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...denn außer mir könnt ihr nichts tun

Zeitschrift für die christliche Familie

Warum krank?

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Die Frage, warum wir krank werden, ist nur zu verständlich, denn niemand ist gerne krank. Und doch gehören Krankheiten zu unserem Leben als Menschen. Von manchen Krankheiten genesen wir schnell. Manchmal dauert der Heilungsprozess länger. Und manchmal besteht keine Hoffnung auf Gesundung. Die Frage nach dem „Warum“ stellt sich dann umso mehr.

In Johannes 9 begegnet der Herr einem Mann, der von Geburt an blind ist. Menschlich gesprochen ein hoffnungsloser Fall. Noch nie war ein blind geborener Mensch sehend geworden. Die Jünger stellen ihrem Meister eine Frage, die typisch für ihr jüdisches Denken ist. Sie wollen wissen, warum dieser Mann blind ist. Für sie gibt es nur zwei mögliche Antworten: Entweder hat er selbst gesündigt oder seine Eltern (s. Joh 9,2).
In seiner Weisheit antwortet der Herr: „Weder dieser hat gesündigt noch sei­ne Eltern“ (Joh 9,3). Damit stellt der Herr nicht in Abrede, dass Krankheiten grundsätzlich eine Folge des Sündenfalls sind. Denn das ist tatsächlich so. Wir können sicher sein, dass Adam und Eva im Paradies nicht krank gewesen sind.
Im Fall des Blindgeborenen geht es jedoch darum, dass die Blindheit des Mannes nicht durch eine konkrete Sünde hervorgerufen wurde, sondern eine andere Ursache hatte. Die Jünger mussten lernen, umzudenken.

Ursachen für Krankheiten

Die Frage nach der Ursache von Krank­heit und Leid bewegt viele Men­schen. In zahlreichen menschlichen Re­ligionen besteht ein enger Zusam­menhang zwi­schen Fehlverhalten und Krankheit. Wer leidet, muss etwas falsch gemacht haben (s. z. B. Apg 28,4). Die Freunde Hiobs gingen ebenfalls davon aus. Und tatsächlich gibt es auch Christen, die so denken. Doch so einfach ist das nicht.
Dabei ist es unbestritten, dass die Bibel von Krankheiten spricht, die durch konkrete Sünden hervorgerufen wor­den sind (s. z. B. 1. Kor 11,30). Doch das ist keineswegs ein Automatismus. Leid und Not können ganz unterschiedliche Ursachen haben, die wir manchmal nicht genau erkennen und unterschei­den können. Deshalb sollten wir, vor allem dann, wenn es sich nicht um uns selbst handelt, mit einer Beurteilung äußerst vorsichtig sein.
Im Fall des blind geborenen Mannes benennt der Herr den Grund. Er fügt seiner Aussage, dass die Ursache nicht eine konkrete Sünde ist, hinzu: „… sondern damit die Werke Gottes an ihm offenbart würden“ (Joh 9,3). Im konkreten Zusammenhang des Kapitels geht es darum, dass die Menschen die Werke des Sohnes Gottes ablehnten, der als das Licht in die Welt gekommen war. Doch unabhängig davon wirft die Antwort des Herrn Licht auf die Frage nach der möglichen und vielleicht tiefsten Ursache von Krankheit und Leid.

Gottes Absichten in allem

Gott hat seine eigenen und weisen Grün­de dafür, dass Er Krankheit und Leid zulässt. Es ist möglich, dass Er schwie­rige Umstände schickt, um et­was von sich zu zeigen und sich selbst zu verherrlichen. So war es im Fall der Krankheit (und sogar des To­des) von Lazarus (s. Joh 11,4). So war es im Zusammenhang mit dem Tod von Petrus (s. Joh 21,19). So war es in einem gewissen Sinn auch bei der Bedrängnis des Apostels Paulus (s. 2. Kor 12,9).
Und auch der Bettler wurde blind geboren, damit die machtvollen Werke Gottes in der Heilung sichtbar werden sollten und der Sohn Gottes dadurch verherrlicht werden konnte. Die kurze Aussage des Erlösers an seine Jünger enthält ohne Frage großen Trost für uns, wenn wir krank sind oder durch andere Schwierigkeiten gehen.
Es kann sein, dass Gott in seiner Re­gierung mit uns handelt, weil wir et­was falsch gemacht haben. Es kann jedoch ebenfalls sein, dass Er sich verherrlichen möchte. Wie Er das tut, überlassen wir Ihm. Damals griff Er auf­sehenerregend ein und zum ersten Mal überhaupt wurde ein Mensch, der blind zur Welt gekommen war, sehend. Heute handelt Gott meistens weniger spektakulär. Dennoch handelt Er im­mer wunderbar, wenn Er sich verherrlicht und seine Werke offenbar werden.

Einmal werden wir verstehen

Es ist denkbar, dass wir das Handeln Gottes nicht sofort erkennen. Vielleicht geschieht dies erst nach vielen Jahren. Spätestens jedoch am Richterstuhl des Christus wird jede Frage nach der Ursache von Krankheit, Leid und Not beantwortet werden und das wird dazu beitragen, dass Gott verherrlicht wird.
Im konkreten Fall müssen wir nicht krampfhaft fragen, warum Gott etwas zulässt, das uns nicht gefällt und wann Er uns Erleichterung schenkt. Es mag sein, dass wir Gottes Absicht hinter sei­nem Handeln mit uns erkennen. Häufig wird es jedoch nicht der Fall sein. Das muss uns nicht beunruhigen. In jedem Fall aber dürfen wir uns im Gebet vertrauensvoll in seine Hand legen und sollten das Bewusstsein dessen nicht verlieren, dass Er uns liebt, dass Er uns beisteht und dass Er eine konkrete Absicht hat. Wir wissen, dass alles, was uns begegnet, zu unserem Guten mitwirkt (s. Röm 8,28). Paulus sagt hier nicht, dass wir es verstehen, sondern dass wir es wissen (und somit glauben). Wir müssen nicht alles verstehen, son­dern dürfen Gott vertrauen.

Ernst-August Bremicker

Die Tränen Josephs

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Bis zum Alter von etwa 30 Jahren (s. 1. Mo 41,46) durchlebte Joseph schwierige Zeiten. Beneidet und gehasst von seinen Brüdern und unverstanden von seinem Vater, hatte er bereits als Jugendlicher kein unbeschwertes Leben. Als er sich nach dem Wohlbefinden seiner Brüder erkundigen wollte, warfen sie ihn zunächst in eine Grube und verkauften ihn dann als Sklaven an midianitische Kaufleute (s. 1. Mo 37). Wir würden das heute als ein traumatisches Erlebnis bezeichnen.

Später in Ägypten angekommen, versah Joseph in großer Treue seinen Dienst im Haus Potiphars. Von dessen böser Frau wurde er verleumdet und landete ungerechterweise im Gefängnis. Auch dort diente er in Treue. Durch die Offenbarung Gottes konnte er die Träume der bei­den gefangenen Hofbeamten des Pha­raos deuten. Allerdings vergaß der Oberste der Mundschenken nach sei­ner Freilassung Josephs Bitte um Befreiung aus seiner ungerechten Gefan­genschaft. Das war eine weitere Enttäuschung für den jungen Mann, der in Treue zu Gott gehandelt hatte (s. 1. Mo 39 und 40).
Die Bibel berichtet nichts davon, dass Joseph in diesen herausfordernden Um­ständen unwillig oder unzufrieden gewesen sei. Obwohl er in Treue zu Gott handelte, schien alles zu seinem Nachteil zu führen. Wir lesen außer in dem Rückblick der Brüder in 1. Mose 42,21 auch nicht, dass Joseph traurig[1] gewesen wäre oder dass er Gott Vorwürfe wegen seiner schwierigen Situation gemacht hätte.
Joseph nahm alle diese Prüfungen in großer Geduld und im Vertrauen auf Gott an – wir lesen nichts davon, dass er aufbegehrte oder haderte. War er deshalb empfindungslos oder ignorant? Nein, das war er nicht. Ein Beleg dafür waren die Tränen, die er beim Wiedersehen mit seinen Brüdern in Ägypten vergoss, als sie zu ihm kamen, um Nahrung bei ihm zu kaufen.

Tränen beim ersten Wieder­sehen mit seinen Brüdern

„Und er wandte sich von ihnen ab und weinte. Und er kehrte zu ihnen zurück und redete zu ihnen; und er nahm Si­meon aus ihrer Mitte und band ihn vor ihren Augen“.
(1. Mo 42,24).

Joseph forderte von seinen Brüdern, dass sie ihren jüngsten Bruder Ben­jamin nach Ägypten bringen sollten, um ihre Wahrhaftigkeit zu prüfen (s. 1. Mo 42,20). Benjamin war der zweite Sohn Rahels, der Lieb­­lings­­frau Jakobs, und wurde deshalb von seinem Vater Jakob besonders geliebt. Die Brüder sahen diese For­derung als Strafe für ihr Fehlverhalten gegenüber Joseph an, weil sie ihn damals verkauft und dem Vater vermittelt hatten, dass Jo­seph wohl von einem Tier getötet worden sei. Die Reue der Brüder rühr­te Joseph zu Tränen.
Es sollte uns ansprechen, wenn ein ­er­s­­tes Signal der Umkehr von solchen, die dem Herrn Jesus nicht mehr oder noch nicht nachfolgen, erkennbar ist. Ein freudiges Hoffen erfüllt das Herz, dass der Herr weiter an ihnen wirken möge. Oder sind wir eher über das Leid traurig, dass uns angetan wurde? Joseph dachte in diesem Augenblick wohl nicht an sich, sondern an seine Brüder.

Tränen beim Wiedersehen mit Benjamin

„Und Joseph eilte (denn sein Innerstes wurde erregt wegen seines Bruders) und suchte einen Ort, um zu weinen; und er ging in das innere Gemach und weinte dort“.
(1. Mo 43,30)

Benjamin zog nun mit seinen Brüdern nach Ägypten. Sein Vater hatte dem Drän­gen der Brüder nachgegeben. Die Hungersnot war groß und Juda hat­te sich in Bezug auf seinen jüngsten Bruder beim Vater für ihn verbürgt. Be­reits bei der Ankunft der Brüder hat­te Joseph gesehen, dass Benjamin mit­gekommen war (s. 1. Mo 43,16). Vielleicht hatte Joseph schon sehnlich auf die An­kunft der Brüder gewartet und insbesondere auf das Wiederse­hen mit Benjamin. Als Joseph dann Benjamin ge­genüberstand, wurde sein Innerstes bewegt und er zog sich zu­rück, da er weinen musste.
Es waren sicher Tränen der Wiedersehensfreude bei Joseph. Ob er sich wohl in den vergangenen Jahren um Benjamin gesorgt hatte, wenn er da­r­an dachte, wie seine Brüder sich dem Jüngsten gegenüber verhalten wür­den? Würden sie Benjamin genauso niederträchtig behandeln, wie sie es bei ihm gemacht hatten? Nun stand sein Bruder wohlbehalten vor ihm: welche Freude und Erleichterung für Joseph! Aus dem Jungen war ein Mann geworden, der wie Joseph ein be­son­derer Gegenstand der Liebe des al­ten Jakob war. Aber noch konnte er sich sei­nen Halbbrüdern und Benjamin nicht zu erkennen geben, deshalb wa­ren es Tränen im Verborgenen.
Wir können das gut nachvollziehen. Ein geliebter Mensch, vielleicht ein na­her Angehöriger, begegnet uns nach vielen Jahren. Wir haben ihn seit Langem im Gebet dem Herrn gebracht und um seine Bewahrung gebetet, da wir um ihn besorgt waren – und nun steht er vor uns und die Gefühle überwältigen uns, so dass Tränen fließen.

