemühungen in diesen wenigen Jahren ist unübersehbar. Augenscheinlich pflanzten sie Mose die Liebe zu Gott und zu seinem Volk ins Herz, weil sie wussten, dass dies am königlichen Hof nicht geschehen würde. Mose hat das nie vergessen und es prägte sein ganzes weiteres Leben.
Wenn Gott uns heute Kinder anvertraut, sind auch sie schön für Gott. Sollten wir da ein anderes Erziehungsziel haben als Amram und Jokebed? Sollten wir sie zu etwas anderem als der Liebe zu Gott und zu seinem Volk erziehen?
Stefan Busch
Erziehe den Knaben seinem Weg entsprechend; er wird nicht davon weichen, auch wenn er alt wird.
Die Gedanken dieses Artikels gehen von den Geschehnissen in 1. Mose 20 aus.
Offenbar ohne Gott zu fragen, bricht Abraham wieder in das Land des Südens auf (1.Mo 20,1).
Warum verlässt er den gesegneten Ort unter den Terebinthen Mamres, nahe bei Hebron, den Ort, wo er einen Altar gebaut und Gemeinschaft mit Gott erlebt hatte (s. Kap. 18,1.33)?
Abraham hatte dort ein besonderes Treffen mit drei Männern gehabt, mit dem Herrn und den beiden Engeln. Der Herr hatte ihn wissen lassen, was er den Städten Sodom und Gomorra wegen ihres sündigen Treibens zu tun gedachte (s. Kap.18,17). Und Abraham hatte sich vor Gott als Fürsprecher für die Gerechten in diesen Städten und damit auch für Lot und seine Familie verwandt (Kap.18,22ff.).
Zugleich hatte Abraham zum wiederholten Mal die beglückende Zusage eines Nachkommen erhalten, verbunden mit dem Hinweis, dass Sara im nächsten Jahr einen Sohn haben würde (s. Kap. 18,10). Was für eine wunderbare Aussicht – nach fast 25 Jahren des (mehr oder weniger) geduldigen Wartens!
Bereits Jahre zuvor hatte Abraham sich schon einmal ohne ersichtlichen Grund von der Stätte des Altars zwischen Bethel und Ai entfernt und war weiter nach Süden gezogen (s. Kap.12,9). Trotz der aufkommenden Hungersnot ‒ einem deutlichen Warnsignal Gottes ‒ hatte er sich nicht davon abhalten lassen, immer weiter bis nach Ägypten hinabzuziehen.
Bereits damals hatte er seine Frau aufgefordert: „Sage doch, du seist meine Schwester“ (12,13). Es war allein Gottes Gnade gewesen, dass Pharao, nachdem er Sara in sein Haus geholt hatte, mit großen Plagen geschlagen und so Schlimmeres verhindert wurde (s. Kap. 12,17).
Jetzt wohnte Abraham zwischen Kades und Sur und hielt sich in Gerar auf. Der Philisterkönig Abimelech herrschte dort. Und wieder ließ Abraham verlauten: „Sara ist meine Schwester“ (V.5).
Es war zwar die halbe Wahrheit – aber eine ganze Lüge (V.12). Warum sagte er so etwas wieder und setzte Sara den gleichen Gefahren aus wie damals in Ägypten – und tat „Dinge, die nicht getan werden sollten“ (V.9)? Hatte Abraham denn nichts aus der zuvor erlitten Niederlage gelernt? In welche Gefahren brachte er seine Frau, der Gott doch die nahe Erfüllung der Verheißung des Nachkommen versprochen hatte (Kap. 18,10).
Abrahams Handeln lässt uns erschrecken. Sein Verhalten zeigt, was das Fleisch auch in einem Glaubensmann ist: Unverbesserlich!
Wir lernen: Fleisch bleibt Fleisch (s. Joh 3,6). Wir können unsere alte sündige Natur nicht im Geringsten verbessern oder veredeln – und sollen es auch nicht versuchen. Es führt nur zur Niederlage.
