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...denn außer mir könnt ihr nichts tun

Zeitschrift für die christliche Familie

Das Gebet als Versammlung mit dem Herrn in der Mitte

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Es ist ein großes Vorrecht, dass wir als Gläubige als Versammlung zusammenkommen dürfen. Wenn Paulus an die Korinther davon schreibt, formuliert er es so: „wenn ihr als (oder „in“, d. h. im Charakter von) Versammlung zusammenkommt“ (z. B. 1. Kor 11,18). Das bedeutet, die Wahrheit von der einen Versammlung praktisch verwirklichen zu wollen und „im Namen des Herrn Jesus“ versammelt zu sein. Dann darf man sich auf das Versprechen des Herrn, in der Mitte zu sein (s. Mt 18,20), stützen. Dann steht Er im Zentrum, alles geht von Ihm aus. Dann kann der Geist Gottes frei wirken und es hat nichts Platz, was im Widerspruch zu seiner Person und seinem Wort ist.

Arten des Zusammenkommens

Das Neue Testament kennt verschiedene Zusammenkommen als Versammlung:

  1. das Zusammenkommen zum Brotbrechen (s. z. B. Apg 20,7),
  2. das Zusammenkommen zur Auferbauung (s. 1. Kor 14),
  3. das Zusammenkommen zum Gebet (s. Mt 18,19).

Diese Zusammenkommen als Versammlung sind alle gleich wichtig. Jedes hat seinen besonderen Wert. Schon die ersten Christen kamen am ersten Tag der Woche, dem Sonntag, zum Brotbrechen zusammen (s. Apg 20,7). Im Anschluss daran redete Paulus das Wort. Bei den Zusammenkommen als Versammlung zum Gebet, von denen uns im Neuen Testament berichtet wird, finden wir keine direkten Hinweise auf den Tag, an dem sie stattfanden (z. B. Apg 4,23 ff.; Apg 12,5). Die „Gebetsstunde“ muss auch nicht getrennt von anderen Zusammenkünften als separate Stunde stattfinden, aber wir erkennen deutlich, dass die örtliche Versammlung zum Gebet zusammenkommt.

Ein Gradmesser für unseren geistlichen Zustand

Ein Ausleger schreibt: „Man kann sich ebenso wenig eine örtliche Versammlung ohne Gebetsstunde vorstellen, wie einen Gläubigen, der nicht betet.“[1] In den Briefen an örtliche Versammlungen finden wir wiederholt Aufforderungen zum Gebet (s. Kol 4,2.3; 1. Thes 5,25; 2. Thes 3,1). Und wenn schon das Gebet eines Gerechten viel vermag (s. Jak 5,16), sollte Gott dann nicht auf das Gebet der Versammlung hören und antworten, die im Namen des Herrn Jesus zu Ihm betet?
Was ist nun das Besondere am Gebet als Versammlung? Schon im Alten Testament wird das Haus Gottes ein „Bethaus“ genannt (s. Jes 56,7; Jer 29,7). Wenn wir als Versammlung an einem Ort im Namen des Herrn zusammenkommen, wird etwas von der Wahrheit des Hauses Gottes in der heutigen Zeit sichtbar. Und ein wichtiger Charakterzug dieses Hauses ist, dass es ein „Bethaus“ ist. Wenn unsere Gebetsstunden verkümmern oder sie gar aufhören sollten, werden früher oder später auch die anderen Kennzeichen der ersten Christen verloren gehen.
Die Gebetsstunde ist ein „Gradmesser“ für den geistlichen Zustand der örtlichen Versammlung. Wir bringen unsere gemeinsamen Anliegen, unseren Dank, die Probleme und Fragen und auch unsere Freuden vor das Angesicht Gottes. Versäumten wir diese Gelegenheiten ohne Not, würden wir damit zeigen, dass wir nichts zu bitten haben (s. dazu Off 3,17). Empfinden wir nicht deutlich: „Herr, wir brauchen dich, auch als örtliche Versammlung“?

Kennzeichen der ersten Christen

„Sie verharrten aber in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten“ (Apg 2,42).
Die ersten Christen „verharrten“ in diesen vier Stücken. „Verharren“ ist ein intensives und anhaltendes – nicht ein gelegentliches oder temporäres – praktisches Verwirklichen. Dabei handelt es sich bei dem Brechen des Brotes und den Gebeten um gottesdienstliche Tätigkeiten auf der Grundlage „der Lehre der Apostel und der Gemeinschaft“. Dass das Gebet „neben“ dem Brotbrechen steht, zeigt, dass es sich offensichtlich um das gemeinsame Gebet als Versammlung handelt.
Es ist wichtig, dass wir auch heute diese Grundsätze des Anfangs mit ganzem Herzen verwirklichen. Es ist ein Vorrecht, gemeinsam und in innerer Übereinstimmung einmütig (s. Apg 1,14; 4,24) miteinander das Angesicht Gottes zu suchen.