Tränen nach erkennbarer Einsicht

„Und er erhob seine Stimme mit Wei­nen; und die Ägypter hörten es, und das Haus des Pharaos hörte es“.
(1. Mo 45,2)

Juda gab einen umfassenden Bericht und eine Begründung, warum er nicht ohne Benjamin zu seinem Vater würde zurückkehren können. Darin wird auch deutlich, dass Juda Empfindungen für seinen Vater Jakob hatte und anders dachte und handeln wollte als früher. Er befürchtete wohl, dass sein Vater den Schock nicht überleben würde, wenn sie ohne Benjamin zurückkehren würden (s. 1. Mo 42,38; 44,34). Daraufhin schickte Joseph alle hinaus, so dass er mit seinen Brüdern allein war. Bei der nun folgenden Szene sollten keine „Zaungäste“ dabei sein. Jetzt konnte sich Joseph seinen Brüdern zu erkennen geben und musste seine Tränen nicht mehr verbergen. Die Be­stürzung der Brüder darüber, dass der Vizekönig Ägyptens ihr verkaufter, viel­leicht tot geglaubter Bruder war, ist nur zu verständlich.
Wenn Sünder ihre Sünden bekennen, ist Freude darüber die angemessene Reaktion eines Christen, auch wenn die Sünden sich gegen ihn selbst gerichtet haben. Rachegefühle oder Gedanken wie „das geschieht ihm/ihr/ih­nen nur zu Recht“ sind für gläubige Christen unangemessen. Das Vorbild unseres Herrn uns gegenüber ist diesbezüglich nur zu deutlich und sollte solche Überlegungen im Keim ersticken.

Weinen mit seinem Bruder Benjamin

„Und er fiel seinem Bruder Benjamin um den Hals und weinte; und Benjamin weinte an seinem Hals“.
(1. Mo 45,14).

Nachdem Joseph in Liebe und Güte zu seinen Brüdern gesprochen und ihnen das Wirken Gottes vorgestellt hatte, welches auch in Josephs Stellung in Ägypten sichtbar wurde, wollte er nun, dass sein Vater Jakob auch dorthin kommen sollte. Zur Motivation des Vaters, diese lange Reise auf sich zu nehmen, sollten die Brüder und ins­besondere Benjamin als Zeugen dienen (s. 1. Mo 45,12). Am Ende seiner Ausführungen fielen sich die beiden Brü­der, Joseph und Benjamin, um den Hals und weinten.
Sicherlich hatten die beiden Brüder ei­ne besondere Beziehung sowohl zum Vater als auch zueinander, da sie die beiden Söhne von Jakobs geliebter Frau Rahel waren. Die Empfindungen Josephs, die bei der Ankunft der Brüder noch verborgen waren, konnten nun einander gezeigt werden.

Weinen mit seinen Brüdern

„Und er küsste alle seine Brüder und weinte an ihnen; und danach redeten seine Brüder mit ihm“.
(1. Mo 45,15)

Im Anschluss an diese besondere Begegnung mit Benjamin weinte Joseph auch mit all seinen anderen Brüdern. Es wird sogar ausdrücklich gesagt, dass er sie küsste. Dieses Zeichen der Zuneigung und Liebe mag erstaunen, da die Brüder Joseph in der Vergangenheit gehasst und ihm viel Leid zugefügt hatten. Aber nach dem Bekenntnis konnte die Liebe ungehindert gezeigt werden; eine Liebe zu seinen Brüdern, die längst vorher da war, aber jetzt erst offenbart werden konnte.
Es mag erstaunen, dass Benjamin am Hals Josephs weinte, nicht aber die anderen Brüder. Die Beziehung der Brüder zu Joseph war eher von Respekt und Furcht als von Bruderliebe geprägt. Darin lag ein wesentlicher Unterschied der Herzenseinstel­lung Josephs und seiner Brüder. Gerne dürfen wir dem Beispiel Josephs fol­gen: Liebe zu unseren Brüdern (und Schwestern) zu haben, auch wenn sie sich uns gegenüber nicht liebenswert verhalten (haben).

Weinen am Hals des Vaters

„Da spannte Joseph seinen Wagen an und zog hinauf, seinem Vater Israel entgegen nach Gosen; und als er ihn sah, fiel er ihm um den Hals und weinte lan­ge an seinem Hals“.
(1. Mo 46,29)

Endlich war der Moment gekommen, in dem Joseph mit seinem alten Vater zusammentraf. Joseph hatte vermutlich auf ein solches Wiedersehen gehofft, doch Jakob hatte ihn für tot ge­halten. Doch jetzt kam Jakob im hohen Alter von 130 Jahren mit seiner ganzen Fa­milie aus Beerseba nach Gosen in Ägyp­ten. Als Joseph diese Information erhielt, reiste er seinem Vater entgegen. Joseph wartete nicht, bis Jakob bei ihm angekommen wäre.
Dieses Entgegenkommen war ein Akt der Liebe, die voller Erwartung ist, den Gegenstand der Liebe schnellstmög­lich zu sehen. Vielleicht kannte Joseph auch die Begebenheit von seinem Groß­vater Isaak, der seiner noch un­bekannten Braut Rebekka ent­gegen­ging, als diese mit dem Knecht Ab­ra­hams aus Mesopotamien zu Isaak kam (s. 1. Mo 24,65).
Beim Treffen von Vater und Sohn fiel Joseph seinem Vater um den Hals und weinte lange daran. Das letzte Mal, als die beiden sich gesehen hatten, war Joseph noch ein junger Mann, der von Jakob zu seinen Brüdern geschickt wurde (s. 1. Mo 37). Nun war Joseph selbst Vater und kein Hirtenjunge mehr, sondern ein hochgeachteter Mann im Pharaonenreich Ägypten. Er musste auch nicht mehr laufen, sondern wurde auf einem (vermutlich sehr präch­tigen) Wagen gefahren. Doch all diese Äußerlichkeiten verblassten, als sich Vater und Sohn begegneten. Die Tränen Josephs und der Ausspruch Jakobs („Nun kann ich sterben, nachdem ich dein Angesicht gesehen habe, dass du noch lebst!“) zeugen von der liebevollen Innigkeit dieser Begegnung.

Tränen der Traurigkeit über fehlendes Vertrauen

„So sollt ihr zu Joseph sprechen: Ach, vergib doch die Übertretung deiner Brüder und ihre Sünde! Denn sie haben dir Böses angetan. Und nun vergib doch die Übertretung der Knechte des Gottes deines Vaters! Und Joseph weinte, als sie zu ihm redeten“.
(1. Mo 50,17)

Schließlich starb Jakob. Seine Söhne machten sich nun Sorgen, ob Joseph sich nicht doch noch an ihnen rächen würde, da sie ihm doch so viel Böses angetan hatten. Sie baten Joseph noch einmal um Vergebung ihrer Sünden. Das taten sie scheinbar auf Anweisung ihres bereits gestorbenen Vaters, obwohl wir zu Lebzeiten Jakobs nichts von einer solchen Anweisung lesen. Jedenfalls weinte Joseph, als sie so zu ihm redeten.
Vielleicht waren es bei Joseph Trä­nen der Enttäuschung über den man­geln­den Glauben und das fehlende Vertrauen der Brüder bezüglich seiner Zusagen. Er hatte ihnen doch verge­ben. Wie konnten sie denken, dass er nach dem Tod des Vaters anders handeln würde, als er es ihnen versprochen hatte? Die Brüder sahen sich als schuldige Knechte gegenüber ihrem Bruder; sie hätten vermutlich so gehandelt, wie sie es Joseph hier unterstellten. Aber Joseph liebte sei­ne Brüder – und er sah den großen Plan Gottes hinter den Ereignissen. So tröstete Joseph am Ende seine Brüder und „redete zu ihrem Herzen“ (1. Mo 50,21).

Schlussgedanken

In sehr vielen Situationen des bib­lischen Berichts (s. 1. Mo 37-50) ist Joseph ein Vorausbild auf den Herrn Jesus. Die Parallelen sind teilweise so offensichtlich, dass man sie gar nicht übersehen kann. In den obigen Beispielen sehen wir einen Joseph, der Tränen vergoss, wie auch unser Herr Jesus (s. z. B. Joh 11,35). Doch (wie auch Joseph) weinte der Herr Jesus nicht so sehr über Ihm zugefügtes Leid, obwohl Er es reichlich erfahren hatte, oder wegen Enttäuschungen durch sei­ne Jünger, die Ihm besonders nahestanden. Nein, der Herr weinte und
war innerlich bewegt, wenn Er zum Beispiel die Folgen der Sünde (den Tod) und die darauffolgende Trauer bei den Menschen sah. Das hat Ihn tief bewegt: Ihn, der das Leben ist und der gekommen war, um verlorenen Menschen ewiges Leben anzubieten. Mögen wir uns Joseph und natürlich erst recht den Herrn Jesus zum Vorbild nehmen und nicht das Verhalten der Brüder Josephs.

Marco Steih

Nach Jahren des Elends konnte Joseph Gott verherrlichen. Das drückt sich sehr schön in den Namen seiner Söhne aus.

Dem Erstgeborenen gab er den Namen Manasse = Denn Gott hat mich vergessen lassen all meine Mühsal und das ganze Haus meines Vaters.
Und dem Zweiten gab er den Namen Ephraim = Denn Gott hat mich fruchtbar gemacht im Land meines Elends.

Erlebte Befreiung aus Elend und familiärer Segen nach Gottes Wohlgefallen werden auch uns wieder zum Lob Gottes führen.