Hinzu kommt, dass Satan mit seinen Listen ein Bundesgenosse unserer alten Natur ist, in der nichts, aber auch gar nichts Gutes wohnt (s. Röm 7,18). Die Gesinnung des Fleisches ist Feindschaft gegen Gott, es ist den gerechten und heiligen Ansprüchen Gottes nicht untertan und vermag es auch nicht (s. Röm 8,7).
Wieder wurde Sara an den Hof des Königs geholt. Sie war immer noch schön von Gestalt.
Es ist nicht auszudenken, welche furchtbaren Folgen es gehabt hätte, wenn Gott in seiner Gnade nicht wieder eingegriffen hätte:
„Und Gott kam zu Abimelech in einem Traum der Nacht und sprach zu ihm: Siehe, du bist des Todes wegen der Frau, die du genommen hast; denn sie ist eines Mannes Ehefrau“ (V.3).
„Du bist des Todes“ lautet die ernste Warnung Gottes – auch heute. Denn: „Hurer und Ehebrecher wird Gott richten“ (Heb 13,4).
Ja aber – wendet jemand ein – wir sind doch Gottes Kinder und jede Sünde kann doch vergeben werden! Ist unser Gott denn nicht sogar „reich an Vergebung?“ (Jes 55,7)
Es ist richtig, dass unser ewiges Heil in dem Herrn Jesus und seinem Opfer sicher bleibt und dass auch jede Sünde nach einem aufrichtigen Bekenntnis vor Gott und den Menschen vergeben werden kann (s. 1.Joh 1,9) – aber denken wir auch an die Folgen! Warnt uns doch Gottes Wort ernstlich: „Was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten“ (Gal 6,7).
Selbst im Fall Abimelechs, der zunächst meinte, in Lauterkeit seines Herzens und in Unschuld seiner Hände zu handeln (s. 1.Mo 20,5), sagt Gott mit großem Ernst und unmissverständlich: „Wenn du sie aber nicht zurückgibst, so wisse, dass du sterben musst“ (V.7).
Im Buch der Sprüche gibt der weise Salomo „einsichtsvolle Unterweisung, Gerechtigkeit und Recht und Geradheit; um Einfältigen Klugheit zu geben“ (Spr. 1,3).
So belehrt er: „Mein Sohn, bewahre meine Worte…“ und warnt ernstlich vor einem ehebrecherischen Weg: Die Ehefrau eines anderen „verleitete ihn durch ihr vieles Zureden, riss ihn fort durch die Glätte ihrer Lippen. Auf einmal ging er ihr nach, wie ein Ochse zur Schlachtbank geht und wie Fußfesseln zur Züchtigung des Narren dienen, bis ein Pfeil seine Leber zerspaltet; wie ein Vogel zur Schlinge eilt und nicht weiß, dass es sein Leben gilt“ (Spr 7,1.21-23).
Bachten wir: Tod bedeutet Trennung. Im übertragenen Sinn: Verlust des Genusses unserer Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn. Und damit abgeschnitten von der Freude, die er uns so gerne schenken will.
Die Versuchungen sind heute vielfältig. Die neuen Medien sind überall präsent, ob auf Bildschirm oder Handydisplay, zuhause oder unterwegs, zu jeder Tages- und Nachtzeit.
Oft ist der moralische Schmutz nur einen „Mausklick“ weit entfernt. Seien wir uns der besonderen Gefahren des Internets bewusst.
Der Herr schaut uns über die Schultern! Wehren wir den Anfängen! Denn: „Wenn die Begierde (Lust der Augen) empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod“ (Jak 1,15). Es ist „ein Weg der Mühsal“ – ein „Weg der zum Schmerz führt“! (Ps 139,24).
Im Kontakt mit dem anderen Geschlecht, auch im Kollegenkreis, können wir schnell eine „rote Linie“ überschreiten. Scheinbar fing doch alles so harmlos an. Vielleicht wollte man „ihr“ auch nur „nähertreten“, um sie mit dem Evangelium bekannt zu machen. Welch eine törichte Selbstüberschätzung.