Eine wunderbare Verheißung und ihre Begründung (Mt 18,19.20)

Gerade in Verbindung mit dem Zusammenkommen zum gemeinsamen Gebet hat der Herr die Verheißung seiner persönlichen Gegenwart gegeben. Der Zusammenhang in diesem Abschnitt zeigt, dass es sich um das Gebet als Versammlung und nicht einfach um das persönliche Gebet von zwei oder drei Gläubigen handelt. Denn die Verheißung in Vers 19 ist wie der Auftrag zum Binden und Lösen in Vers 18 mit der Begründung aus Vers 20 unmittelbar verknüpft.
Wenn wir uns der Gegenwart des Herrn bewusst sind und alles auf Ihn ausgerichtet ist, werden auch die Anliegen, die wir vor Ihn bringen, Bitten „in seinem Namen“ sein (s. Joh 14,12-14; 16,23). Das heißt, in Übereinstimmung mit seiner Person und „stellvertretend“ für Ihn, als wenn Er selbst diese Bitten vor den Vater bringen würde. So dürfen wir als Versammlung bitten, aber auch im persönlichen Gebet (s. 1. Joh 5,14.15).
Was für eine Ermunterung! Der Herr sichert die Erhörung zu für jede Sache, die sie nach einem Übereinkommen erbitten würden. Kein Anliegen ist ausgeschlossen, aber es muss in Übereinstimmung sein mit Ihm.
„Übereinkommen“ kann auch mit „Symphonie“ übersetzt werden. Das bedeutet, dass die Versammelten über das Gebetsanliegen in Harmonie miteinander sind. Es setzt voraus, dass die Gebetsgegenstände bekannt sind und dass Einvernehmen darüber besteht. Wenn man also weiß, dass es zu einem Punkt unterschiedliche Auffassungen gibt, gehört das nicht in die „Gebetsstunde“. Gemeinsame Anliegen, die uns als Versammlung (örtlich und darüber hinaus) betreffen, werden in der Regel im Vordergrund stehen.
Haben wir Anliegen und nutzen wir die Zeit vor Ihm? Wir können auf das gemeinsame Gebet als Versammlung nicht verzichten.

Das Gebet der Gläubigen in Apostelgeschichte 4,23-31

Was tun Petrus und Johannes, nachdem sie aus dem Gefängnis freigelassen und bedroht wurden, „sich durchaus nicht im Namen Jesu zu äußern noch zu lehren“ (Apg 4,18)? Sie suchen ihre Glaubensgeschwister auf und berichten ihnen alles. Die Situation treibt sie gemeinsam auf die Knie, um ihrem Gott alles vorzulegen.

Eine Voraussetzung zur Erhörung

Es ist zu Herzen gehend, wenn es in Apostelgeschichte 4,23 heißt, dass „sie zu den Ihren“ kamen. Zeigt das nicht die innere Verbundenheit und das Einssein der Gläubigen? Wenn sie einmütig ihre Stimme zu Gott erheben, war das kein Ergebnis von menschlichen Absprachen. Der Heilige Geist hatte dies in ihren Empfindungen und Gedanken gewirkt. Es ist auffallend, dass es nicht heißt „ihre Stimmen“ – es ist ein völliger Gleichklang da, eine wunderbare Harmonie in Übereinstimmung mit den Gedanken Gottes.