Preise den Herrn, meine Seele, und all mein Inneres
seinen heiligen Namen!
(Psalm 103,1)

Fußnoten:

  1. Das bedeutet nicht, dass Joseph niemals traurig war. Es bedeutet auch nicht, dass wir in schwierigen Situationen nicht traurig sein dürften. Und doch erwähnt der biblische Bericht in all den schwierigen Jahren keine Tränen im Leben Jo­sephs. Wenn es dann jedoch um die Brüder geht, lesen wir siebenmal davon, dass Joseph weinte.

Unerhörte Gebete

„Wenn ich auch schreie und rufe, so hemmt er mein Gebet.“
Klagelieder 3,8

„Du hast dich in eine Wolke gehüllt, so dass kein Gebet hindurchdrang.“
Klagelieder 3,44
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Gott erhört gerne unsere Gebete. In Matthäus 7,7.8 finden wir seine Zusage: „Bittet, und es wird euch gegeben werden; sucht, und ihr werdet finden; klopft an, und es wird euch aufgetan werden. Denn jeder Bittende empfängt, und der Suchende findet, und dem Anklopfenden wird auf­getan werden.“ Wer mit seinen Bitten aufrichtig und im Glauben zu Gott kommt, wird nicht enttäuscht werden. Gott ist ein Hörer und Erhörer des Gebets (s. Ps 65,3).
Und doch zeigt die Erfahrung, dass viele unserer Gebete nicht erhört werden. Dabei müssen wir natürlich bedenken, dass Gottes Gedanken immer höher sind als unsere Gedanken (s. Jes 55,9). Gott überschaut unser ganzes Leben und verfolgt mit allem, was uns im Leben widerfährt, seine weisen Absichten (s. Röm 8,28). Manches, um das wir bitten, würde vielleicht keinen Segen hervorbringen oder wäre (langfristig) sogar zu unserem Schaden. Darum muss Er uns in seiner Weisheit und Liebe manchmal Bitten verwehren. Doch es kann auch an uns liegen, wenn unsere Gebete nicht erhört werden.

Gründe, warum Gebete nicht erhört werden

In der Bibel finden wir verschiedene Gründe, warum Gott unsere Gebete manchmal nicht erhören kann. Nachfolgend seien einige genannt:

  • Ungerechtigkeit und ungerichtete Sünden: „Wenn ich es in meinem Herzen auf Frevel abgesehen hätte, so hätte der Herr nicht gehört“ (Ps 66,18).
  • Gleichgültigkeit gegenüber den Bedürfnissen anderer: „Wer sein Ohr verstopft vor dem Schrei des Geringen, auch er wird rufen und nicht erhört werden“ (Spr 21,13).
  • Ungehorsam den Geboten Gottes gegenüber: „Wer sein Ohr abwen­det vom Hören des Gesetzes: So­gar sein Gebet ist ein Gräuel“ (Spr 28,9).
  • Unglauben und Zweifel: „Er bitte aber im Glauben, ohne irgend zu zweifeln; denn der Zweifelnde gleicht einer Meereswoge, die vom Wind bewegt und hin und her getrieben wird. Denn jener Mensch denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen wird“ (Jak 1,6.7).
  • Selbstsüchtige Bitten: „Ihr bittet und empfangt nichts, weil ihr übel bittet, damit ihr es in euren Begier­den vergeudet“ (Jak 4,3).
  • Liebloser Umgang von Männern mit ihren Ehefrauen: „Ihr Männer ebenso, wohnt bei ihnen nach Erkenntnis als bei einem schwächeren Gefäß, dem weiblichen, ihnen Ehre gebend als solchen, die auch Miterben der Gnade des Lebens sind, damit eure Gebete nicht verhindert werden“ (1. Pet 3,7).

Beispiele für unerhörte Gebete

In der Bibel finden wir auch Beispiele von Menschen, deren Gebete nicht erhört wurden. Nachfolgend seien ei­nige aufgeführt:

Mose

„Und in jener Zeit flehte ich zu dem Herrn und sprach: Herr, Herr, du hast begonnen, deinem Knecht deine Größe und deine starke Hand zu zeigen! Denn welcher Gott ist im Himmel und auf der Erde, der gleich deinen Werken und deinen Machttaten tun könnte? Lass mich doch hinüberziehen und das gute Land sehen, das jenseits des Jordan ist, dieses gute Gebirge und den Libanon. Aber der Herr war über mich erzürnt um euretwillen und hörte nicht auf mich; und der Herr sprach zu mir: Lass es genug sein; rede mir fortan nicht mehr von dieser Sache!“
(5. Mo 3,23-26)

Mose hatte den innigen Wunsch, zusammen mit dem Volk in das verheißene Land zu ziehen. Dafür flehte er mehrmals zum Herrn. Doch wegen seiner Sünde in Meriba, wo er den Fel­sen entgegen der Anweisung Gottes zweimal geschlagen hatte, gewährte Gott ihm diesen Herzenswunsch nicht (s. 4. Mo 20,7-13).
Dieses nicht erhörte Gebet war für Mose wohl die bitterste Pille seines Lebens. Wie viele Strapazen hatte er durchgestanden, wie viele Leiden ertragen und welche Hoffnungen hatte er im Blick auf das verheißene Land gehegt. Alle diese Hoffnungen hatten sich zerschlagen. Gott gewährte ihm die­sen innigsten Herzenswunsch nicht. Doch vom Berg Pisga aus durfte er vor seinem Tod noch einen Blick auf das ganze Land werfen (s. 5. Mo 34,1-4).
Schließlich begegnen wir ihm noch einmal auf dem Berg der Verklärung, wo er zusammen mit dem Herrn in Herrlichkeit erschien und dessen Ausgang besprach, den Er in Jerusalem erfüllen sollte (s. Lk 9,30.31). So hat Gott auf eine höhere Weise doch noch auf das Gebet seines Knechtes geantwortet.

Elia

„Er selbst aber ging in die Wüste, eine Tagereise weit, und kam und setzte sich unter einen Ginsterstrauch. Und er bat, dass er sterben dürfe, und sprach: Es ist genug; nimm nun, Herr, meine Seele, denn ich bin nicht besser als meine Väter“.
(1. Kön 19,4)

Nach seinem beeindruckenden Glau­benssieg auf dem Berg Karmel wurde Elia von Isebel, der gottlosen Frau Ahabs, mit dem Tod bedroht. Als er das hörte, bangte er um sein Leben und floh in die Wüste. Dort setzte er sich entmutigt unter einen Ginsterstrauch und bat darum, sterben zu dürfen. Doch dieses Gebet, das einem resignierten und niedergeschlagenen Herzen entsprang, wurde nicht erhört. Stattdessen kam ein Engel, der den Propheten mit Kuchen und Wasser stärk­te. Und schließlich wurde Elia am Ende seines Lebens ohne zu sterben in den Himmel entrückt (s. 2. Kön 2,11).

Paulus

„Und damit ich mich nicht durch das Übermaß der Offenbarungen überhe­be, wurde mir ein Dorn für das Fleisch gegeben, ein Engel Satans, damit er mich mit Fäusten schlage, damit ich mich nicht überhebe. Für dieses flehte ich dreimal zum Herrn, damit er von mir abstehen möge. Und er hat zu mir gesagt: Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht“.
(2. Kor 12,7-9)

Um Paulus wegen der vielen Offenbarungen, die er empfangen hatte, vor Überheblichkeit zu bewahren, wur­de ihm von Gott ein Dorn für das Fleisch gegeben – ein Engel Satans, der ihn mit Fäusten schlug. Darüber flehte er dreimal zum Herrn, damit Er ihm diesen Dorn wegnehme. Doch der Herr gewährte ihm diese Bitte nicht, sondern verwies ihn auf die unerschöpfliche Gnade, die ihm zur Verfügung stand: Seine Gnade würde ihm für alles genügen. Paulus musste lernen, dass die Kraft Gottes in Schwachheit vollbracht wird – und wir müssen es auch. Schließlich konnte er sogar sagen, dass er Wohlgefallen an Schwachheiten hat­te (s. 2. Kor 12,10). Auch wenn sein Ge­bet nicht erhört wurde, so hatte Gott es doch gut gemacht!

Jesus Christus

„Und er sprach: Abba, Vater, alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir weg! Doch nicht, was ich will, sondern was du willst!“ (Mk 14,36).

„Und er sprach: Abba, Vater, alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir weg! Doch nicht, was ich will, sondern was du willst!“.
(Mk 14,36)

Im Garten Gethsemane sehen wir den Herrn in ringendem Gebetskampf. Dort stand Ihm die ganze Schrecklich­keit dessen vor Augen, was Ihn am Kreuz in den drei Stunden der Finsternis erwarten würde. Als der Heilige und Reine konnte Er nicht wünschen, zur Sünde gemacht zu werden. Darum bat Er, dass der Kelch des Zornes Gottes an Ihm vorübergehe: „Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber.“ Doch der Herr wusste, dass dies nicht möglich war und diese Bitte nicht erhört werden konnte. Darum fügte Er sogleich hinzu: „Doch nicht, wie ich will, sondern wie du willst“ (Mt 26,39). Anbetungswürdiger Herr, der bereit war, den Kelch des göttlichen Gerichts aus der Hand des Vaters anzunehmen, und mit seinem Kreuzestod die Grundlage für jeden Segen legte!

Daniel Melui

Einmal mehr die Hände gefaltet!

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Ohne Gebet kann der Christ nicht wirklich zur Ehre seines Herrn leben – das wissen wir. Das Gebet wird zu Recht das „Atemholen der Seele“ genannt. Es ist die Kraftquelle für ein Leben, das Gott ehrt!

Hat nicht vielfach die Kraft- und Freudlosigkeit unter wahren Christen in mangelndem Umgang mit Gott ihren Grund? Füh­ren wir noch täglich ein Gebetsleben? Sicher, wenn Nöte in unserem Leben auftreten, suchen wir das Angesicht des Herrn, gehen „in die Heiligtümer Gottes“ (Ps 73,17). Wir erinnern uns dann gern an die Aufforderung unseres Herrn: „Rufe mich an am Tag der Bedrängnis: Ich will dich erretten, und du wirst mich verherrlichen!“ (Ps 50,15).

Beten – nicht nur in der Not

Aber wie sieht es bei uns in Tagen äußerer Ruhe aus? Wie schnell vergessen wir, dass der Feind der Seele in seiner List nur eine Gelegenheit sucht, uns in irgendeiner Weise zu Fall zu bringen! Denn „unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Fürstentümer, ge­gen die Gewalten, gegen die Weltbe­herrscher dieser Finsternis, gegen die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern“ (Eph 6,12). Deshalb sollen wir beständig die „geistliche Waffenrüstung“ tragen, zu der auch das anhaltende Gebet gehört. Wir werden nachdrücklich aufgefordert: „… zu aller Zeit betend mit allem Gebet und Flehen in dem Geist …“ (Eph 6,18).

