
„Den Weg der Treue habe ich erwählt. Lass mich nicht abirren von deinen Geboten!“
Wenn ältere Christen von Gottes Fürsorge in ihrem Leben erzählen, wo Gott sie bewahrt und ihre Gebete erhört hat, stärkt das auch unseren Glauben. Ja, unser Gott ist der lebendige Gott, allwissend und allmächtig. Er belohnt die Treue im Kleinen – auch heute noch.
Eine Glaubensschwester berichtete dazu ein Erlebnis aus ihrer Kinderzeit: „Die Begebenheit, von der ich erzählen möchte, bleibt mir unvergessen. Sie geht auf die ersten so entbehrungsreichen Jahre kurz nach Ende des 2. Weltkrieges zurück.
Wir waren eine große Kinderschar, sieben an der Zahl. Mein Vater hatte eine Arbeitsstelle und fuhr zusätzlich noch für einige Zeit bei einer Spedition Dynamit. Wir bewohnten im Süd-Siegerland eine kleine, auf einem Basaltsockel aufgerichtete Holzbaracke, in der während des Krieges russische Gefangene untergebracht worden waren. Da das Haus aus Mangel an Wasserrohren noch keinen Wasseranschluss besaß, mussten wir mehrmals am Tag eimerweise Wasser zum Waschen und Kochen aus dem nahe gelegenen Grubenstollen herbeiholen. Das war eine sehr anstrengende und mühevolle Arbeit, besonders für unsere Mutter.
Monate vergingen. Immer wieder bedrängte sie unseren Vater, doch nun endlich die so nötigen Rohre zu besorgen. Aber so sehr auch unser Vater sich um die passenden Wasserrohre bemühte, es waren zu jener Zeit einfach keine aufzutreiben.
An einem Freitagabend sagte mein Vater zur Mutter: ‚Morgen muss ich für die Firma sowieso nach Düsseldorf fahren – dort werde ich endlich bei einer Röhrenfabrik die passenden Rohre bekommen.‘
Nachdem er am Samstag verschiedene Abladestellen angefahren hatte, kam er um die Mittagszeit bei der besagten Röhrenfabrik an – doch leider zu spät. Wie ärgerlich: Kein Mensch war mehr da, der ihm Rohre hätte verkaufen können. Auf Nachfrage bei dem Pförtner zuckte dieser nur mit den Schultern und meinte dann: ‚Es ist nun mal niemand mehr da – nimm dir doch die Rohre, die du brauchst, ich werde dich beim Herausfahren nicht kontrollieren.‘
Welch ein Kampf entbrannte in Vaters Herzen: Soll ich – soll ich nicht …?
Er dachte daran, wie viel Mühe doch seine liebe Frau mit dem Wasserschleppen hatte … Es war ihm so, als wenn zwei Stimmen in seiner Brust gewesen wären. Die eine sagte: ‚Wenn der Pförtner dir das anbietet, dann wärst du wirklich dumm, sie nicht aufzuladen.‘ Und die andere warnte vernehmlich: ‚Wenn du sie mitnimmst, dann ist das Diebstahl!‘
Die Gottesfurcht siegte: Nein, er wollte kein Wasser aus unehrlich erworbenen Rohren trinken.
Zu Hause angekommen, gab es enttäuschte Gesichter und auch Vorwürfe … Aber unser Vater blieb unbeirrt: ‚Wir wollen kein Wasser aus gestohlenen Rohren! Gott stellt uns auch einmal auf die Probe. Ich kann nicht heute Rohre stehlen und morgen zum ‚Tisch des Herrn‘ gehen. Wir werden schon noch Rohre bekommen.‘
An diesem Sonntag schauten Bekannte bei meinen Eltern vorbei. Sie unterhielten sich natürlich auch über die so dringend benötigten Wasserrohre. Der Bruder erkannte die Notlage und bemerkte, er wolle auf der Grube den Steiger nach passenden Rohren fragen. Die könne man dann rechtmäßig erwerben.
Und was geschah? Schon am nächsten Tag, während unser Vater an seiner Arbeitsstelle war, bekamen wir die Nachricht: Die älteren Jungen unserer Familie möchten um 15 Uhr zum Haltepunkt der ‚Bimmelbahn‘ kommen; es kämen Rohre von der Grube. Mit Freude wurden die Jungen losgeschickt, um die Rohre mit einer Karre zu holen.
Vaters Augen glänzten, als er am Abend nach Hause kam: Vor unserem Häuschen lagen genau die Rohre, die wir brauchten. Was für eine Freude!
Wie groß war der Dank gegenüber unserem gütigen Herrn für diese wunderbare Führung, aber auch für die Bewahrung unseres Vaters vor der Versuchung, zu stehlen. In unserem Haus wurde schon viel gesungen – doch an diesem Abend aus besonders dankerfüllten Herzen.“
Lasst uns Gottes Wort genau nehmen und „den Weg der Treue erwählen“. Das Gebet: „Lass mich nicht abirren von deinen Geboten“, ist dem Herrn wohlgefällig. Er ist der „Hörer des Gebets“ (Ps 65,3) und will sich „mächtig erweisen an denen, deren Herz ungeteilt auf ihn gerichtet ist“ (s. 2. Chr 16,9).
Verriegle alle falschen Türen,
versperre jeden krummen Weg.
Möcht’ nur Dein Wort
mich allzeit führen –
es sei mein Rat, mein Licht,
mein Steg,
der Fels, auf den ich sicher baue,
der Führer, dem allein ich traue.
Friedhelm Müller