Kennzeichen dieses gemeinsamen Gebets
  1. Es ist ein kurzes und konkretes Gebet. Es ist gut, wenn wir uns im öffentlichen Gebet kurzfassen. Wenn alle Anwesenden mit Überzeugung „Amen“ sagen wollen, sollten sie noch wissen können, was der Inhalt des Gebets war.
  2. Es beginnt mit der Größe Gottes. Wir sind oft zuerst bei uns und unseren Anliegen. Natürlich bringen wir Ihm unsere Anliegen, aber sollten wir nicht auch zuerst die Ehre Gottes im Auge haben?
  3. Es stützt sich auf die Aussagen des Wortes Gottes. Das Gebet ist keine Gelegenheit, um Bibelstellen aneinander zu reihen oder gar Gott unsere Bibelkenntnis vorzulegen. Aber es stützt sich auf Gottes Verheißungen und basiert auf seinem offenbarten Willen.
  4. Die Situation wird Gott vorgelegt. Das zeugt von dem Bewusstsein, dass Er ja viel besser als wir weiß, was zu tun ist. Wir dürfen Ihm sagen, wie es ist und was wir empfinden, und Ihm alles vertrauensvoll überlassen.
  5. Es schließt mit der Bitte, mit Freimütigkeit das Wort zu reden. Das Anliegen ist das Werk des Herrn, die Verbreitung der Botschaft des Heils. Sie bitten hier nicht für sich, nicht um eine Veränderung ihrer Situation. Natürlich dürfen wir unserm Herrn auch Bitten in dieser Hinsicht vorlegen, aber fragen wir uns einmal, was die Schwerpunkte unserer Bitten sind.
Die Ergebnisse des Gebets

Gott bekennt sich auf wunderbare Weise zu diesem Gebet und macht seine Verheißung aus Matthäus 18,19 wahr.

  1. Die Stätte, wo sie versammelt waren, erbebte. – Gott gibt Zeugnis von seiner Größe.
  2. Sie wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt. – Sie werden ausgerüstet für den Dienst.
  3. Sie reden das Wort Gottes mit Freimütigkeit. – Sie zeigen Hingabe und Mut im Dienst.

Das Gebet der Versammlung für Petrus (s. Apg 12,5)

Nachdem Jakobus bereits getötet wurde, ist nun auch Petrus verhaftet und hat – wenn es nach dem Willen von Herodes geht – den sicheren Tod vor Augen. Doch von der Versammlung wurde „anhaltend für ihn zu Gott gebetet“. Vermutlich war es eine besondere Gebetsversammlung für dieses konkrete Anliegen, die in mehreren Häusern stattfand.[2] Es ist gut und notwendig, als Versammlung regelmäßig zum Gebet zusammenzukommen. Aber wir dürfen auch jederzeit „zusätzliche“ Gebetsstunden anberaumen. Manche von uns haben das sicher schon erlebt, dass eine besondere Not die Versammlung im Gebet vereint.
Auch wenn einzelne Brüder gebetet haben, auch wenn es möglicherweise in mehreren Häusern in Jerusalem geschah, waren es Gebete „der Versammlung“. Auch hier haben wir eine innere Übereinkunft der Gläubigen in Jerusalem über den Gebetsgegenstand. Einer drückt die Gedanken aus, die gemeinsam auf den Herzen liegen.
Es wurde anhaltend gebetet. Als Petrus nach seiner Befreiung zu dem Haus kommt, war die Versammlung immer noch auf den Knien. Wie viele Gebete sind wohl über den gleichen Gegenstand in dieser Gebetsstunde zum Thron der Gnade aufgestiegen? Wir brauchen also überhaupt keine Hemmungen vor „Wiederholungen“ zu haben. Wir ermüden unseren Herrn durchaus nicht, wenn mehrere Gebete das gleiche Anliegen vor Gott bringen.
Was sind die Auswirkungen der Gebete?

  • Petrus schläft im Gefängnis, der Herr schenkt ihm inneren Frieden. Die Situation hatte sich äußerlich noch nicht geändert und doch zeigt sich hier bereits die Kraft des gemeinsamen Gebets.
  • Petrus wird aus dem Gefängnis befreit. Gott greift sichtbar in Macht ein (das tut er nicht immer).
  • Freude ist bei den Versammelten. Sie sehen Petrus vor sich und hören, wie der Herr Befreiung geschenkt hat.

Dirk Mütze

Wenn wir als Versammlung zum Gebet zusammenkommen, ist der Herr in der Mitte
Wir haben eine besondere Verheißung, wenn wir übereinkommen zum Gebet.
Kein Gebetsgegenstand ist ausgeschlossen. Dabei stehen in der Regel Dank, Fragen, Gefahren, Probleme im Vordergrund, die am Ort von Bedeutung sind.
Wir wollen nicht bei irdischen Angelegenheiten stehen bleiben.