Das Vorbild des Herrn Jesus

Unser Herr Jesus Christus ist das nachahmenswerteste Vorbild, auch hinsichtlich des Gebets. Lesen wir, wie der Herr den Tag begann: „Und frühmorgens, als es noch sehr dunkel war, stand er auf und ging hinaus; und er ging hin an einen öden Ort und betete dort“ (Mk 1,35).
War Jesus Christus nicht ein Mensch wie wir, der die Ruhe des Schlafes benötigte im Blick auf die auf Ihn war­tenden vielfältigen Aufgaben eines je­den Ta­ges? Ganz sicher! Ja, unser Herr war wirklich Mensch, aber zugleich „Gott, gepriesen in Ewigkeit“ (Röm 9,5).
Als Er durch Samaria zog, war Er „ermüdet von der Reise“ und setzte sich an einer Quelle nahe Samaria nieder; während einer Überfahrt über den See Genezareth schlief Er im Schiff auf einem Kopfkissen (s. Joh 4,6; Mk 4,38).
Wir bewundern seine Energie, frühmorgens, „als es noch sehr dunkel war“, aufzustehen, um an einem Ort, wo Ihn niemand stören konnte, mit seinem Gott und Vater allein zu sein. Betend begann Er den Tag – betend durchschritt Er ihn. Ja, Er war „stets im Gebet“ (Ps 109,4).

Jeden Tag notwendig

Wir schwachen, abhängigen Men­schen haben sicher viel mehr Veran­lassung, jeden neuen Tag mit Gebet zu beginnen, indem wir unser Herz in Flehen, Gebet, Fürbitten und mit Danksagung vor Ihm ausschütten. Alle unsere Sorgen dürfen wir dann auf Ihn werfen, denn Er ist besorgt für uns (s. 1. Tim 2,1; 1. Pet 5,7).
Daniel, der Prophet, war ein von Gott besonders gesegneter Mann, ein Mann, den Gott gebrauchen konnte. Sein Vorbild ist beispielhaft für uns: „… dreimal am Tag kniete er auf seine Knie und betete und lobpries vor seinem Gott“ (Dan 6,11). Auch er handelte nach dem Psalmwort: „Früh [wörtl.: am Morgen] wirst du, Herr, meine Stimme hören, früh werde ich dir mein Anliegen vorstellen und harren“ (Ps 5,4). Welche Erfahrungen hat dieser Mann des Gebets gemacht und zu unserer Belehrung weitergegeben!
Lernen wir doch wieder neu den Se­gen eines betenden Umgangs mit un­serem Gott in der Frühe kennen, um dann auch in Gemeinschaft mit Ihm betend durch den Tag zu gehen. Den göttlichen Segen werden wir spürbar erleben!

Ein ermunterndes Beispiel

So wollen wir die biblische Auffor­de­rung beherzigen: „Im Gebet haltet an“ (Röm 12,12).
Die gläubige Lehrerin Anny Wienbruch (1899-1976) berichtet beispielhaft von einer Mutter mehrerer Kinder, deren Tochter Eva ihre Schülerin war:

In den Nachkriegsjahren gab es so manche Not für diese junge Frau zu bewältigen. Ich bewunderte die Mutter dieser Kinder, die sie so sauber, äußerlich wie innerlich, zur Schule schickte und dabei für ihre große Familie nur zwei Dachzimmer zur Verfügung hatte.
Nun saß diese fröhliche Frau am Elternsprechtag vor mir. Ich sagte ihr ein paar lobende Worte über die kleine Eva, und dann konnte ich nicht anders: Ich musste ihr auch einige lobende Worte über sie selbst mit auf den Weg geben. Trost und Ermunterung brauchte diese kleine Frau, die ihr Leben so tapfer meisterte, nicht von mir. Ich fragte sie staunend: ‚Wie schaffen Sie eigentlich ihre viele Arbeit?‘ Sie lachte mich an und erwiderte: ‚Ich habe einmal etwas gelesen. Ich lese nämlich schrecklich gern …‘ ‚Was haben sie denn gelesen, das Ihnen so hilft?‘, erkundigte ich mich. Ihre Augen blitzten so lustig auf, wie ich es schon bei ihren Kindern beobachten konnte. ‚Ich habe also gelesen, dass Martin Luther, wenn er eine besonders schwere Arbeit zu tun hatte, vorher besonders lange gebetet hat. Nun, ich habe keine Zeit, mich wie er stundenlang zum Gebet einzuschließen. Ich wüsste auch nicht, wo ich ungestört bleiben könnte. Aber immer, wenn mir die Arbeit zu viel wird, so sage ich mitten im Schaffen: ‚Einmal mehr die Hände gefaltet!‘ Dann geht es. Und so ist es mir auch bisher immer gelungen, durchzukommen.‘ Ebenso munter, wie sie aufgetaucht war, verabschiedete sich die junge Mutter. In mir blieben ihre tapferen Worte zurück: ‚Einmal mehr die Hände gefaltet!‘“
Wienbruch, Anny: Sprechstunde. Quell-Verlag Stuttgart. 1963.

Fassen auch wir den festen Entschluss: „Einmal mehr die Hände gefaltet!“ Gottes Segen wird nicht ausbleiben. Das ist ganz sicher!

Friedhelm Müller

Freut euch allezeit; betet unablässig; danksagt in allem, denn dies ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch.
(1. Thessalonicher 5,16-18)

Jeremias Entscheidung

Es gibt Entscheidungen, die treffen wir eher intuitiv (z. B. die Vollbremsung in einer kritischen Verkehrssituation) oder sie fallen uns leicht (z. B. die Auswahl der Marmeladensorte im Supermarkt). Es gibt aber auch Entscheidungen, über die wir länger nachdenken müssen – vielleicht aufgrund der Tragweite oder der Optionen. Und manchmal zweifeln wir auch bereits getroffene Entscheidungen später noch einmal an.

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Entscheidungsprozesse sind auch für Christen nicht immer einfach, doch Gottes Wort schenkt uns gute Hilfestellungen wie das Beispiel des Propheten Jeremia.

„Und der Oberste der Leibwache ließ Jeremia holen und sprach zu ihm: Der Herr, dein Gott, hat dieses Unglück über diesen Ort geredet; und der Herr hat es kommen lassen und hat getan, wie er geredet hatte; denn ihr habt gegen den Herrn gesündigt und auf seine Stimme nicht gehört, und so ist euch dieses geschehen. Und nun siehe, ich löse dich heute von den Ketten, die an deinen Händen sind; wenn es gut ist in deinen Augen, mit mir nach Babel zu kommen, so komm, und ich werde mein Auge auf dich richten; wenn es aber übel ist in deinen Augen, mit mir nach Babel zu kommen, so lass es. Siehe, das ganze Land ist vor dir; wohin es gut und wohin es recht ist in deinen Augen zu gehen, dahin geh. Und da er sich noch nicht entschließen konnte, sprach er: So kehre zurück zu Gedalja, dem Sohn Achikams, des Sohnes Schaphans, den der König von Babel über die Städte Judas bestellt hat, und wohne bei ihm inmitten des Volkes; oder wohin irgend es recht ist in deinen Augen zu gehen, dahin geh. Und der Oberste der Leibwache gab ihm Wegzehrung und ein Geschenk und entließ ihn. Und Jeremia kam zu Gedalja, dem Sohn Achikams, nach Mizpa; und er wohnte bei ihm inmitten des Volkes, das im Land übrig geblieben war“.
(Jer 40,2-6)

Als der babylonische König Nebu­kad­ne­zar 586 v. Chr. Jerusalem einnimmt, sitzt der Prophet Jeremia schon län­ger im Gefängnis. Dorthin hatten die Fürsten Judas ihn gebracht, weil sie seine Warnungen vor dem Gericht Gottes nicht mehr hören wollten. Jeremia hatte Gott über vierzig Jahre lang treu gedient und viel Widerstand durch das eigene Volk erfahren. Jetzt muss er mit Schmerz ansehen, wie Je­rusalem und der Tempel zerstört werden und der größte Teil des Volkes gefangen weggeführt wird.
Doch plötzlich öffnet sich die Gefängnistür! Nebusaradan, der Oberste der babylonischen Leibwache, lässt ihn zu sich holen. Er macht Jeremia, der noch in Ketten gebunden ist, ein attraktives Angebot: Er soll unter seinem Schutz mit nach Babel gehen und dort in der persönlichen Gunst Nebukadnezars leben, des damals mächtigsten Man­nes der Welt. Soll er das Angebot annehmen, oder soll er im Land bleiben? Die Aussage: „Und da er sich noch nicht entschließen konnte … [eig.: sich noch nicht dahin oder dorthin wenden wollte]“, zeigt, dass Jeremia keine einfache Entscheidung vor sich hat.

Menschliche „Denkmuster“

Beim Abwägen des „Für und Wider“ hätten ihm vielleicht folgende Gedan­ken durch den Kopf gehen können. Dabei wollen wir nicht spekulieren, sondern einfach darüber nachdenken, wie wir möglicherweise gedacht hät­ten, wenn wir an Jeremias Stelle gewesen wären:

  • Ich hätte wirklich verdient, mich nach vierzig Jahren Dienst in Babel zur Ruhe zu setzen.
  • Gott kann mich in Babel für mei­ne Treue belohnen, denn ich war besser als die, wegen deren Sün­den die gerechte Strafe über Jerusalem gekommen ist.
  • In Judäa hassen mich viele, Nebu­kadnezar verspricht mir in Babel persönlichen Schutz.
  • Die Stadt und der Tempel sind zerstört, die Bundeslade abhandenge­kommen. Hier gibt es nichts mehr für mich zu tun, was soll ich noch hier?
  • In Judäa bleiben nur die Geringen des Volkes zurück. Der Dienst unter ihnen wäre unter meinem Niveau.
  • In Babel treffe ich womöglich mit meinen treuen Gleichgesinnten zusammen (wie Daniel oder Hesekiel).

So nachvollziehbar diese Gedanken klingen mögen, es wären eigene (und egoistische) Gedanken gewesen. Dass solche Gedanken Ausdruck des „Starrsinns des bösen Herzens“ sind, hatte Jeremia dem Volk selbst gepredigt (s. Jer 18,12). Für ihn sollen allein Got­tes Gedanken maßgeblich für seine Entscheidung sein, denn er weiß, dass es „Gedanken des Friedens und nicht zum Unglück“ sind (Jer 29,11).