Wir sprechen zu Recht davon, dass wir einen „Weg der Absonderung“ gehen (2.Kor 6,17). Wir sind zwar noch in der Welt, aber nicht von der Welt! (s. Joh 17,14). Beachten wir das immer in dem, was wir tun, wie wir handeln?
Wenn wir beispielsweise meinen, bei Betriebsausflügen „immer dabei sein“ zu müssen, zeigen wir dann deutlich einen Wandel „in Gottseligkeit und würdigem Ernst“ (1.Tim 2,2)? Erkennen wir den Zeitpunkt, wo wir uns verabschieden sollten?
Wie gut: Abimelech hatte Sara noch nicht „berührt“! Gott sagt ihm im Traum: „… so habe ich dich auch davon abgehalten, gegen mich zu sündigen; darum habe ich dir nicht gestattet, sie zu berühren“ (V.6).
Ob der Apostel Paulus diese Worte aufgegriffen hat, wenn er in seinem Brief an die Korinther schreibt, dass es gut für einen Menschen ist, keine Frau zu „berühren“ – und dass deshalb jeder seine eigene Frau usw. haben sollte (s.1.Kor 7,1)?
Er verbindet jedenfalls damit die ernste Warnung: „Flieht die Hurerei!Jede Sünde, die ein Mensch begehen mag, ist außerhalb des Leibes; wer aber hurt, sündigt gegen seinen eigenen Leib. Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euer selbst seid? Denn ihr seid um einen Preis erkauft worden; verherrlicht nun Gott in eurem Leib“ (1.Kor 6,18-20).
Noch einmal will Gott uns in seiner Gnade durch die Geschichte Abrahams warnen, denn „alles, was zuvor geschrieben worden ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben“ (Röm 15,4).
Wie können wir in solch einer Welt, wo die Versuchungen an allen Ecken lauern, bewahrt bleiben?
Denken wir an diese Bewahrungsmittel: Gebet, Gottes Wort und Gemeinschaft!
Der Herr Jesus ermuntert uns: „Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt“ (Mt 26,41).
Kennen wir alle noch das kniende morgendliche Gebet, als Ausdruck unserer Abhängigkeit von Gott (s. Ps 5,4; Dan 6,11)? Gehen wir unter Gebet durch den Tag mit der Bitte zum Herrn Jesus: „Wende meine Augen ab, dass sie Eitles nicht sehen“ (Ps 119,37)? Lesen wir täglich mit Freude in unserer Bibel? Der Psalmist ist uns Vorbild: „In meinem Herzen habe ich dein Wort verwahrt, damit ich nicht gegen dich sündige“. Dann werden wir auch die Erfahrung machen: „Deine Zeugnisse … sind die Freude meines Herzens“ (Ps 119,11.111).
Nicht zuletzt ist auch die Gemeinschaft der Kinder Gottes untereinander ein Bewahrungsmittel – insbesondere das Zusammenkommen als Versammlung zu dem Namen unseres Herrn Jesus.
Wer beständig den Blick auf den Herrn Jesus in der Herrlichkeit richtet, wird nicht sündigen – er wird vielmehr „gekräftigt mit aller Kraft nach der Macht seiner Herrlichkeit“ (Kol 1,11).
Hinschauend auf Jesus –wegschauend von allem – aufschauend nach oben – ist das Geheimnis eines gesegneten Lebens (s. Heb 12,2)!
Friedhelm Müller
"Bewahre mich, Gott, denn ich suche Zuflucht bei dir!"
Es gibt auf dieser Erde wohl kaum etwas Schöneres, als wenn zwei Menschen, die im Herrn Jesus verbunden sind, ihren Weg gemeinsam gehen möchten. Den Weg gemeinsam, d.h. miteinander und füreinander zu gehen, ist eine wunderbare Sache. Deshalb möchte ich Euch dazu gerne einige Denkanstöße mit auf den Weg geben. Diesen Denkanstößen wollen wir ein bekanntes Bibelwort des weisen Salomo voranstellen:
"Zwei sind besser daran als einer, … und eine dreifache Schnur zerreißt nicht so schnell."