Fußnoten:

  1. A. Gibert, „Die Versammlung Gottes“, Seite 40-41, CSV Hückeswagen.

  2. Von der Versammlung wurde anhaltend gebetet, aber im Haus von Maria waren „viele“ (nicht „alle“) versammelt. Möglicherweise waren also in verschiedenen Häusern Glaubende zum Gebet zusammen, wie sie auch in verschiedenen Häusern das Brot gebrochen haben (s. Apg 2,46). Diese Überlegung wird dadurch unterstützt, dass Petrus dazu auffordert, Jakobus und den Brüdern zu berichten (s. Apg 12,17), die demnach nicht im Haus von Maria dabei waren.

Herr, lehre uns beten

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Für unser Glaubensleben gibt es kein besseres Vorbild und keinen besseren Lehrmeister als den Herrn Jesus. Seine Jünger hat damals unter anderem besonders sein intensives und beständiges Gebetsleben beeindruckt. Lukas erwähnt in seinem Evangelium besonders viele Begebenheiten, bei denen der Herr Jesus betete. Nach einem dieser Gebete bittet ein Jünger den Herrn: „Herr, lehre uns beten.“
Daraufhin gibt der Herr Jesus seinen Jüngern wertvolle Hinweise für das Gebet (s. Lk 11,1 ff.), die Matthäus im Rahmen der sogenannten „Bergpredigt“ noch etwas ausführlicher wiedergibt (s. Mt 6,5-15). Sicher können auch wir heute noch großen Nutzen für unser Gebetsleben daraus ziehen.
Dabei beachten wir aber, dass der eigentliche Wortlaut des „Vaterunser“ (so wird dieses Gebet in der Christenheit allgemein genannt) genau auf die Bedürfnisse der Jünger damals und ihre Beziehung zu Gott vor dem Werk am Kreuz zugeschnitten war. Die Jünger waren mit einem lebenden Messias auf der Erde verbunden. Sie erwarteten sein Reich, das Reich Gottes, und unterschieden sich von der Masse der unbußfertigen Menschen jener Tage. Und ganz sicher wird es ein „passendes“ Gebet für den Überrest in der kommenden Drangsalszeit sein, den die Jünger prophetisch vorbilden.

Mit welcher inneren Haltung beten wir?

In diesem Abschnitt (s. Mt 6, 1-18), der sogenannten „Bergpredigt“, spricht der Herr Jesus nicht nur vom Beten. Er behandelt dort noch zwei andere Themen, die mit praktischer Gerechtigkeit zu tun haben:

  • Wohltätigkeit gegenüber unseren Mitmenschen, oder das Geben von Almosen (s. V. 2-4),
  • das Fasten, oder die Enthaltsamkeit (s. V. 16-18).

Das Gebet aber nimmt den zentralen Platz ein (s. V. 5-15). Und über allem steht die Überschrift: „Seht zu, dass ihr eure Gerechtigkeit nicht vor den Menschen übt“ (V. 1). Dem Herrn Jesus geht es hier um unsere innere Haltung. Nicht die äußere Form ist entscheidend, sondern die richtige Herzenshaltung vor Gott. Wenn wir beten oder fasten, um Menschen zu beeindrucken, dann ist das Heuchelei, wie es bei einigen von den Pharisäern der Fall war. Aber diese Heuchelei einer unechten, öffentlich zur Schau gestellten Frömmigkeit verurteilt der Herr hier sehr deutlich.

Vers 6: Wo wir beten

Zunächst sagt der Herr, wo unsere Gebete stattfinden sollen: in unserer Kammer. Dabei spricht Er jeden persönlich an: „Du aber, wenn du betest, geh in deine Kammer.“ Es geht also hier um das persönliche Gebet in der Stille.[1] Und Er sagt noch etwas Wichtiges: „Schließe deine Tür.“ Damit macht der Herr deutlich, dass wir alles Störende, alles was uns von außen beeinflussen und ablenken könnte, jetzt ganz bewusst „ausschließen“ sollen. Das wird uns auch helfen, innerlich zur Ruhe zu kommen, uns zu sammeln und uns auf unsere Worte zu konzentrieren. Dabei soll es uns genügen, dass Gott uns sieht, denn an Ihn richten sich ja unsere Worte. Mehr noch: Wir wissen um eine persönliche Beziehung zu dem allmächtigen Gott. Es ist, sagt der Herr, „dein Vater“.[2] Und „dein Vater“ schaut dahin, wo die Menschen uns nicht sehen und „ER wird es dir vergelten“, das heißt, Er wird belohnen. Zum Beispiel dadurch, dass der Friede Gottes in unsere Herzen kommt (s. Phil 4,6.7).