Gefährliche Einflüsse

Die Rede Nebusaradans hört sich freundlich an und die Bibel liefert uns auch keine Anhaltspunkte, die auf schlechte Motive hindeuten. Den­noch enthält sie Elemente, die uns als Gläubige hellhörig werden lassen müssen, wenn wir sie aus dem Mund eines Ungläubigen hören:

  • Der Heide Nebusaradan verwendet eine fromme Sprache und Auszüge aus Jeremias Botschaften. Wollte er Jeremia täuschen und „ködern“?
  • Was beabsichtigt Nebukadnezar, wenn Nebusaradan sein Auge auf Jeremia richten soll (s. Jer 39,12)? Will er ihn vielleicht unter Kontrolle ha­ben, damit er keinen Einfluss auf das in Judäa zurückgebliebene Volk nimmt?
  • Sollte er durch das Lösen der Ketten wirklich Freiheit erhalten oder nur in eine (neue) Abhängigkeit – die von Nebukadnezar – kommen?
  • War das von Prunk und Götzendienst geprägte Babel[1] wirklich ein guter Ort? Bestand nicht Gefahr, dass er sich dem dortigen Leben anpasste und Jerusalem vergaß (s. Ps 137,4.5)?
  • War es richtig, dorthin zu gehen, wohin es gut und recht in seinen Augen war, oder wäre das Eigenwille und Unabhängigkeit von Gott?
  • War es echte Fürsorge, wenn Ne­busaradan ihm Wegzehrung und ein Geschenk mitgab, oder wollte er damit Jeremias Entscheidung beeinflussen?

Als „Mann Babels“ konnte Nebusara­dan unmöglich einen guten geistlichen Rat geben. Die Überlegungen des gottesfürchtigen Propheten Je­remia, der den Willen seines Gottes erkennen woll­te, konnte er gar nicht nachvollziehen. Und gerne möchte der Teufel die – vielleicht menschlich logischen – Vorschläge von Menschen wie Nebu­saradan benutzen, um die Entschei­dungen der Gläubigen zu seinen Guns­ten zu manipulieren. Er spricht ger­ne unsere alte Natur an, mit dem Ziel, dass wir Gott ungehorsam sind. Wir wollen – wie Jeremia – wachsam sein gegenüber solchen Einflüssen.

Gute Entscheidungshilfen

Wir wissen nicht genau, wann Jeremia seine Entscheidung getroffen hat. Zunächst konnte er sich jedenfalls nicht entschließen. Das führte dazu, dass das Angebot, nach Babel zu ziehen, nicht länger bestehen blieb. Nebusaradan schickte ihn zu Gedalja nach Mizpa. Nach wie vor blieb Jeremia aber frei, sich für einen Wohnort seiner Wahl im Land zu entscheiden.
Das macht uns noch einmal klar, dass wir niemals vorschnell eine Ent­scheidung treffen sollten. Wenn wir unsicher sind und keine Klarheit über Gottes Willen in einer Sache haben, sollten wir uns nicht davon leiten lassen, gegebenenfalls eine „gute“ Möglichkeit zu verlieren. Wir müssen nicht unnötig zaudern, aber bei fehlender Klarheit ist es besser, zu warten, auch wenn dabei die Optionen weniger zu werden scheinen.
Am Anfang von Vers 6 heißt es dann: „Und Jeremia kam zu Gedalja, dem Sohn Achikams, nach Mizpa …“ Auch das gibt uns wertvolle Hinweise:

  • In Mizpa richtete Samuel das Volk unter Gebet und stellte das Denkmal Eben-Eser auf – „Bis hierher hat uns der Herr geholfen“ (1. Sam 7,12). Hier – weit weg vom Einflussbereich Nebusaradans – hat er sicher alles im Gebet vor Gott gebracht.
  • Vermutlich hat er die Sache auch mit dem treuen Gedalja besprochen.

Wenn wir vor schweren Entschei­dungen stehen, dürfen wir uns im Bewusstsein der Hilfe unseres Gottes und Vaters „zurückziehen“, um Ihm die Dinge im Gebet zu bringen und Ihn um Klarheit für unsere Entschei­dungen zu bitten. Wir dürfen auch dankbar sein, wenn Er uns Gläu­bige zur Seite stellt – Ehepartner, Eltern, Freunde, ältere Geschwister –, die uns Rat geben können.

Gottes Fingerzeige

Ungefähr ein Jahr vorher – Jeremia saß im Gefängnis – beauftragte Gott ihn, ein Feld in seiner Heimatstadt Ana­tot zu kaufen (s. Jer 32,1-15). In erster Linie wollte Gott ihm zeigen, dass sein Volk wieder aus der Gefangenschaft zurückkehren würde. Aber wir können darin auch einen Hinweis für ihn persönlich sehen. Hätte Gott ihn das tun lassen, wenn Er gewollt hätte, dass Jeremia das Land verlässt? Gott gibt uns manchmal im Vorfeld zukünftiger Entscheidungen Hinweise, die wir in diesem Moment noch nicht verstehen. Aber sie helfen uns dann, wenn es so weit ist.

Klare Entscheidung

Irgendwann traf Jeremia seine Entscheidung: „… und er wohnte bei ihm inmitten des Volkes, das im Land übrig geblieben war“ (V. 6). Er hatte erkannt, dass Gott nicht wollte, dass er nach Babel ging, sondern dass er im Land eine Aufgabe hatte, und zwar unter den „Geringen“ des Volkes (s. 2. Kön 24,14). Und er blieb bei dem treuen Mann Gedalja in Mizpa und suchte sich keinen anderen Wohnort im Land. Er entschied sich klar für den Willen Gottes, auch wenn es eine Entscheidung mit unbequemen Folgen war, die nicht die Anerkennung der Menschen fand. Aber sie entsprach Gottes Gedanken; das allein zählte.

Nachhaltige Entscheidung

Wenn wir uns die weitere Geschichte Jeremias anschauen, können wir uns vorstellen, dass er später vielleicht öfters über diese Entscheidung nach­gedacht hat. Dabei konnten die wei­teren Ereignisse seines Lebens Anlass für Zweifel sein:

  • Er musste im Land erleben, wie sein Weggefährte Gedalja von desertierten jüdischen Heerobersten umgebracht wurde.
  • Entgegen seiner ausdrücklichen War­nung entschied sich ein Teil des zurückgebliebenen Volkes – dem er ja dienen wollte –, nach Ägypten zu fliehen.
  • Gegen seinen Willen wurde er schließlich mit seinem Diener Ba­ruch nach Ägypten gebracht.

Führten diese Schwierigkeiten dazu, dass Jeremia seine Entscheidung infrage stellte? Nein, im Gegenteil: Auch in Ägypten kam er nicht darüber ins Wanken und diente Gott weiter unter dem Volk.
Wenn wir nach einer getroffenen Entscheidung auf Komplikationen sto­ßen, neigen wir dazu, sie anzuzwei­feln. Schwierigkeiten sind aber nicht zwingend ein Indikator für eine fal­sche Entscheidung (ein „glatter Verlauf“ aber auch nicht unbedingt für eine richtige). Wenn wir sie – so wie wir es bei Jeremia sehen – mit Gott getroffen haben, dürfen wir sicher sein, dass Er uns auch durch auftretende Probleme hindurchträgt.[2]

Ansporn auch für uns

Zu Beginn seines Dienstes hatte Gott Jeremia zugesagt: „Und sie werden gegen dich kämpfen, aber dich nicht überwältigen; denn ich bin mit dir, spricht der Herr, um dich zu erretten“ (Jer 1,19). Das hatte ihm geholfen, menschliche Denkweisen und gefährliche Einflüsse im Entscheidungsprozess zu überwinden. Er hatte Gottes Entscheidungshilfen genutzt und sich auch in den Schwierigkeiten nicht erschüttern lassen. Sein Beispiel zeigt uns, dass wir als Christen die besten Voraussetzungen haben, mit unserem Gott und Vater mutig Entscheidungen zu treffen. Wir brau­chen dabei nicht zaghaft zu sein.

Henning Panthel

Oft haben wir gesonnen,
ob wir es recht gemacht -
was wir mit Dir begonnen
hast Du zum Ziel gebracht.
(aus „Geistliche Lieder“, Nr. 178)

Fußnoten:

  1. Babel bedeutet ins Deutsche übersetzt „Verwirrung“.

  2. Das bedeutet nicht, dass wir einmal getroffene Entscheidungen niemals vor Gott hinterfragen sollten.

Aktuell seit 3.500 Jahren

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Die Geschichte Mo­ses und seiner Eltern ist schon etwa 3.500 Jahre alt. Aber sie ist immer noch aktuell! Mose wurde in einer Zeit geboren, in der sich das Volk Gottes in einer sehr schwierigen Lage befand. Und doch wurde er nicht nur geboren, sondern auch auferzogen für den Herrn. Natürlich ist die Ausgangssituation heute anders als damals in Ägypten, und doch gibt es manche Parallelen und es erscheint auch heute zunehmend herausfordernd, Kinder für den Herrn Jesus zu erziehen. Um Mut zu fassen, es dennoch mit Gottes Hilfe zu tun, erinnern wir uns an einige hilfreiche Aspekte aus dieser alten Geschichte.

In dieser Zeit

„In dieser Zeit wurde Mose geboren, und er war schön für Gott; und er wurde drei Monate im Haus des Vaters aufgezogen“.
(Apg 7,20)

Nicht umsonst betont der Bibeltext, der die Rede von Stephanus berichtet, den Hinweis auf „diese Zeit“. Es war eine Zeit, in der das Volk Gottes in Ägypten sehr stark unterdrückt wur­de. Es gab den Befehl des Pharaos, alle neugeborenen Söhne in den Nil zu werfen, damit sie sterben. In dieser Zeit lebten Amram und Jokebed, die Eltern Moses. Sie hatten schon zwei gesunde Kinder, einen Jungen und ein Mädchen (Aaron und Mirjam). Und doch hatten sie den Mut, sich ein wei­teres Kind von Gott schenken zu lassen. Es war gerade dieses Kind, das Gott später gebrauchen wollte, um sein Volk aus Ägypten zu befreien.
Auch heute mag es schwer erscheinen, Kinder für den Herrn Jesus zu erzie­hen. Trotzdem wollen wir nicht den Mut verlieren. Es gab damals einen Weg und es gibt auch heute einen Weg. Kinder sind eine Gabe von Gott (s. Ps 127,3), aber es gibt Eltern, die sich (mehr) Kinder wünschen und (noch) keine bekommen.
Das ist eine Situation, die nicht einfach ist und die auch zu einer Belastung für die Ehe werden kann. Solltet ihr in einer solchen Situation sein, dann wünsche ich euch von Herzen Kraft und Mut, euch nicht wertlos zu fühlen, sondern auch das aus Gottes Hand anzunehmen und glücklich zu sein in den Aufgaben, die der Herr euch gibt.
Doch vielleicht steht ein Ehepaar auch vor der Frage, überhaupt oder mehr Kinder zu bekommen. Dann möchte ich Mut machen, denn es gibt auch heute einen Weg für die Kinder, die der Herr schenkt! Wie schade wäre es, wenn Bequemlichkeit, der notwen­dige Verzicht auf Annehmlichkei­ten für sich selbst oder die Sorge vor der negativen Entwicklung im Umfeld, in dem Kinder aufwachsen, zu einem Grund würden, keine Kinder (mehr) bekommen zu wollen.