Nachstehende Gedanken gehen auf eine Ansprache anlässlich einer Hochzeit zurück. Sie sind für die schriftliche Wiedergabe leicht überarbeitet, dennoch bewusst in der direkten Rede belassen worden.
„Zwei sind besser daran als einer“ – so sagt es die Bibel. Menschen sind darauf angelegt, in Gemeinschaft mit anderen zu leben. Die höchste Form dieser Gemeinschaft auf der Erde ist die Ehe. Gott hatte zu Adam gesagt: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen“ (1.Mo 2,18). Sich gegenseitig eine Hilfe zu sein ist ein Miteinander, das Gott segnen möchte.
In der Welt spricht man gerne von Partnerschaft. Dieser Ausdruck ist durchaus zutreffend, vorausgesetzt, man versteht darunter nicht das lockere Zusammenleben von zwei Menschen ohne Trauschein. Eine Ehe besteht aus zwei gleichwertigen (jedoch nicht gleichartigen) Partnern, die gemeinsame Ziele verfolgen.
Es ist wie ein „Tandem“, das – mit unterschiedlichen Schwerpunkten – gemeinsam an einer bestimmten Aufgabe arbeitet. In einem solchen „Tandem“ gibt es verschiedene Aufgaben. Einer ist jedoch für den anderen da und hilft ihm – immer im Interesse des gemeinsamen Ziels.
Ihr seid jetzt keine „Einzelkämpfer“ mehr, sondern geht Euren Weg gemeinsam. Salomo fügt hinzu: „... und eine dreifache Schnur zerreißt nicht so schnell“. Was ist damit gemeint? Ich glaube, Ihr wisst es gut. Der Dritte im Bund – oder besser gesagt: der Erste in Eurer Ehe – ist niemand anders als der Herr Jesus.
Den Weg gemeinsam, d.h. füreinander und miteinander zu gehen, funktioniert nur dann gut, wenn der Herr Jesus mit im Boot ist und das Sagen hat. Partnerschaft und Liebe zueinander allein genügen nicht, um glücklich verheiratet zu sein. Zum wirklichen Glück und zur bleibenden Freude brauchen wir Ihn.
Das Wort EHE besteht in der deutschen Sprache aus drei Buchstaben. Rechts und links steht ein „E“. Das seid Ihr beiden. In der Mitte steht das „H“. Das ist der Herr. Um gemeinsam eine Einheit „im Herrn“ zu sein, braucht Ihr zuerst eine persönliche Lebensbeziehung zum Herrn Jesus. Das ist die Grundvoraussetzung.
Doch ab jetzt lebt Ihr nicht nur persönlich mit Eurem Herrn, sondern Ihr dürft es nun gemeinsam mit Eurem Herrn tun. Das „H“ steht immer in der Mitte. Die beiden „E“ sind immer durch das „H“ miteinander verbunden.
Und selbst dann, wenn ein „E“ mal auf dem Kopf steht (oder manchmal vielleicht sogar beide), das „H“ bleibt immer gleich. Man kann es nicht auf den Kopf stellen. Selbst wenn Ihr es herumdreht, es bleibt immer ein „H“. Derjenige, der Euch verbindet, ändert sich einfach nicht. Auf Ihn könnt Ihr immer fest bauen.
Der Apostel Johannes spricht von der Gemeinschaft, die wir untereinander und mit dem Herrn Jesus bzw. unserem himmlischen Vater haben (s. 1.Joh 1,3). Dabei fügt er die Worte hinzu:
„Und dies schreiben wir euch, damit eure Freude völlig sei“
Wirkliche und echte Freude finden wir nur in Verbindung mit dem Herrn Jesus, sei es im persönlichen, sei es im gemeinschaftlichen Leben. Das ist – bezogen auf die Ehe – die dreifache Schnur.