Verse 7.8: Wie wir beten

Auch hier geht es dem Herrn nicht um eine äußere Haltung (wenn diese auch nicht völlig unwichtig ist, denn wir reden ja mit Gott). Es geht Ihm um unsere Worte, die sich nicht in gedankenlosem „Plappern“ ergehen sollen. So taten es „die von den Nationen“, die keine Beziehung zu dem lebendigen Gott hatten. Sie meinten, dass viele Worte, oder ein „gebetsmühlenartiges“ Wiederholen von immer den gleichen Redewendungen, eine „Gottheit“ geneigter machen würde. Nein, solchen Menschen wollen wir nicht gleichen. Da doch „unser Vater weiß, was wir nötig haben, ehe wir ihn bitten“ (V. 8), sollte uns das immer vor einem gedankenlosen, förmlichen „Runterbeten“ bestimmter Gebetsgegenstände bewahren. Unser Vater möchte, dass unsere Worte mit unseren tatsächlichen Bedürfnissen übereinstimmen. Kann Er doch von seinen Kindern durchaus erwarten, dass sie in echter, aufrichtiger Herzenshaltung und – soweit es möglich ist – konzentriert mit Ihm reden.
Das meint auf der anderen Seite aber nicht, dass wir nicht um eine Sache wiederholt bitten dürften. Es gibt manche Beispiele in der Bibel dafür, dass Gläubige anhaltend und wiederholt um eine Sache gebetet haben (z. B. Apg 12,5). Und auch der Heiland selbst hat in Gethsemane „zum dritten Mal dasselbe Wort“ gesprochen (Mt 26,44).

Verse 9-13: Was wir beten

Wenn der Herr sagt: „Betet ihr nun so“, dann will Er damit nicht sagen, dass wir mit genau denselben Worten beten sollen. Das könnte schnell zum „Plappern“ werden. Der Herr stellt uns hier vielmehr Grundsätze vor, die sich in unseren Gebeten und in unserem ganzen Glaubensleben wiederfinden sollen. „Betet auf diese Weise, nach diesen Prinzipien“, will der Herr damit sagen. Dann unterscheiden sich die Gebete deutlich von dem „Plappern“ der Heiden. Und vor allem: Wir nahen Gott mit der geziemenden Ehrerbietung und beachten seine Ehre und Rechte. Es fällt auf, dass von den – je nach Zählung – sechs oder sieben Bitten sich nur eine auf unsere irdischen Bedürfnisse bezieht („unser nötiges Brot gib uns heute“). Dafür nehmen die Anrechte Gottes den ersten Platz ein (die ersten drei Bitten) und zum Schluss geht es um die Beziehungen der Jünger untereinander und zu Gott.

Beten verbindet mit dem Himmel

Obwohl es ein persönliches Gebet ist, heißt die Anrede doch „unser Vater“. Das drückt die Beziehung Gottes zu Israel als seinem irdischen Volk aus. Das Vorrecht eines Christen, der ganz persönlich „mein Vater“ oder einfach „Vater“ sagen kann, hatten die Jünger vor dem Werk am Kreuz noch nicht. Beim Beten sind wir mit dem Himmel verbunden, denn es ist unser Vater, „der in den Himmeln ist“. Wie damals der Herr auf der Erde, dürfen auch wir heute im Glauben „unsere Augen aufheben zum Himmel“ (Joh 17,1).

Die einzelnen Bitten

Wie schon angedeutet, wird der gläubige Überrest aus Israel in der kommenden Drangsal kaum passendere Bitten im Blick auf seine Situation finden. Für uns liegt die Belehrung besonders in der Ordnung und den Grundsätzen, die in den Bitten deutlich werden. Sie werden hier nur kurz angedeutet:

  • Ehrerbietung und Gottesfurcht – „geheiligt werde dein Name“
  • Gottes Regierung und die Herrschaft Jesu – „dein Reich komme“
  • Gehorsam und Unterwürfigkeit – „dein Wille geschehe“
  • Gehorsam und Unterwürfigkeit – „dein Wille geschehe“
  • Abhängigkeit in allen Dingen – „unser nötiges Brot gib uns heute“
  • Buße und Wiederherstellung – „vergib uns unsere Schuld“
  • Bewahrung auf dem Glaubensweg – „führe uns nicht in Versuchung“