Ein gutes Miteinander der Eltern

„Durch Glauben wurde Mose, als er geboren war, drei Monate von seinen Eltern verborgen, weil sie sahen, dass das Kind schön war; und sie fürchteten das Gebot des Königs nicht“.
(Heb 11,23)

Nun hatte Gott Amram und Jokebed einen weiteren Sohn geschenkt. Sie wussten, dass sie ihn verbergen mussten und dass ihnen nicht viel gemeinsame Zeit mit dem Kind blieb. Sie wussten nicht, wie es weitergehen würde, aber sie nutzten die Zeit gut aus.
Dabei fällt uns auf, dass im Bericht in 2. Mose 2 die Mutter erwähnt wird, in der Rede von Stephanus in Apostelgeschichte 7 der Vater und in Hebräer 11 die Eltern. Mutter und Vater haben also gut harmoniert im Blick auf die Beurteilung ihres Kindes, die Beurteilung der Situation und die Entscheidung über das, was zu tun war.

  • Sie erkannten beide die Schönheit des Kindes.
  • Sie kannten die Situation und das Gebot des Königs, aber sie fürchteten das Gebot nicht, sondern Gott (das bedeutet nicht unbedingt, dass sie niemals besorgt waren, aber es bedeutet, dass sie dem Gebot nicht folgten, das Kind nicht töteten und stattdessen einen Weg suchten, es für den Herrn aufzuziehen).
  • Sie wussten, was zu tun war – das Kind zu verbergen und es so lange wie möglich im geschützten Bereich des Elternhauses zu versorgen.

Als sie ihn nicht länger verbergen konnte

„Und als sie ihn nicht länger verbergen konnte, nahm sie für ihn ein Kästchen von Schilfrohr und verpichte es mit Erdharz und mit Pech und legte das Kind hinein und legte es in das Schilf am Ufer des Stromes“.
(2. Mo 2,3)

In diesem guten Miteinander haben sie die Zeit weise genutzt, die dann jedoch zu Ende ging. Wir erfahren die genauen Gründe nicht, aber Gottes Wort sagt, dass es nicht länger möglich war, das Kind zu verbergen. Zwei Gedanken lernen wir in Verbindung damit.
Einmal sorgten die Eltern dafür, dass das Kind so lange wie möglich bei ihnen bleiben konnte. Zum anderen sorgten sie dafür, dass es danach nicht ohne Schutzmaßnahmen aus dem Elternhaus entlassen wurde.
Den ersten Punkt müssen auch wir sehr ernst nehmen. Es gibt eine Zeit, in der die Kinder gerne und ohne Widerstand das aufnehmen, was die Eltern ihnen erzählen und weitergeben. Die­se Zeit will gut genutzt werden! Denn irgendwann kommt in unserem Land aufgrund der Schulpflicht die Not­wendigkeit, sie in die Schule zu schicken.
Doch warum sollten wir die Kinder früher als nötig aus dem Haus entlas­sen? Wie gut ist es, wenn wir sie so lange wie möglich vor den schädlichen Einflüssen der Welt schützen und im Elternhaus in einer guten At­mosphäre stärken und ausrüsten für das, was einmal kommt, wenn die Schule beginnt.

Ein Kästchen von Schilfrohr

Der zweite Punkt wird in dem Kästchen von Schilfrohr illustriert, das Jokebed mit Erdharz abdichtete. Es kam der Augenblick, da musste Mose dem Nil übergeben werden. Dieser Fluss war die Lebensader Ägyptens und garantierte die Fruchtbarkeit dieses Landes, das hier ein Bild der Welt ist, die Gott und seinem Volk feindlich gegenübersteht. In diesem Fluss badete die Tochter des Pharaos, sie fand dort Erfrischung und Vergnügen. Doch dieser Fluss hätte für den kleinen Mose den sicheren Tod bedeutet.
Um diese Gefahren wusste Jokebed, doch sie wusste auch, wie sie ihren kleinen Sohn schützen konnte. Sie kannte und besorgte passendes Ma­terial, durch das sichergestellt werden konnte, dass das Kind nicht untergehen würde (Schilfrohr) und ausreichend vor dem Wasser geschützt war (Erdharz).
Indem sie dieses Kästchen baute, tat sie alles, was sie tun konnte. Alles Wei­tere musste und konnte sie Gott überlassen. Und wie erstaunlich hat Er geholfen!
Auch wir haben die Aufgabe, unsere Kinder so gut wie möglich vor den Ein­flüssen der Welt zu schützen und sie für den Herrn zu erziehen. Dabei stel­len wir immer wieder fest, dass wir Grenzen haben. Aber wir wollen Mut fassen, alles zu tun, was in unseren Möglichkeiten steht! Alles Weitere kön­nen wir dann zuversichtlich Gott überlassen, der auch uns und unseren Kindern zu Hilfe kommen wird.

Mut und Einfallsreichtum

„Und seine Schwester sprach zu der Tochter des Pharaos: Soll ich hingehen und dir eine stillende Frau von den Hebräerinnen rufen, dass sie dir das Kind stille?“.
(2. Mo 2,7)

Es gab nicht nur das Kästchen zum Schutz für Mose. Auch Mirjam war da, die von fern zusah. Als die Tochter des Pharaos das weinende Kind fand, trat sie mutig hinzu, um einen guten Vorschlag zu machen.
Auch wenn es hier nicht direkt die El­tern waren, die aktiv wurden, kön­nen wir doch den Mut und die gute Idee Mirjams für uns als Eltern als An­sporn nehmen. Bringen wir uns mu­tig ein, wenn es zum Beispiel in der Schule die Möglichkeit gibt, Einfluss auf die Unterrichtsgestaltung zu nehmen? Dann wird der Herr uns auch Ideen geben, die schließlich zum Schutz unserer Kin­der nützlich sein können.
Natürlich muss Er die Herzen der Lehrkräfte lenken, aber Er erwartet auch von uns, dass wir uns entsprechend unseren Möglichkeiten für den Schutz und das Wohl unserer Kinder einsetzen. Dabei geht es sicher nicht um Diskussionen, die zu einer besseren Benotung führen sollen, sondern um den Einsatz, der zum Schutz und zur Bewahrung vor schädlichen Einflüssen führen kann.

Das Herz Moses für sein Volk

„Als er aber ein Alter von vierzig Jahren erreicht hatte, kam es in seinem Herzen auf, sich nach seinen Brüdern, den Söh­nen Israels, umzusehen“.
(Apg 7,23)

Auch wenn Mose von diesem Mo­ment an am Hof des Pharaos erzogen wurde und dort sowohl alle Annehm­lichkeiten als auch alle Bildung der Welt kennenlernte, war doch in sei­nem Herzen etwas eingepflanzt, das Wirkung zeigte. In seinem Herzen kam der Wunsch auf, nach seinen Brüdern zu sehen.
Auch wenn noch weitere vierzig Jahre in der Schule Gottes nötig waren, konnte Gott doch gerade diese Liebe im Herzen Moses nutzen. Aus seinem Herzen heraus konnte Mose die rich­tige Wahl treffen. Er zog es vor, mit dem Volk Gottes Ungemach zu leiden und verzichtete dafür auf die Schätze Ägyptens (s. Heb 11,25.26). Waren nicht genau dafür die Grundlagen im Elternhaus gelegt worden?
Bis heute will der Herr uns als Eltern helfen, das in die Herzen unserer Kin­der zu pflanzen: Liebe zu Gott, Liebe zum Volk Gottes, den Blick auf die Belohnung und festen Glauben in je­der Lebenssituation. Das wollen wir ihnen vorleben und mitgeben. Es ist viel wichtiger als alles andere, was wir ihnen vermitteln und weitergeben können.

Christian Rosenthal

Habakuk „der Umarmer“ - Impulse für Elternherzen

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Über Habakuk wird faktisch kaum etwas gesagt. Nichts zu seiner Abstammung, nichts zu der Zeit seines Wirkens und seinem Wohnort. Doch dieser Prophet öffnet sein Herz, ganz in der Bedeutung seines Namens: „Umarmer“. Und er ist mit seinen Botschaften uns allen ganz persönlich, aber auch allen Eltern, in mehrfacher Hinsicht ein Vorbild.

Er vermittelt uns ein „ausgewogenes“ Gottesbild

In Kapitel 1,13 macht Habakuk deut­lich, dass Gott heilig ist („Du bist zu rein von Augen, um Böses zu sehen“). In Kapitel 3,13 zeigt er, dass Gott barmherzig ist („Du zogst aus zum Heil deines Volkes“). Auch wir dür­fen unseren Kindern die göttliche Har­monie zwischen Gnade und Wahrheit vermitteln, die in dem Herrn Jesus auf vollkommene Weise deutlich wird, denn Er ist „voller Gnade und Wahrheit“ (Joh 1,14). Schon Psalm 85,11 macht das prophetisch deutlich: „Güte und Wahrheit sind sich begegnet, Gerechtigkeit und Frieden haben sich geküsst.“ Unser himmlischer Vater sieht über Sünde und Fehlentwicklungen nicht hinweg. Er muss das Böse richten. Aber Er bietet immer Gnade an und handelt immer in Liebe mit seinen Kindern. Das ist für uns als Eltern eine gute Richtschnur für eine ausgewogene Er­ziehung, gleichzeitig aber auch eine tägliche Herausforderung.

Er ist der erste Prediger der Rechtfertigung aus Glauben

Die Aussage Habakuks: „Der Gerechte aber wird durch seinen Glau­ben leben“ (Hab 2,4), wird in den Brie­fen des Apos­tels Paulus dreimal zitiert und jedes Mal mit einer anderen Betonung[1]:

  • In Römer 1,17 steht die Rechtfer­tigung aus Glauben im Vordergrund. Der Gerechte ist nur deshalb gerecht, weil er auf der Grundlage des Glaubens zu Gott gekommen ist.
  • In Galater 3,11 ist die Rechtfer­tigung aus Glauben (nicht aus Wer­ken bzw. dem Gesetz) der Schwer­punkt. Das Gesetz ist als Grundlage des Heils und als Lebensregel für den Christen völlig untauglich.
  • Hebräer 10,38.39 betont dage­gen das Leben aus Glauben. Im Hebräerbrief geht es um Briefem­pfänger, die durch äußeren Druck und Verfolgung in ihrem Glau­bensvertrauen erschüttert waren und nun zum Judentum zu­rück­kehren wollten. Sie wollten die bes­seren, himmlischen Dinge, die nur im Glauben erfasst werden kön­nen, zugunsten der sichtbaren, irdischen Dinge aufgeben. Der Ge­rechte kann die Kraft für ein Gott geweihtes Leben nur aus dem täglichen Vertrauen auf Gott schöpfen.