Ihr seid nicht nur horizontal miteinander verbunden, sondern Ihr seid gleichzeitig vertikal nach oben mit dem Herrn verbunden – und das gibt Eurer Ehe wirkliches Fundament.
Grundsätzlich können wir uns drei Arten von Zusammenleben in der Ehe vorstellen:
Die erste Art ist, dass man gegeneinander lebt. Leider gibt es heute mehr Ehen als wir denken, in denen man so lebt und arbeitet. Nicht umsonst steigt die Zahl der Ehen, die schon nach kurzer Zeit kaputt sind und geschieden werden, rapide an. Dabei ist die Zahl der tatsächlich geschiedenen Ehen nur die Spitze des Eisberges. Gegeneinander zu leben ist eine Katastrophe, die nur im Desaster enden kann. Denken wir nicht, dass es so etwas in christlichen Ehen nicht gibt. Wo der Herr Jesus nicht wirklich Mittelpunkt einer Ehe ist, kann man schneller gegeneinander leben, als man meint.
Die zweite Art ist, dass man nebeneinander lebt. Das geschieht ebenfalls in vielen Ehen. Man hat sich miteinander arrangiert, man respektiert den anderen im gewissen Sinn, dennoch geht man am liebsten seinen eigenen Interessen nach. Nach außen sieht alles ganz gut aus, nach innen hat man sich nicht besonders viel zu sagen. Sicher ist das besser als gegeneinander zu leben, doch Gottes Plan für eine sinnerfüllte Ehe ist ganz anders. Er möchte uns jedenfalls mehr geben.
Damit kommen wir zur dritten Art und Weise, wie wir eine Ehe führen können, und diese Art der Eheführung wünschen wir Euch beiden von ganzem Herzen. Der vortrefflichste Weg in der Ehe ist miteinander und füreinander zu leben. Dann geht einer auf die Interessen des anderen ein, hilft ihm und hat das Wohl des anderen im Auge.
Dazu wollen wir uns an fünf kurze Bibelstellen erinnern und sie auf die Ehe anwenden:
Geht Euren gemeinsamen Weg miteinander, geht ihn füreinander, geht ihn ganz besonders mit Eurem Herrn. Dann werdet Ihr erleben, was Gott seinem irdischen Volk versprochen hat, dass Eure Tage werden wie „Tage des Himmels über der Erde“ (5. Mo 11,21).
Lukas 24 berichtet über die beiden Jünger, die nach Emmaus gingen. Ohne jetzt den besonderen Zusammenhang zu beachten, möchte ich abschließend nur darauf hinweisen, dass die beiden zusammen gingen, dass sie sich miteinander unterhielten und dass sie miteinander überlegten. Dann sagt uns der göttlich inspirierte Bericht, dass „Jesus selbst sich näherte und mit ihnen ging“ (V.15). Das wünschen wir jedem persönlich, denn darin liegt wirkliches Glück und echte Freude. Wir wünschen es jetzt aber ganz konkret. Euch beiden zusammen. Vergesst es nicht:
„Eine dreifache Schnur zerreißt nicht so schnell.“
Ernst-August Bremiker
„Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters”
Mit diesen Worten, die der Herr seinen elf Jüngern während der 40 Tage zwischen seiner Auferstehung und seiner Himmelfahrt zugerufen hat, schließt das Matthäusevangelium. Diese wunderbare Verheißung gilt zunächst den Glaubenden aus dem irdischen Volk Gottes in zukünftiger Zeit. Aber wir dürfen sie auch für uns in Anspruch nehmen, da sie alle Tage und bis zur Vollendung des Zeitalters, d.h. bis zum Ende des Tausendjährigen Reiches, gültig ist.
Wir wollen diese Aussage einmal in 5 Abschnitte unterteilen und diese einzeln betrachten.
Lass dich mit diesen Worten ermuntern.
Horst Zielfeld