Verse 14.15: Beten im Geist der Vergebung

Zum Schluss ermahnt der Herr seine Jünger – und damit auch uns –, immer zur Vergebung bereit zu sein. Wir können nicht erwarten, dass unser „himmlischer Vater“ uns in seinen Regierungswegen vergibt, wenn wir eine harte, unversöhnliche Herzenshaltung gegenüber unseren Mitmenschen haben. Nein, eine Haltung, in der wir „nicht vergeben wollen“, wird Er bei seinen Kindern nicht dulden. Dann muss Er ernste Wege der Züchtigung mit uns gehen, bis wir diese verkehrte Haltung ablegen und bereit sind, von Herzen zu vergeben.[3]

Wolfgang Kleine

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Fußnoten:

  1. Nicht immer steht ein gesonderter Raum zur Verfügung. Das ist auch nicht erforderlich.

  2. Die Jünger selbst hatten diese persönliche Vater-Kind-Beziehung zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Sie kannten Gott als ihren „Ursprung“ – in diesem Sinn war Er ihr „Vater“. Wir dürfen seit der Auferstehung des Herrn Jesus und dadurch, dass der Heilige Geist in uns wohnt, um unsere persönliche Vater-Kind-Beziehung zu Gott wissen (s. Joh 20,17 und Röm 8,16).

  3. Diese Wege der Zucht nennen wir auch „Regierungswege Gottes“. Denn der Herr Jesus berührt hier keineswegs die Frage der „ewigen Vergebung“ unserer Sünden, die uns nach einem Bekenntnis aufgrund seines vollbrachten Sühnungswerkes zugesprochen wird. Vielmehr geht es hier um eine „Vergebung für die Erde“ im Zusammenhang mit der jetzigen Regierung Gottes hier auf der Erde.

Siehe, er betet!

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Beten, das ist der Umgang eines abhängigen Menschen mit Gott. Es beinhaltet das Reden mit Gott. Wie sich das natürliche Leben bei einem Neugeborenen darin zeigt, dass es schreit, so zeigt sich das neue Leben eines Wiedergeborenen durch Gebet. Als Paulus vor den Toren von Damaskus eine Begegnung mit dem verherrlichten Herrn hatte, bekehrte er sich. Und woran sollte Ananias ihn erkennen, als der Herr ihn zu ihm sandte? Er würde beten (s. Apg 9,11)! Das war und ist das natürliche Erkennungsmerkmal eines Menschen, der Leben aus Gott hat.

Mit Gott Umgang haben zu dürfen, mit Ihm reden zu können – das ist eine großartige Sache. Der natürliche Mensch ist fern von Gott, aber der Glaubende ist Gott ganz nahegebracht. Er darf jederzeit mit Gott sprechen und als Glaubende in der Gnadenzeit wissen wir sogar um unsere Beziehung zu Gott als Kinder zu ihrem Vater im Himmel. Wie gut tut es, einfach zu Ihm zu kommen und mit Ihm zu sprechen. Ihm alles zu sagen, was uns beschäftigt. Mit Ihm zu teilen, was wir erlebt haben.
Wer denkt, dass Beten (nur) dann in Frage kommt, wenn man ein Problem hat, hat nicht verstanden, in welcher Beziehung er zu Gott steht. Natürlich können wir mit jedem Problem zu unserem Gott kommen. Aber darauf beschränkt sich das Gebet nicht. Und es geht auch nicht nur darum, Gott zusätzlich für das zu danken, was Er uns schenkt. Es geht um die Pflege der Gemeinschaft, es geht um den Austausch, das „Miteinander mit Gott“ und um eine Haltung, in der wir den Kontakt und die Abhängigkeit zu Ihm leben (s. Ps 109,4b).

Beten – wie geht das?

Als der Herr Jesus zu den beiden Jüngern auf dem Weg nach Emmaus kam, fragte Er sie: „Was sind das für Reden, die ihr im Gehen miteinander wechselt?“ (Lk 24,17). Und als Er Maria im Garten der Gruft begegnete, erkundigte Er sich: „Frau, warum weinst du?“ (Joh 20,15). Das macht uns deutlich, worum es beim Reden mit Gott geht: Es geht darum, Gott einfach zu sagen, was uns beschäftigt und bewegt, nicht um eine äußere Form oder um formelhafte Worte.
Das können Bitten und Anliegen sein. Das kann Dank und Anbetung sein. Das kann ein Teilen von dem sein, was wir erlebt haben oder was wir von dem Herrn Jesus und von unserem Gott beim Bibellesen entdeckt haben. Das kann die Belange unseres persönlichen Lebens betreffen, aber auch das Werk des Herrn auf der Erde und Dinge seiner Versammlung.
Dabei kommt es beim Beten nicht auf die Worte an, die wir sprechen. Die einfachsten Worte reichen aus und wir können sicher sein, dass sie richtig bei Gott ankommen. Ein Schlüssel öffnet eine Tür nicht besser, wenn man ihn vergoldet! Natürlich sind wir uns dessen bewusst, mit wem wir reden, wenn wir beten. Das wird uns prägen und dazu führen, dass wir sowohl in der richtigen inneren und äußeren Haltung als auch mit den angemessenen Worten beten.
Aber vor allem müssen wir ehrlich und aufrichtig vor Gott sein, denn Er kennt sowieso unser Innerstes. Und wir dürfen Gott alles sagen, was uns bewegt und beschäftigt. Er möchte es gerne hören!