Alle drei Aspekte sind Kernbotschaf­ten für den Gläubigen und es ist wich­tig, dass wir diese unseren Kin­dern schon früh vermitteln. Das auf dem Gesetz basierende Judentum ist durch lebendiges Christentum ersetzt worden. Das Leben im Glauben, welches durch Dankbarkeit für die Gnade Gottes geprägt ist, bewahrt uns vor Gesetzlichkeit und Formalismus. Das wird sich auch auf die Erziehung unserer Kinder auswirken.

Er ist auf das Zukünftige ausgerichtet

Die Verse in Kapitel 2,3.14 sowie 3,3.4. und andere machen deutlich, dass Habakuk über das Zeitliche hinaus auf das Zukünftige ausgerichtet wird und diese Ausrichtung durch Gott auch annimmt. Der dritte Vers aus Kapitel 2 wird in diesem Sinn in Hebräer 10,37 aufgegriffen und dort auf schöne Wei­se verändert: „Denn noch eine ganz kleine Zeit, und ‚der Kommende wird kommen und nicht ausbleiben.’“ Wir besitzen die Hoffnung auf das Kom­men des Herrn Jesus. Wie wichtig ist es, dass wir in unseren Familien diese Lebenshaltung vermitteln. Unsere Aus­richtung ist geprägt durch die Gewissheit: „Wir wer­den ihn sehen, wie er ist“ (1. Joh 3,2), „dann aber von Angesicht zu Angesicht“ (1. Kor 13,12). Was für eine herrliche Perspektive haben wir im Gegensatz zu denen, „die keine Hoffnung haben“ (1. Thes 4,13). Diese stärkt ein Leben als Christ mit Zielen, die über unsere Zeit hier auf der Erde hinausgehen (s. Phil 3,13.14).

Er deckt die Gefahr des Götzendienstes auf

In Kapitel 2,19 richtet sich Habakuk mit einem „Wehe dem“ an diejenigen, die sich um Hilfe an ihre Götzen wenden. Das Volk Israel hatte sich oft versündigt, indem sie ihr Vertrauen auf Götzen setzten statt auf Gott. Was sind heute potenzielle Götzen in unseren Familien? Grundsätzlich sind es alle Dinge, die in unseren Herzen eine Priorität in „Konkurrenz“ zum Herrn Jesus einnehmen. „Trachtet aber zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, und dies alles wird euch hinzugefügt werden“ (Mt 6,33). Wenn wir andere Prioritäten haben, werden sich auch unsere Entscheidungen, unsere Zeitplanung etc. an diesen Prioritäten aus­richten. Wenn zum Beispiel unser Beruf die oberste Priorität hat, wird unser geistliches Leben, der Besuch der Zusammenkünfte etc. dem untergeordnet. Dasselbe gilt für Hobbys wie beispielsweise Sport, Garten, Fotografie, Computerspiele …

Er vermittelt uns eine Haltung der Liebe – zu Gott und zu seinen Kindern

Habakuk hat zunächst eine enge per­sönliche Beziehung und Liebe zu Gott. In Kapitel 1,12 sagt er: „Bist du nicht von alters her, Herr, mein Gott, mein Heiliger?“ Gleichzeitig ist er in Not über den Zustand des Volkes (s. z. B. Kap. 1,2.3), was von echter Liebe zu seinem Volk zeugt.
Ist es nicht das, was auch uns als El­tern auszeichnen sollte? Einerseits ei­ne tiefe, lebendige und von Liebe ge­­­­kennzeichnete Herzensbeziehung zu Gott und seinem Sohn. Andererseits eine Liebe zum Volk Gottes insgesamt. Dabei beginnen wir mit dieser Liebe zum Volk Gottes an dem Platz, an den wir hingestellt sind. Und wie können wir Liebe zum Volk Gottes leben, wenn wir sie nicht schon im engen Bereich der Familie praktizieren?
Liebe zum Volk Gottes hat mit der geistlichen Beziehung zu tun, in die wir gekommen sind. Liebe in der Familie beginnt sogar mit der natürlichen Beziehung. Einerseits besteht die Gefahr, die natürlichen Beziehungen über die geistlichen Beziehungen zu stellen. Andererseits werden wir in den geistlichen Beziehungen nicht treu sein kön­nen, wenn wir es in den natürli­chen Be­ziehungen nicht sind (s. z. B. 1. Tim 5,8). Gerade in einer Zeit, in der die Menschen in unserem Umfeld die na­türliche Liebe mehr und mehr aufgeben (s. 2. Tim 3,3), sollten wir unsere Kinder lieben – ohne Vorbedingung, ein­fach, weil sie unsere eigenen Kin­der sind, die Gott uns anvertraut hat. Lasst uns diese Liebe in Wort und Tat wirklich zeigen. Wie zeigen wir unseren Kin­dern, dass wir sie von Herzen lieb haben? Wann haben wir sie das letzte Mal umarmt?
Gerade wir Väter sind gefordert, ihnen herzliche Vaterliebe vorzu­leben, so wie wir das von unserem himmlischen Vater gezeigt bekom­men. Diese Vertrauensbeziehung zu unseren Kindern ist wichtig, damit sie ein gutes Vaterbild vermittelt bekommen. Das erleichtert ihnen, auch zu ihrem himmlischen Vater frühzeitig eine echte Vertrauensbe­ziehung zu entwickeln – eine Diszi­plin, auf die wir insbesondere als Vä­ter einen Schwerpunkt legen müs­sen. Das können und dürfen wir nicht an unsere Ehefrauen „delegieren“.

Eine ganz besondere Herausforderung in unseren Familien ist heute ohne Zweifel der richtige Gebrauch von Smartphones. Hier sind wir als Eltern mehr denn je zu aktiver Wachsamkeit aufgefordert, denn das Smartphone ist ein mächtiges Mittel, mit welchem Satan versucht, unsere Kinder (und uns selbst) mit nutzlosen und/oder schädlichen Dingen zu beschäftigen, ihnen (und uns) damit wertvolle Zeit zu stehlen, sie (und uns) mit bösen Inhalten zu verunreinigen und nicht zuletzt Unfrieden in der Familie zu säen.
Sicher sind die Gefahren je nach Alter und Charakter des Kindes und familiärer Situation unterschiedlich, doch haben wir als Eltern unbedingt „Torhüter“-Funktion, um unsere Kinder aktiv vor dem Eindringen moderner Götzen zu schützen!

Er pflegt intensive Kommu­nikation mit Gott

Das gesamte Bibelbuch ist wie bei kaum einem anderen Propheten durch einen vertrauensvollen Dia­log zwischen Habakuk und Gott ge­kenn­zeichnet. Habakuk bringt ganz offen und frei seine Fragen vor Gott und scheut sich auch nicht, etwas herausfordernde „Warum-Fragen“ (s. Kap. 1,3.13) zu stellen. Dies tut er aber nicht provokativ, sondern aus einer echten Not heraus. Er stellt sich sogar auf einen Turm, „um zu sehen, was er mit mir reden wird“ (Kap. 2,1). Das Ergebnis ist ermutigend: „Da antwortete mir der Herr“ (Kap. 2,2). Später sagt er in einem Gebet: „Herr, ich habe deine Kunde vernommen“ (Kap. 3,2).
Erleben unsere Kinder, dass unser Haus und unser Leben von Gottes Wort und durch das Gebet geprägt sind? Unser Vorbild darin ist sehr wichtig und un­sere Kinder werden lebenslang da­von profitieren. Es ist gut, Energie dafür aufzuwenden und gute Gele­genheiten sind vor allem konkrete Le­bens­situationen der Kin­der, die wir unter gemeinsamem Gebet mit ihnen durchleben.

Er hat Freude im Herrn und vertraut auf dessen Kraft

In Kapitel 3,18.19 wird sehr deutlich, dass Habakuk Freude im Herrn hat und auf dessen Kraft vertraut. Die anfängliche Verzweiflung ist bei Habakuk nach seiner „Aussprache“ mit seinem Gott freudigem Jubel, Zuversicht und Ver­trauen in die Kraft des Herrn gewichen. Wenn er beschreibt, dass der Herr seine Füße denen der Hirschkühe – das sind reine und aktive Tiere – gleichmacht und er nun auf Höhen schreitet, dann spürt man, welcher Sinneswandel bei ihm eingetreten ist. Man denkt an Asaph, dessen Depression überwunden wur­de, als er „hineinging in die Heiligtümer Gottes“ (Ps 73,17). Je mehr wir uns persönlich und gemeinsam mit der ganzen Familie praktisch in der Gegenwart des Herrn Jesus aufhalten, desto glücklicher, lebendiger und „leichtfüßiger“ wird unser Fami­lienleben – unab­hängig von den Umstän­den, die sich zu diesem Zeitpunkt vielleicht noch nicht verändert haben, wie es ja auch bei Habakuk noch nicht der Fall war. Aber sein Blick auf die Umstände hatte sich durch den Austausch mit dem Herrn verändert.

Er hat ein aktives Interesse am und ein Mitempfinden für das Volk Gottes

In Kapitel 1,2 klagt Habakuk: „Wie lange, Herr, habe ich gerufen, und du hörst nicht?“ Dieses Bibelbuch macht deut­­lich, dass er eine echte Liebe zu seinem Volk hatte und dessen Wohlergehen ihm ein Herzensan­liegen war. Es ist wichtig, diese Haltung auch unseren Kindern zu vermitteln. Das wird sich äußern in unseren Gebeten, in unseren Kontakten und in unserem Dienst. Es ist gut, wenn unsere Kin­der, wenn sie gläubig sind, Schritt für Schritt Aufgaben im Volk Gottes übernehmen, denken wir nur an Hilfsdienste z. B. bei älteren Geschwistern (Rasen mähen, Schnee schieben, Einkäufe erledigen etc.) oder, wenn sie älter sind, an die Mitarbeit in der Sonntagschule.

Er warnt vor einer egois­tischen Lebenshaltung

Eine ernste Warnung finden wir in Kapitel 2,9. Damals dachten die Babylonier, dass sie sich mit unlauteren Mitteln schöne und sichere Häuser bauen konnten, um vor Unglück bewahrt zu bleiben. Darüber spricht Habakuk eines der fünf „Wehe dem“ aus.
Auch wir stehen in der Gefahr, all unsere Energie, unsere Zeit, unsere Fähigkeiten und unser Geld für die Optimierung unseres persönlichen Le­bens einzusetzen, um ein ver­meint­lich sicheres und bequemes Leben zu führen. Doch dadurch vernachlässi­gen wir eine christliche Le­bensführung und laufen Gefahr, unser „Nest hoch zu setzen“. Vor dieser auf das rein Irdische aus­gerichteten Herzenshal­tung warnt Habakuk – und auch wir tun gut daran, uns diese War­nung zu Herzen zu nehmen. Unsere Kinder beobachten uns, ob wir unsere ge­­samte Freizeit in die Pflege des Gartens, des Hauses etc. investieren, oder eben bewusst Zeit und Energie für den Dienst für den Herrn aufwenden.

Ein „kleiner“ Prophet mit „großer“ Botschaft!

So vermittelt uns Habakuk erstens Glaubenswahrheiten (zum Gottesbild, zur Rechtfertigung aus Glauben, zum Götzendienst und zur Ausrichtung auf Zukünftiges), zweitens lebt er uns eine gesunde persönliche Beziehung zu Gott vor (seine echte Liebe zum Herrn sowie die Kommunikation mit Gott und Freude im Herrn) und drittens gibt er uns gute Impulse für unsere Beziehungen zu anderen (sein Interesse für das Volk Gottes und die Warnung vor Egoismus).
Die Herzenshaltung und Lebenspraxis Habakuks ist ein guter Ansporn für uns Christen und gibt uns auch für unser Familienleben hilfreiche Denkanstöße. Wirklich ein „kleiner“ Prophet mit „großer“ Botschaft!

Markus Krauss


Fußnoten:

  1. Siehe dazu https://www.bibelstudium.de/articles/4843/der-vielzitierte-habakuk.html.

Einblicke in biblische Häuser (Teil 4)

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Das Haus des Judas in der Gasse „die Gerade“ (s. Apg 9,10-19)

„Christ trifft Christenverfolger“, so kön­n­te man die Begegnung beschrei­ben, die in diesem Haus stattfand. Doch zunächst einmal der Reihe nach.

Ananias bekommt den Auftrag zu einem Hausbesuch

Ananias aus Damaskus ist ein treuer Jünger des Herrn. Er steht sofort zur Verfügung, als der Herr ihn ruft: „Siehe, hier bin ich, Herr!“ (V. 10). Der Auftrag des Herrn ist ebenso klar: „Steh auf und geh in die Gasse, die ‚die Gerade‘ genannt wird, und frage im Haus des Judas nach jemand mit Namen Saulus, von Tarsus, denn siehe, er betet“ (V. 11). So weit, so gut. Wenn nur dieser Sau­lus nicht als übler Christenverfolger bekannt gewesen wäre! Ananias bringt seine Bedenken vor den Herrn, aber dieser bestätigt den Auftrag: „Geh hin …“ Und Ananias macht sich auf den Weg.
Sind wir auch bereit, aus unserer Kom­fortzone aufzustehen und zu gehen, wenn der Herr uns ruft? Vielleicht Wit­wen oder Waisen in ihrer Drangsal zu besuchen, einen Krankenbesuch zu machen, einen Dienst der Fußwaschung auszuüben … Und wie sieht es mit solchen Diensten für Geschwister aus, die uns nicht so sympathisch sind? Oder mit dem verbitterten Nachbarn, der vielleicht noch gar nicht errettet ist und zu dem der Herr uns schickt? Sicher gibt es noch manche anderen Beispiele.
Vielleicht haben wir auch Einwände, Befürchtungen, sehen keine Erfolgsaussichten oder haben gar Ausreden. Es bedarf einer engen Gemeinschaft mit dem Herrn und der Abhängigkeit von Ihm, um seine Aufträge zu erkennen, dann aber auch Vertrauen, dass Er uns in allem helfen wird.

Der Herr hat alles vorbereitet

Ananias kommt genau zur rechten Zeit an den rechten Ort und findet alles so vor, wie der Herr vorhergesagt hatte. Saulus betet und ist bereit, Ananias zu empfangen. Ananias redet ihn mit „Bruder Saul“ an und legt ihm die Hände auf. Saul wird wieder sehend, wird mit Heiligem Geist erfüllt, lässt sich taufen und wird gestärkt.
Wie hat der Herr diesen schwierig erscheinenden Besuch gesegnet! Las­sen wir uns durch dieses Beispiel ermuntern!

Das Haus der Lydia (s. Apg 16,13-15)

Lydia, eine Purpurhändlerin, ist eine fromme Frau aus der Stadt Thyatira. Sie betet Gott an, hört zu, was Paulus redet, und so kann der Herr ihr das Herz öffnen. Die geistlichen Früchte werden sofort sichtbar:

  • Sie und alle, die in ihrem Haus leben, lassen sich taufen.
  • Sie unterstellt sich dem Urteil der Brüder.
  • Sie möchte dem Herrn treu sein.
  • Sie öffnet ihr Haus und übt Gastfreundschaft.
  • Prägt diese Gesinnung auch unsere Häuser heute?

Das Haus des Kerkermeisters (s. Apg 16,19-34)

Auch in diesem Haus kommt es zu einer bemerkenswerten Begegnung. Paulus und Silas werden ihres Zeug­nisses für den Herrn willen arg misshandelt und schließlich ins Gefängnis geworfen. Dort werden sie einem ge­wissen Kerkermeister übergeben, der sie ins innerste Gefängnis wirft und ihre Füße fest in den Stock schließt. An diesem schrecklichen Ort beten Pau­lus und Silas öffentlich und lobsingen Gott, so dass ihnen die Mitgefangenen zuhören.
Und dann greift Gott ein und bewirkt ein großes Erdbeben. Die Grundfesten des Gefängnisses werden erschüttert und alle Türen öffnen sich. Sogar die Fesseln fallen ab. Der Kerkermeister wird aus dem Schlaf gerissen, und als er die Lage erkennt, will er sich umbringen, da er meint, die Gefangenen seien geflohen. Paulus redet beru­higend auf ihn ein und der Mann stellt die Frage aller Fragen: „Was muss ich tun, um errettet zu werden?“ Paulus kann ihm verkündigen: „Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden, du und dein Haus.“ Dann re­den sie das Wort des Herrn zu allen, die in seinem Haus sind.
Auch hier wird das neue Leben sofort sichtbar:

  • Der Kerkermeister führt Paulus und Silas aus dem Gefängnis heraus und nimmt sie mitten in der Nacht zu sich in sein Haus.
  • Er wäscht ihnen die Striemen ab, die ihnen zuvor zugefügt worden waren. Die Bruderliebe ist ein eindrücklicher Beweis.
  • Durch die Taufe bekennt er sich (und alle seine Hausgenossen mit ihm) zu diesem verachteten Jesus.
  • Er übt Gastfreundschaft und bewirtet sie.
  • Er lobt und preist Gott, gläubig geworden mit seinem ganzen Haus.

Wahrscheinlich erleben wir in unseren Häusern nicht so spektakuläre Ereignisse. Aber auch wir dürfen Erlebnisse mit dem Herrn haben, die uns üben und gleichzeitig im Glauben stärken. Vielleicht ist auch noch nicht unsere ganze Familie gläubig geworden und wir flehen zum Herrn um die Errettung geliebter Angehöriger.
Oder wir sorgen uns um die geistlichen Fortschritte unserer (gläubigen) Kinder. Vor allem sollte man bei uns aber eine innige (Bruder-)Liebe spüren, die sich zum Wohl der anderen betätigt. Gastfreundschaft ist eine mögliche Ausdrucksweise davon. Und schließlich sind Häuser, in denen der Herr durch Gebete, Lieder usw. gepriesen wird, glückliche Häuser.
Hiermit endet nun die kurze Reihe über Häuser in der Bibel. Viele andere Beispiele könnten noch genannt wer­den. Vielleicht achten wir bei unserem Bibellesen einmal darauf.

Die ewige Wohnstätte der Gläubigen

Und schließlich halten wir Ausschau nach dem Haus unseres himmlischen Vaters, in dem viele Wohnungen sind (s. Joh 14,2). Der Herr Jesus hat uns die Stätte dort schon bereitet und wir warten nur noch auf den Einzug.
Bald wird er kommen und uns zu sich nehmen, damit wir allezeit bei Ihm sind und seine Herrlichkeit schauen.

Dann werden alle Mühen und Beschwerden, die auch unsere Häuser betreffen können, vorbei sein und wir werden eine ewige Freude und Ruhe bei Ihm genießen. Bis dahin wollen wir den Herrn in unseren Häusern ehren und ein Zeugnis für diese Welt sein.

Andreas Kringe

Persönliche Worte (Was sollen wir nun hierzu sagen?)

Liebe Leser,
der letzte Abschnitt von Römer 8 (V. 31-39) enthält einige Fragen, denen wir zu unserer Ermunterung einmal nachgehen wollen:


„Was sollen wir nun hierzu sagen?“
Das „hierzu“ bezieht sich auch auf die Zeilen vorher, wo wir lesen, dass Gott uns vor der Zeit erkannt und bestimmt hat, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein, dass Er uns in der Zeit berufen, gerechtfertigt und zuletzt verherrlicht hat (was nach dem Ratschluss Gottes schon geschehen ist, für uns aber noch in der Zukunft liegt).


„Wer (ist) gegen uns?“
Sicher Satan, manchmal auch Menschen. Aber was ist diese Gegnerschaft im Vergleich dazu, dass Gott für uns ist?
„Wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken?“
Gott hat vor etwa 2.000 Jahren seinen Sohn für uns alle hingegeben, in der Zukunft wird Er Ihm alles unterwerfen und schenken und wir werden Mitbeschenkte sein. Und auch auf dem Weg dahin wird Er uns alles Nötige geben (s. Phil 4,19).


„Wer wird gegen Gottes Auserwählte Anklage erheben?“
Wer sollte es wagen, das zu tun, da Gott uns doch auserwählt hat?


„Wer ist es, der verdamme?“
Die höchste und letzte Instanz ist Gott – und Er hat uns gerechtfertigt.


„Wer wird uns scheiden von der Liebe des Christus?“
Sieben Dinge werden hier erwähnt. Aber in der Gewissheit, dass uns nichts von seiner Liebe scheiden kann, überwinden wir dies alles.


Als Letztes stellt Paulus nicht die Frage,
wer oder was uns von der Liebe Gottes scheiden kann,
sondern stellt fest, dass nichts der zehn aufgezählten Dinge/Personen uns davon scheiden kann.


Zum Schluss wollen wir uns noch einmal fragen lassen:
„Was sollen wir nun hierzu sagen?“
Nach dieser Ermunterung wünsche ich
viel Freude beim Lesen des neuen Heftes.

Horst Zielfeld

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