Beten – wann tun wir das?

Für das Beten gibt es keine „beste Zeit“ – es ist immer die geeignete Zeit zum Beten. Weil wir manchmal träge sind, hilft uns eine gute Gewohnheit. Da können wir von Daniel lernen, der dreimal am Tag betete (s. Dan 6,11). Das ist kein „muss“, aber es ist eine gute Sache. Sicher ist es auch nützlich, nicht ohne Gebet in den Tag zu starten. Und auch die Mahlzeiten sind gute Gelegenheiten, um zu Gott zu beten. Am Abend werden wir gerne den Tag mit Gott besprechen, bevor wir zu Bett gehen. Das ist allemal besser, als Zerstreuung durch irdische oder sogar sündige Freizeitbeschäftigungen (z. B. Filme, o. ä.) zu suchen.
In einer guten Ehe wird keiner aus dem Haus gehen, ohne dem anderen gesagt zu haben, wohin er gehen möchte. Und man wird am Abend nicht das Licht ausmachen, wenn noch etwas Ungeklärtes zu besprechen ist. Ein wichtiges Erlebnis werde ich gerne mit meinem Ehepartner teilen, bevor ich mich schlafen lege. Das, was eine gute Ehe ausmacht, gilt erst recht für die Beziehung zu Gott, die wir unter anderem im Gebet pflegen. Bin ich in diesem ständigen Austausch mit Ihm? Dann erübrigt sich die Frage, wann der richtige Zeitpunkt zum Gebet ist.

Beten – wo tun wir das?

In den weiteren Artikeln dieses Heftes werden wir manche Antworten auf diese Frage finden. Nehmen wir an dieser Stelle nur einmal das Beispiel des Herrn Jesus. Frühmorgens ging Er an einen öden Ort, um zu beten (s. Mk 1,35). Mehrmals finden wir Ihn auf dem Berg, um zu beten. Aber auch in der konkreten Situation am Grab von Lazarus betete Er (s. Joh 11,41). Und im Garten Gethsemane, am Kreuz auf Golgatha oder im Haus seiner Jünger, in das Er als der Auferstandene trat (s. Lk 24,30), hören wir seine Gebete. Das macht uns deutlich, dass es keine Einschränkung gibt im Blick auf den Ort, an dem wir beten können.
Es ist gut, wenn wir Zeiten reservieren und Orte aufsuchen, um bewusst Ruhe zum Gebet zu haben. So hat der Herr es uns vorgemacht, als Er am öden Ort oder auf dem Berg war. Aber wir haben jederzeit die Möglichkeit, zu beten, egal wo wir gerade sind. So hat es auch Nehemia getan, als er vor seinem Chef, dem König von Persien, stand (s. Neh 2,4).

Beten – zu wem beten wir?

Wir haben schon gesehen, dass Beten Reden mit Gott ist. Wir dürfen unserem Gott alle unsere Anliegen kundwerden lassen (s. Phil 4,6). Wie der Herr Jesus selbst dürfen auch wir zu dem Vater beten (s. Joh 17,1). Wir sind Kinder dieses Vaters und dürfen freimütig zu Ihm kommen und „Abba, Vater“ sagen (Röm 8,15). Die meisten Gebete des Apostels Paulus, die uns in der Bibel aufgeschrieben sind, richten sich an den Vater. Betest du auch zu deinem Vater im Himmel (s. Joh 16,26)?
Dann finden wir in der Bibel auch Gebete, die sich an den Herrn Jesus richten. Stephanus hat gebetet: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!“ (Apg 7,59). Paulus nennt als typisches Merkmal für die Glaubenden, dass sie den Namen des Herrn anrufen (s. 1.Kor 1,2) und wir wollen weiter und gerne zu unserem Herrn Jesus Christus beten.
Was wir in der Bibel vergeblich suchen, ist ein Gebet zum Heiligen Geist. Im Gegenteil – wir finden, dass wir im Heiligen Geist beten (s. Jud 20) und dass der Geist sich für uns verwendet (s. Röm 8,26). Der Heilige Geist führt und leitet uns im Gebet, aber wir beten nicht zu dieser Person der Gottheit.

Beten – ein großartiges Geschenk

Beten ist das Reden mit Gott. Wir müssen es nicht erlernen, weil es eine natürliche Äußerung des neuen Lebens ist. Aber wir können sehr wohl lernen, eifrige Beter zu sein, anhaltend zu beten, zu aller Zeit zu beten und im Gebet zu kämpfen. Dabei werden wir das Beten nicht als Last empfinden, sondern gerne und ohne Einschränkung im Blick auf Zeit und Ort zu unserem Gott gehen, um alles mit Ihm zu teilen, was uns beschäftigt. Dann werden wir erleben, wie das Gebet das „Atmen der Seele“ ist, die normale und notwendige Lebensäußerung der Geretteten. Wir werden glücklich sein in der Gemeinschaft mit Gott und erfahren, dass Gebete keine „Einbahnstraßen“ sind. Während wir zu Gott reden, wird Er uns seinen Frieden geben, Wegweisung, Erleichterung und neuen Mut in der Gemeinschaft mit sich selbst. Das Gebet ist ein großartiges Geschenk!

Christian Rosenthal

Persönliche Worte (Gebetsleben)

Liebe Leser!
„Die Tage unserer Jahre – es sind siebzig Jahre, und wenn in Kraft, achtzig Jahre“ (Ps 90,12). Doch wie nutzen die Menschen ihre Lebenszeit? Vor einigen Jahren wollte eine Zeitschrift das genauer wissen und gab dazu eine Umfrage in Auftrag. Das Ergebnis förderte mehr oder weniger Erstaunliches zu Tage. Es überrascht sicher niemanden, dass die Deutschen im Durchschnitt rund 24 Jahre ihres Lebens mit Schlafen verbringen. Dass die durchschnittlich mit Medien, wie Fernsehen und Internet, verbrachte Zeit größer ist, als der Anteil der Arbeit an der Lebenszeit, lässt dagegen schon aufhorchen. Erschreckend ist das Schlusslicht der Liste: Ganze zwei Wochen verbringt der „Durchschnitts-Deutsche“ in seinem Leben mit Gebet!
Beim Herrn Jesus sah das ganz anders aus. „Ich aber bin stets im Gebet“, heißt es von Ihm in Psalm 109,4 und damit wird seine beständige Haltung der Abhängigkeit beschrieben. Auch das Lukas-Evangelium liefert uns an vielen Stellen Beispiele für das Gebetsleben des Herrn als Mensch hier auf der Erde: Ob früh am Morgen, nach besonderen Diensten, vor wichtigen Entscheidungen, im Garten Gethsemane in der Nacht, in der Er überliefert wurde … – immer wieder zog sich der Herr in die Stille zurück, um im Gebet mit seinem himmlischen Vater zu sprechen.
Fragen wir uns einmal, wem unser Gebetsleben mehr gleicht, dem Gebetsleben des Durchschnitts-Deutschen oder dem des Herrn. Vermutlich wird keiner der Autoren und Leser dieses Sonderheftes auch nur ansatzweise an das Vorbild unseres Herrn heranreichen. Trotzdem dürfen wir danach streben, Ihm auch dann ähnlicher zu werden, wenn wir beten. Denn wenn wir als Christen nicht (mehr) beten, geht uns großer Segen verloren.
Die Artikel dieses Sonderheftes von „Bleibt in mir“ beschäftigen sich deshalb damit, was Gott uns in seinem Wort, der Bibel, über das Gebet mitteilt. Nicht um theoretisches Wissen zu vermitteln, sondern um Denkanstöße für den Austausch mit Gott im Gebet zu geben. Auch die Beispiele von Männern des Gebets in der Bibel und die Berichte von Gebetserfahrungen aus neuerer Zeit möchten dazu anspornen, täglich regelmäßig zu beten und Gott unsere Anliegen mit Danksagung vorzutragen (s. Phil 4,6.7).
Mehr mit „betenden Händen“ in Abhängigkeit vom Herrn nach seinen Gedanken und zu seiner Ehre zu handeln,
wünscht uns allen

Stefan Busch

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